Über- und Unterversorgung - Empfehlungen der DGG

Allgemeine Informationen zu allen relevanten Themen einschließlich interessante Nachrichten aus dem weiten Gebiet der Medizin und Heilkunde (z.B. Studien- und Forschungsergebnisse)

Moderator: WernerSchell

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Über- und Unterversorgung - Empfehlungen der DGG

Beitrag von WernerSchell » 27.01.2016, 07:37

"Gemeinsam Klug Entscheiden": Empfehlungen der DGG zur Über- und Unterversorgung in Deutschland

Empfehlungen(19.01.2016) Gemeinsam Klug Entscheiden – mehr Information, bessere Versorgung. Unter diesem Leitsatz startete im März 2015 die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) die Initiative „Gemeinsam Klug Entscheiden“. Das Ziel dieser Qualitätsoffensive: Wissenschaftlich begründete, fachübergreifende und mit Patientenvertretern abgestimmte Empfehlungen zu wichtigen Gesundheitsfragen stärker in die öffentliche Diskussion bringen. Die DGG beteiligt sich an dieser Initiative und hat jeweils fünf Empfehlungen zur Über- und Unterversorgung in Deutschland auf Basis eines Surveys entwickelt.

„Gemeinsam Klug Entscheiden“ orientiert sich dabei an der internationalen Kampagne „choosing wisley“. Unter diesem Motto beschäftigen sich seit 2011 zahlreiche Wissenschaftliche Fachgesellschaften und erarbeiten für die verschiedenen Fachgebiete Top-5-Listen mit „Don't do-Empfehlungen“. Dieses System greift die AWMF auf. So wurden von Seiten der DGIM die Schwerpunktgesellschaften der Inneren Medizin gebeten je fünf Empfehlungen für die Über- und Unterversorgung in der Deutschland zu benennen.

Der Methodenreport
Im Rahmen der weiteren Diskussionen der DGIM und ihrer Schwerpunktgesellschaften wurde am 07.05.2015 von der Task Force Klug Entscheiden beschlossen, dass die Schwerpunktgesellschaften bis zum 30.09.2015 je fünf Empfehlungen zur Über- und Unterversorgung benennen.

Aufgrund der bestehenden internationalen Kritik an den amerikanischen Empfehlungen hinsichtlich methodischer Kriterien (Evidenzbasierung, Transparenz, Nachvollziehbarkeit, Offenlegung evtl. Interessenskonflikte) wurde im September 2015 unter den Mitgliedern der DGG und den Mitgliedern der Sektion II (Geriatrie) der DGGG ein Survey durchgeführt. Von insgesamt ca. 2000 Mitgliedern lagen 1600 E-Mail-Adressen der Geschäftsstelle vor. An diese erging eine Informations-Mail des Verantwortlichen, Herrn Dr. med. Manfred Gogol (Coppenbrügge) und des Präsidenten, Herrn Prof. Dr. med. R. Püllen (Frankfurt), mit der Erläuterung des Surveys der Hintergründe und seiner Zielsetzung sowie einem Link zur Survey-Plattform LamaPoll. Im Verlauf von 17 Tagen wurden drei Erinnerungs-Mails versandt. Ca. 10% der E-Mails waren nicht zustellbar aufgrund von nicht korrekten Adressen bzw. Abwesenheitsnotizen.

Methodik des Surveys
Zur Beurteilung der Aussagen zur Überversorgung wurden 19 Aussagen der AGS und der AMDA sowie drei deutsche Aussagen von 02/2015 vorgestellt sowie 11 Aussagen zur Unterversorgung, die alle 02/2015 benannt wurden.

Das Bewertungsschema war vierfach abgestuft entsprechend dem deutschen DELBI-Instrument (trifft überhaupt nicht zu – trifft nur bedingt zu – trifft sehr zu – trifft uneingeschränkt zu) sowie der Möglichkeit keine Bewertung abzugeben und die Frage nach dem Vorliegen potentieller Interessenskonflikte.
Vorangestellt wurden dem Survey:
1. eine Erläuterung über Hintergrund und Zielsetzung,
2. eine Definition von Über- und Unterversorgung gemäß AWMF sowie
3. die Definition und Erläuterungen zur Angabe von potentiellen Interessenskonflikten gemäß dem Journal of the American Geriatrics Society.
Die amerikanischen Empfehlungen wurden originalsprachlich ohne weitere Erläuterung präsentiert. Abschließend wurden verschiedene Fragen zur Demographie gestellt.

Basisdaten Survey-Teilnehmer
• Teilnehmer: Insgesamt 319 Teilnehmer beantworteten Frage 1 und 2, 276 die abschließenden demographischen Fragen entsprechend einer Vollständigkeit von 86,5%.
• Geschlecht und Alter: Von den Teilnehmern waren 67,5% Männer, 32,1% Frauen, 1,4% machten keine Angaben. Das mediane Teilnehmeralter betrug 52 Jahre.
• Berufserfahrung: Die mediane Tätigkeit in der Medizin betrug 25 Jahre, in der Geriatrie 12 Jahre. Leitende Tätigkeiten (Chefarzt, Oberarzt) im Krankenhaus übten 78,7% aus, 12,9% waren niedergelassen. Bei den Fachrichtungen führte das Gebiet Innere Medizin mit 66,3%, gefolgt von Allgemeinmedizin 12,5%, Neurologie 8,1% sowie 13% andere und keine Angabe. 90% der Teilnehmenden sind im Schwerpunkt Geriatrie zertifiziert.

Bewertung der Survey-Ergebnisse
Für die Bewertung wurden die Zustimmungen (trifft sehr zu und trifft uneingeschränkt zu) dichotomisiert gegen die Ablehnungen (trifft nur bedingt zu und trifft überhaupt nicht zu).
Es wurde gemäß der Deutschen Leitlinienkonvention für die Zustimmungsrate ein Cut off von 75% oder höher angesetzt. Von den 22 Empfehlungen zur Überversorgung erreichten neun eine Zustimmungsrate von ≥75%. Von den 11 Empfehlungen zur Unterversorgung erreichten 5 eine Zustimmungsrate von ≥75%.

Weiteres Vorgehen
Alle 33 Empfehlungen wurden dann erneut – absteigend gerankt nach dem Survey-Ergebnis – einer Expertenkommission vorgelegt (teilgenommen n=14, angefragt n= 17) mit der Aufgabe, diese
1. erneut zu bewerten,
2. die vorliegende Evidenz zu beurteilen,
3. die Eignung für eine Klug-Entscheiden-Empfehlung zu beurteilen und
4. eine Priorisierung auf einer vierstufigen Skala von 1-4 vorzunehmen, wenn Punkt 3 bejaht wurde.

Übereinstimmung
Die Ergebnisse des Mitgliedersurveys und die erneute Bewertung durch das Expertengremium zeigen eine hohe Übereinstimmung. Unter Berücksichtigung der in Punkt „Weiteres Vorgehen“ genannten Bewertungen kommt das Expertengremium zur Identifizierung von 5 Aussagen zur Überversorgung, die sämtlich in der Spitzengruppe des Surveys mit einer Zustimmungsrate von ≥75% angesiedelt waren. Die 5 Aussagen zur Unterversorgung des Expertengremiums sind mit denen des Surveys identisch. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass Erfahrungs- und Expertenwissen eine hohe Übereinstimmung aufweisen, wofür die demographischen Angaben in diesem Survey sprechen.

Das Ergebnis:
Die DGG Empfehlungen zur Über- und Unterversorgung in Deutschland

Überversorgung

1. Die Neuverordnung eines Medikamentes soll nicht ohne Überprüfung der bestehenden Medikation erfolgen.
Ältere Menschen nehmen im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen überproportional viele verordnete und nicht verordnete Medikamente ein, was das Risiko für Nebenwirkungen und eine inadäquate Verordnung erhöht. Polypharmazie führt zu reduzierter Adhärenz, unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) und zu einem erhöhten Risiko für kognitive Einschränkungen, Stürze und funktionelle Einschränkungen. Durch eine Überprüfung der Medikation lassen sich Medikamente mit einem hohen Risikoprofil, Medikamenteninteraktionen und solchen, die ohne Indikation fortgeführt werden, identifizieren. Darüber hinaus ist die Medikationsüberprüfung in der Lage, nicht indizierte wie auch indizierte, aber nicht verordnete, Medikamente zu identifizieren und so die Medikamentenverordnung zu optimieren. Die jährliche Überprüfung ist ein Qualitätsindikator für die Medikamentenverordnung für ältere Patienten.

2. Bei Patienten mit fortgeschrittener Demenz soll keine Ernährung durch eine Perkutane Endoskopische Gastrostomie (PEG) erfolgen.
Eine perorale Ernährungsunterstützung („careful hand-feeding“) für Patienten mit schwerer Demenz ist hinsichtlich der Ergebnisse Sterblichkeit, Aspirationspneumonie, funktioneller Status und Wohlbefinden mindestens so effektiv wie eine Sondenernährung durch PEG. Normale Nahrung wird von Patienten bevorzugt. Sondenernährung ist assoziiert mit Agitationszuständen, vermehrtem Einsatz von mechanischen und medikamentösen Fixierungsmaßnahmen und der Verschlechterung von Dekubitalulzera und die Anlage von Ernährungssonden ist assoziiert mit den Risiken der Blutung und Infektion. Eine perorale Ernährungsunterstützung soll erfolgen.

3. Neuroleptika für Verhaltens- und Psychologische Symptome (BPSD) bei demenziell Erkrankten sollen nicht ohne ein Assessment für die Ursachen solcher Symptome verordnet werden.
Demenziell Erkrankte zeigen häufig Symptome von Aggression, fehlende Kooperation bei pflegerischen Maßnahmen und andere herausfordernde oder störende Verhaltensweisen. In solchen Situationen werden häufig Neuroleptika verordnet, obwohl die Evidenz für den Nutzen beschränkt bzw. widersprüchlich ist, während die Risiken einschl. Übersedierung, kognitiver Verschlechterung, erhöhtes Risiko für Stürze, Schlaganfall und Sterblichkeit eindeutig belegt sind. Die Anwendung solcher Medikamente bei demenziell Erkrankten sollte beschränkt werden auf Situationen, in denen nicht-pharmakologische Maßnahmen versagen und ein erhebliches Risiko für Eigen- und Fremdgefährdung besteht. Durch Erkennen und Beeinflussung von Umständen, die mit Verhaltensauffälligkeiten einhergehen, können medikamentöse Intervention oft überflüssig gemacht werden.

4. Ein Screening für kolorektalen Krebs, Brust-, Prostata- oder Lungenkrebs soll nicht erfolgen ohne Berücksichtigung der Lebenserwartung, den Risiken einer Testung, einer vermehrten Diagnostik und Therapie.
Screening für maligne Erkrankungen ist assoziiert mit kurzfristigen Risiken einschließlich Komplikationen durch diagnostische Maßnahmen, Überdiagnose und Behandlung von Tumoren, die niemals zu Symptomen führen. Für das Prostatacarcinom müssen 1.055 ältere Männer gescreent und 37 behandelt werden, um einen Todesfall in 10 Jahren zu verhindern. Für das Mamma- und kolorektale Carcinom müssen 1.000 ältere Menschen gescreent werden um einen Todesfall in 10 Jahren zu verhindern. Die Ergebnisse des Screening für Lungenkrebs mittels Computertomographie beruhen überwiegend auf Untersuchungen bei jüngeren und gesünderen Personen unter 65 Jahre. Das Screening für Lungencarcinom verhindert vier Todesfälle in sechs Jahren pro 1.000 untersuchten Personen, ergibt aber in 273 Fällen abnorme Befunde, die in 36 Fällen zur invasiven Abklärung mit Komplikationen in acht Fällen führt.

5. Benzodiazepine oder andere Sedativa bzw. Hypnotika bei älteren Patienten sollen nicht als Mittel der ersten Wahl im Falle von Schlafstörungen, Agitation oder Delir eingesetzt werden.
Große Studien zeigen konsistent, dass das Risiko für Verkehrsunfälle, Stürze, Hüftfrakturen mit erhöhter Hospitalisierungs- und Sterblichkeitsrate mehr als doppelt so hoch ist bei älteren Erwachsenen, die Benzodiazepine oder andere Sedativa und Hypnotika einnehmen. Ältere Patienten, ihre Betreuer und Ärzte müssen diese potentiellen Risiken berücksichtigen, wenn eine medikamentöse Verordnung für Schlafstörungen, Erregungszustände und Verwirrtheit erwogen wird. Die Anwendung von Benzodiazepinen sollte beschränkt werden auf die Behandlung von Alkoholentzugssymptomen oder schweren, generalisierten Angststörungen, die auf andere Behandlungsstrategien nicht ansprechen.

Unterversorgung

1. Entscheidungen über diagnostische und therapeutische Maßnahmen im höheren Lebensalter sollen an ein Funktions-Assessment und nicht an das numerische Alter gekoppelt werden.
Ältere Patienten stellen eine heterogene Gruppe dar, sodass Entscheidungen über diagnostische und therapeutische Maßnahmen nicht an das kalendarische Alter gebunden werden sollten, weil daraus sowohl eine Über- wie auch Unterversorgung resultieren kann. Der Einsatz eines geriatrischen Assessments ist sowohl geeignet, Patientengruppen mit hohem Risikopontential für negative Outcomes zu identifizieren, als auch durch Einleitung spezifischer Maßnahmen Mortalität, Komplikationsraten, funktionelle Fähigkeiten, Krankenhausverweildauer und Institutionalisierungsraten günstig zu beeinflussen.

2. Stürze und Sturzrisiko im höheren Lebensalter sollen diagnostisch und interventionell Beachtung finden.
Stürze beim älteren Menschen sind ein häufiger Grund für ambulante und stationäre medizinische Maßnahmen. Eingetretene Stürze und Frakturen sind assoziiert mit einer erhöhten Komplikationsrate im Krankenhaus einschließlich Mortalität, der Häufigkeit von Delirien, einer Abnahme funktioneller Fähigkeiten und einer erhöhten Institutionalisierungsrate. Die rechtzeitige Identifikation von Risikofaktoren für Stürze sowie Intervention ist geeignet die Häufigkeit von Stürzen und daraus resultierenden Verletzungen zu reduzieren.

3. Mangelernährung beim geriatrischen Patienten soll diagnostisch und interventionell Beachtung finden.
Unter- und Fehlernährung mit den Folgen von Frailty (Gebrechlichkeit) und Sarkopenie (Muskelmassenverlust und sekundärer Kraftabnahme) sind die häufigsten Ernährungsstörungen im höheren Lebensalter. Mangelernährung ist mit einem generell ungünstigeren Krankheitsverlauf und erhöhter Mortalität assoziiert. Mangelernährung wird häufig nicht erkannt und entsprechend erfolgt eine Intervention nicht oder häufig nicht zeitgerecht.

4. Depressionen im höheren Lebensalter sollen bei mittelschwerer Ausprägung primär psychotherapeutisch und bei schwerer Ausprägung kombiniert psychotherapeutisch und medikamentös behandelt werden.
Depressive Erkrankungen im höheren Lebensalter sind häufig. Psychotherapeutische und medikamentöse Therapiemaßnahmen sind die empfohlenen Interventionen, insbesondere bei schweren Depressionen in einem kombinierten Ansatz. Dessen ungeachtet finden psychotherapeutische Interventionen im Vergleich zur medikamentösen Therapie beim älteren Menschen seltener statt, obwohl die Risiken einer medikamentöser Behandlung höher sind im Vergleich zu jüngeren Patienten und psychotherapeutische Maßnahmen bei mittelschweren Verläufen hinsichtlich ihrer Effektivität äquivalent sind.

5. Osteoporose als Erkrankung des höheren Lebensalters soll diagnostiziert und behandelt werden.
Die altersassoziierte Osteoporose betrifft häufiger Frauen als Männer und geht mit Knochenbrüchen einher. Die Folge sind in vielen Fällen eingeschränkte Mobilität, höhere Mortalität und Institutionalisierungsrate, Einschränkungen der Selbsthilfefähigkeit und der gesellschaftlichen Partizipation einher. Zur Behandlung der Erkrankung bestehen vielfältige Interventionsmöglichkeiten, die selbst nach manifesten Knochenbrüchen zu selten erfolgen. Des Weiteren zeigen Untersuchungen nach Therapieeinleitung deutliche Defizite in der Adhärenz.

Weitere Informationen zur Initiative "Gemeinsam Klug Entscheiden" der AMWF finden Sie hier:
http://www.awmf.org/medizin-versorgung/ ... eiden.html

Quelle: Pressemitteilung vom 19.01.2016
Deutsche Gesellschaft für Geriatrie e. V.
Geschäftsstelle
Seumestr. 8
10245 Berlin
Tel. +49 (0)30/52137275
Fax +49 (0)30/52137272
E-Mail: geschaeftsstelle@dggeriatrie.de

http://www.dggeriatrie.de/home-54/aktue ... hland.html
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Neue medizinische Leitlinie Demenzen ...

Beitrag von WernerSchell » 27.01.2016, 15:39

Neue medizinische Leitlinie Demenzen: Bessere Diagnostik und Therapie sind möglich

Bild
DGN - © iStockphoto/AWelshLad

Berlin, 27. Januar 2016 – Nur die Hälfte der Demenzkranken werden in der Versorgung als solche erkannt, noch weniger erhalten eine Behandlung nach den medizinischen Standards. Nach mehr als fünf Jahren Arbeit stellen Neurologen und Psychiater in Berlin heute auf einer Pressekonferenz gemeinsam die vollständig neu überarbeitete „Leitlinie Demenzen“ vor. 23 Fachgesellschaften, Berufsverbände und Organisationen von Medizinern, Therapeuten, Pflegepersonal und Patienten haben sich auf Regeln für die Diagnostik und die Behandlung geeinigt.

Pressemitteilung zum Download > http://www.dgn.org/images/red_pressemit ... Demenz.pdf

In Deutschland leben bis zu 1,5 Millionen Menschen mit einer Demenz, etwa zwei Drittel davon mit der Alzheimer-Demenz. Demenzerkrankungen stellen Medizin und Gesellschaft vor große Herausforderungen und belasten das Gesundheitssystem erheblich. Anlässlich der neuen Leitlinie fordern Experten der beiden federführenden Gesellschaften – der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) sowie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) –, die wissenschaftlich belegten Therapieoptionen stärker zu nutzen und gleichzeitig weniger sinnvolle Maßnahmen zu unterbinden.

Laut der letzten Erhebung des Statistischen Bundesamts im Jahre 2008 kostete die Behandlung von Demenzpatienten mehr als 9 Milliarden Euro im Jahr, das sind rund 4 Prozent der gesamten Krankheitskosten in Deutschland. Ein schwer betroffener Patient schlägt mit bis zu 40.000 EUR pro Jahr zu Buche. Dabei wird nur etwa die Hälfte der neu an Demenz Erkrankten von ihrem Arzt als solche erkannt, wie die AgeCoDe-Studie (1) gezeigt hat. Weniger als die Hälfte der Demenzkranken erfahren eine leitliniengerechte Behandlung, wie Versorgungsstudien zeigen.

Psychosoziale Intervention: Gut geschulte Bezugspersonen fördern den Behandlungserfolg

Neben der pharmakologischen Therapie spielen die psychosozialen Interventionen eine wesentliche Rolle: „Psychosoziale Interventionen wirken so gut wie Medikamente und sind gleichrangige zentrale Bausteine im Gesamtbehandlungsplan von Demenzerkrankungen“, betont Prof. Wolfgang Maier von der DGPPN, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Bonn und einer der beiden Sprecher der Leitlinie. „Die Wirksamkeit alltagsnaher kognitiver Stimulation, individuell angepasster Ergotherapie oder gezielter körperlicher Aktivitäten ist klar nachgewiesen. Die Anwendung solcher Verfahren sollte möglichst zu Hause erfolgen. Damit werden nicht nur Lebensqualität, Fähigkeiten und positive Gefühle der demenziell Erkrankten gefördert, sondern vor allem auch die Pflegenden entlastet.“ Intensive Angehörigentrainings sollten zudem eingesetzt werden, um einerseits bei den pflegenden Familienmitgliedern Belastungsfolgen (v. a. Depressionen, Burnout) zu vermeiden und weitere Erleichterungen herbeizuführen. Andererseits können auf diesem Wege Heimeinweisungen länger vermieden werden. „Wir fordern daher systematische Beratungs- und Trainingsangebote für Angehörige, damit sie entlastet werden und sie nicht selber infolge der Pflege erkranken“, so Maier. Psychosoziale Maßnahmen sind eine sinnvolle Investition, die von den Kostenträgern übernommen werden müssten, weil damit belastende Krankheitsfolgen vermieden würden, so Maier.

Prävention: Kann man der Alzheimer-Demenz vorbeugen?

„Die Hinweise verdichten sich, dass eine Alzheimer-Demenz nicht allein Schicksal ist“, sagt Prof. Frank Jessen aus Köln, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Köln und Leitlinienkoordinator der DGPPN. „Es gibt wahrscheinlich Möglichkeiten, das Risiko einer Erkrankung zu mindern. Als Faustregel gilt: Was dem Herz gut tut, hilft auch dem Gehirn.“ Darum gilt es, Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht im Auge zu behalten, um diesen Risikofaktoren frühzeitig medizinisch entgegenzuwirken. Ein gesunder und aktiver Lebensstil, körperliche Bewegung und ein aktives soziales Leben sind weitere Faktoren, die dabei helfen, die Erkrankung zu bremsen. Auch wird in den Leitlinien von der Einnahme von Hormonersatzpräparaten zur Prävention von Demenz abgeraten.

Medikamente: Nur wenige wirken – differenzierter Einsatz erforderlich

Viele Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel, die Patienten heute erhalten, sind wirkungslos. „Wir haben zwar nur ein kleines Arsenal an nachweislich wirksamen Substanzen, diese können wir aber gezielt und individuell einsetzen – und die neue Leitlinie zeigt eine immer bessere wissenschaftliche Studienlage“, sagt Prof. Richard Dodel, Kommissarischer Leiter der Neurologischen Universitätsklinik in Marburg und Experte der Leitlinie. Die Medikamentengruppe der Acetylcholinesterase-Hemmer fördert die Fähigkeit der Patienten, ihre Alltagsaktivitäten zu verrichten, stabilisiert die kognitive Funktion und den Gesamteindruck bei einer leichten bis mittelschweren Alzheimer-Demenz. Memantin verbessert die Alltagsfunktion und den klinischen Gesamt¬ein¬druck bei Patienten mit moderater bis schwerer Alzheimer-Demenz. Neu ist, dass der Extrakt aus der Pflanze Ginkgo biloba bei Personen mit leichter bis mittelgradiger Alzheimer-Demenz oder vaskulärer Demenz, die zusätzlich unter Verhaltensänderungen wie Depression oder Antriebsstörungen leiden, Hinweise auf eine positive Wirkung zeigt.

Früherkennung: Eine Vorhersage ist möglich – Ansatz für neue Formen der Prävention

„Wenn die fachlich richtigen Methoden gewählt werden, können wir heute eine Alzheimer-Erkrankung mit einer Vorhersagestärke von 85 bis 90 Prozent prognostizieren“, sagt Prof. Jörg Schulz, Direktor des Neurologischen Universitätsklinikums in Aachen. Jeder Patient mit sicher diagnostizierten klinischen Vorzeichen, einer so genannten MCI (Mild Cognitive Impairment), sollte über die Möglichkeiten einer Frühdiagnostik aufgeklärt werden. Auch wenn es noch nicht eindeutig wissenschaftlich nachgewiesen ist, gehen wir davon aus, dass frühe präventive Maßnahmen die Chance erhöhen, den Fortschritt der Erkrankung zu bremsen. „Jeder sollte ein Recht haben, diese Option zu nutzen“, so Schulz. Umgekehrt wird von einem Screening (kognitive Tests, Kurztests, apparative Verfahren) bei Personen ohne Beschwerden und Symptome – einzig mit dem Ziel, eine mögliche Demenzerkrankung auszuschließen – deutlich abgeraten. Anbieter solcher Privatleistungen für Selbstzahler werden von der Leitliniengruppe als nicht seriös angesehen.
Das Recht des Patienten auf Nichtwissen bleibt in jedem Fall bestehen: Die Frühdiagnostik kann nur nach vorheriger Aufklärung durch einen ausgewiesenen Experten, mit Einwilligung des Patienten und mit der entsprechenden Betreuung nach Diagnosestellung erfolgen.

Leitlinien und Demenzen

In medizinischen Leitlinien wird das aktuelle Wissen zu Diagnostik und Therapie von Erkrankungen zu Empfehlungen zusammengefasst. Die vorliegende so genannte S3-Leitlinie stellt die qualitativ höchste Stufe dar: Experten analysieren die weltweit erscheinende Literatur und stimmen anschließend über die Empfehlungen ab.

Demenzen sind Krankheitsbilder, die von einem zunehmenden Verlust kognitiver Fähigkeiten gekennzeichnet sind. Mit Fortschreiten der Krankheit kommt es zu einem Verlust der Alltagskompetenz sowie zum Persönlichkeitszerfall. Am häufigsten ist die Alzheimer-Demenz, weitere in der Leitlinie berücksichtigte Demenzformen sind die vaskuläre Demenz, die Lewy-Körperchen-Demenz sowie die frontotemporale Demenz.

Quelle
(1) AgeCoDe-Studie unter http://www.knd-demenzen.de


Weitere Informationen

Vollständig neu überarbeitete Leitlinie "Diagnose und Therapie von Demenzen"
http://www.dgn.org/leitlinien-der-dgn-2 ... enzen-2016
Hintergrundtext "Die Leitlinie Demenzen 2016: Punkt für Punkt"
http://www.dgn.org/leitlinien-der-dgn-2 ... fuer-punkt
Pressemappe mit Experten-Statements und Konferenz-Slides (PDF zum Download)
http://www.dgn.org/images/red_pressemit ... Demenz.pdf
Bildmaterial von Pressekonferenz und Experten
http://www.dgn.org/mediathek/download-g ... n-27012016

Quelle. Pressemitteilung vom 27.01.2016
Kontakt und weitere Informationen > http://www.dgn.org/presse/pressemitteil ... d-moeglich
Pressestelle der DGPPN
Tel.: 030 2404 772‐11
E‐Mail: pressestelle@dgppn.de

Pressestelle der DGN
Tel.: 089 4614 86‐22
E‐Mail: presse@dgn.org
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Neue medizinische Leitlinie Demenzen - Diagnostik & Therapie

Beitrag von WernerSchell » 28.01.2016, 08:43

Am 28.01.2016 bei Facebook gepostet:
Neue medizinische Leitlinie Demenzen: Bessere Diagnostik und Therapie sind möglich. Es wird u.a. ausgeführt, dass nur wenige Medikamente wirken & ein differenzierter Einsatz erforderlich ist: > viewtopic.php?f=6&t=21487 - Der Neusser Pflegetreff am 27.04.2016 wird die Arzneimittelversorgung der älteren Menschen aufgreifen und die medikamentösen Möglichkeiten lösungsoerientiert ansprechen: > viewtopic.php?f=7&t=21371
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Alzheimer - Ein Drittel der Krankheitsfälle vermeidbar

Beitrag von WernerSchell » 02.02.2016, 08:46

Volkskrankheit Alzheimer vermeidbar?

Am 02.02.2016 bei Facebook gepostet:
Volkskrankheit Alzheimer: Wie viele Demenzfälle wären in Deutschland vermeidbar? - Leipziger Demenzforscher haben berechnet, dass deutschlandweit rund ein Drittel der Alzheimer-Erkrankungen auf Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Übergewicht oder Diabetes zurückgehen. Sie plädieren dafür, sich in der Prävention von Alzheimer verstärkt auf diese Risiken zu konzentrieren. … Damit werden eindrucksvoll bereits bekannte Feststellungen bestätigt. > viewtopic.php?f=6&t=21494 Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk tritt daher dafür ein, eine gesunde Lebensführung deutlicher zu propagieren!
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Demenzen: Ginkgo-Extrakt in S3-Leitlinie aufgenommen

Beitrag von WernerSchell » 08.02.2016, 07:31

Ärzte Zeitung vom 08.02.2016:
Demenzen: Ginkgo-Extrakt in S3-Leitlinie aufgenommen
Die Leitlinie "Demenzen" wurde überarbeitet. In die Therapieempfehlungen wurde der Ginkgo biloba Spezialextrakt EGb 761® aufgenommen.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=904 ... enz&n=4777
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Doch keine Demenz durch Benzodiazepine

Beitrag von WernerSchell » 12.02.2016, 07:25

Ärzte Zeitung vom 12.02.2016:
Entwarnung: Doch keine Demenz durch Benzodiazepine
Eine Kohortenstudie findet keine Hinweise, nach denen Benzodiazepine das Demenzrisiko erhöhen. Sie bestärkt eher einen anderen Verdacht.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=904 ... enz&n=4789

Kommentar zu Demenz: Unbegründete Furcht
Hypnotika und Beruhigungsmittel haben keinen guten Ruf: Sie sollen ältere Menschen früher ins Grab bringen, Krebs verursachen und eine Demenz beschleunigen.
Es gibt viele Studien, die solche Zusammenhänge nahelegen und jedes Mal zu einem Aufschrei in der Laienpresse führen.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=904 ... enz&n=4789
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Bewegungsförderung - Mobil im Pflegeheim

Beitrag von WernerSchell » 04.03.2016, 07:17

Am 04.03.2016 bei Facebook gepostet:
In Kliniken und Pflegeheimen wird zu wenig bewegt. Dabei ist das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Bewegungsförderung zwar oft vorhanden, aber es mangelt schlicht an Zeit. … "Es hat deutlich schwerwiegendere Folgen, wenn ich eine immobile Person einen Tag nicht bewege, als einen Tag nicht wasche" (Prof. Dr. Angelika Zegelin in "Die Schwester / Der Pfleger", 03/16, S. 20).
Siehe auch:
• Bewegungsförderung - Mobil im Pflegeheim: > https://www.station24.de/pflege-alter-m ... ail/365597
• Viele Heimbewohner büßen in den ersten Monaten an Mobilität ein: > viewtopic.php?f=3&t=20396&p=89758#p80230
• Praxisheft Mobilität: > viewtopic.php?f=3&t=21415&p=90780#p90780
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Re: Über- und Unterversorgung - Empfehlungen der DGG

Beitrag von WernerSchell » 08.03.2016, 07:33

Ärzte Zeitung vom 08.03.2016:
Projekt:
Damit Ärzte ihren Patienten nicht zu viel verschreiben

Besonders qualifizierte Apotheker prüfen Rezepte auf Fehl- und Doppelverordnungen.
Mit diesem Ansatz wollen Apothekerkammer Westfalen-Lippe
und die AOK Nordwest die Sicherheit bei der Arzneimitteltherapie verbessern.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=906 ... pte&n=4843
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Demenzpatienten im Heim besonders frakturgefährdet

Beitrag von WernerSchell » 15.04.2016, 06:59

Deutsches Ärzteblatt vom 14.04.2016:
Demenzpatienten im Heim besonders frakturgefährdet
Frankfurt – Demenzpatienten, die in einem Pflegeheim leben, haben ein höheres Risiko für eine Hüftfraktur als Demenzkranke im häuslichen Umfeld. Das berichtet eine Arbeitsgruppe des Statistikdienstleisters IMS Health nach der Auswertung von Diagnoseinformationen aus hausärztlichen Praxen.
...
Bei der Untersuchung verschiedener Einflussfaktoren erwies sich eine Demenz als größter Risikofaktor für Hüftknochenbrüche. Antidementive Arzneien hatten keinen signifikanten Einfluss auf das Risiko einer Hüftknochenfraktur, ebenfalls nicht Antidepressiva. Antipsychotika erhöhten das Sturzrisiko kurzfristig und minderten es über eine längere Einnahmezeit. „Die Ergebnisse bestätigen für den deutschen Versorgungs­alltag Erkenntnisse aus internationalen Studien zum Zusammenhang zwischen Stürzen und Hüftknochenbrüchen bei älteren Patienten mit einer Demenz“, sagte Karel Kostev, Forschungsleiter bei IMS Health.

Vor allem bei der Alzheimer-Krankheit als der am stärksten verbreiteten Hauptform erhöhe sich das Sturzrisiko um ein Mehrfaches im Vergleich zu nicht-demenziellen Patienten. Das in der Studie festgestellte höhere Sturzrisiko bei in Heimen lebenden Demenzpatienten könnte damit zu erklären sein, dass diese Patienten sich in einem schwereren Krankheitsstadium befänden als solche, die im privaten häuslichen Umfeld lebten, vermuten die Wissenschaftler. © hil/aerzteblatt.de
... (weiter lesen unter) .... http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/66318
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Falsches Medikament, und keiner merkt es - Video informiert

Beitrag von WernerSchell » 19.04.2016, 06:27

Am 19.04.2016 bei Facebook gepostet:
Falsches Medikament, und keiner merkt es ... WDR - Sendung vom 09.04.2016 | 07:12 Min. | Video verfügbar bis 08.04.2021. Bis zu zehn Prozent der Medikamentengaben im Krankenhaus sind nicht korrekt. Falsche Dosierungen, falscher Wirkstoff, nicht beachtete Wechselwirkungen in manchen Fällen mit tödlichen Folgen. Wie kann man diese Fehler vermeiden? > Mehr Informationen zur Sendung: http://www.daserste.de/information/wiss ... s-102.html Dazu passend die Ankündigung / Einladung zum 24. Neusser Pflegetreff 27.04.2016 mit dem Thema Arzneimittelversorgung der älteren Menschen. Näheres (stets aktuell) unter folgender Adresse: viewtopic.php?f=7&t=21371
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Über- und Unterversorgung - Empfehlungen der DGG

Beitrag von WernerSchell » 28.04.2016, 06:55

Ärzte Zeitung vom 28.04.2016:
Mangelernährung: Ärzte sehen Informationsdefizite
Mehr Informationen über Mangelernährung fordert der Bundesverband Initiative 50plus - nicht nur für Senioren, sondern auch für Praxischefs
Eine "Ärztestudie" zeige, dass viele Mediziner sich selbst Wissenslücken attestieren.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=910 ... ung&n=4948
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Betrug durch Apotheker mit „Luftrezepten“?

Beitrag von WernerSchell » 09.05.2016, 06:58

Am 09.05.2015 bei Facebook gepostet:
Der Neusser Pflegetreff hat gerade erst am 27.04.2016 die Probleme mit der Polypharmazie und sonstige Mängel in der Arzneimittelversorgung diskutiert (>viewtopic.php?f=4&t=21522 ),
da kommen sozusagen ergänzend Mitteilungen darüber, dass wegen mutmaßlichen millionenschweren Betrugs durch Apotheker mit „Luftrezepten“ ermittelt wird. Es bleibt abzuwarten, welche Ergebnisse die Ermittlungen hervorbringen.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk wird die weitere Entwicklung im Auge behalten und informieren: > viewtopic.php?f=2&t=21624
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Patienten mit Mangelernährung ...

Beitrag von WernerSchell » 08.06.2016, 18:03

PM: „Patienten mit Mangelernährung haben ein höheres Risiko zu sterben“

(08.06.2016) Bis zu zwei Drittel der geriatrischen Patienten sind von einer Mangelernährung betroffen. Dabei hat die Ernährung Auswirkungen auf Dauer und Erfolg von Therapien sowie Schwere und Häufigkeit von Komplikationen Wie Mediziner ihren Blick schulen und Konsequenzen ziehen können, darüber sprechen im Doppelinterview Ernährungswissenschaftlerin Mareike Maurmann, Meinerzhagen, und Dr. Andreas Leischker, Chefarzt der Klinik für Geriatrie am Alexianer in Krefeld.

Mangelernährung in Deutschland! Wie kann es das im Jahr 2016 geben?

Dr. Andreas Leischker: Eigentlich sollte es 2016 überhaupt keine Mangelernährung mehr geben! Aber auch in den Industrieländern ist Mangelernährung häufig. Grundsätzlich sind alle Altersgruppen betroffen. Bei älteren Menschen steigt die Prävalenz aber deutlich. Die Gründe sind unterschiedlich: Häufig sind körperliche und psychische Erkrankungen die Ursache für einen verminderten Appetit. Weitere Gründe für eine einseitige Lebensmittelauswahl und eine verringerte Nahrungsaufnahme können soziale Aspekte, wie zum Beispiel der Verlust des Partners und die steigende Hilfsbedürftigkeit sein. Wir dürfen aber auch nicht ausblenden, dass auch die Altersarmut dazu führen kann, dass älteren Menschen die finanziellen Mittel für eine gesunde Ernährung fehlen.

Mareike Maurmann: Es sind auch körperliche Veränderungen im Alter wie zum Beispiel der Zahnverlust (eine lockere Prothese), ein veränderter Geruchs- und Geschmackssinn, Immobilität und Bewegungseinschränkungen, die zu einer verringerten Nahrungsaufnahme führen können. Dazu kommen Erkrankungen wie zum Beispiel ein Schlaganfall mit Schluckstörung oder solche, die den Gastrointestinaltrakt betreffen, vielleicht sogar ein künstlicher Darmausgang. All das kann zu Appetitlosigkeit, Einschränkungen bei der Nahrungsaufnahme oder einer schlechten Resorption führen. Bis die Mangelernährung so offensichtlich wird, dass das Umfeld der Betroffenen aufmerksam wird, kann es ziemlich lange dauern. Hier ist eine stärkere Aufklärung bei Angehörigen und Hausärzten gefragt.

Warum ist es so wichtig, eine Mangelernährung zu erkennen?

Leischker: Patienten mit Mangelernährung haben ein deutlich höheres Risiko zu sterben oder schwere Komplikationen zu entwickeln. Die Krankenhausverweildauer von mangelernährten Patienten ist deutlich länger. Durch eine gute Ernährungstherapie können Krankenhäuser also nicht nur Todesfälle und Komplikationen vermeiden, sondern auch – durch kürzere Verweildauern – Geld sparen. Leider hat sich diese Erkenntnis bei den meisten Krankenhausleitungen bisher noch nicht durchgesetzt. Eine ausgewogene Ernährung ist extrem wichtig für das Wohlbefinden unserer Patienten.

Maurmann: Das sehe ich ähnlich. Durch eine unbehandelte Mangelernährung sinkt die Immunkompetenz, zudem verschlechtern sich der Allgemeinzustand und die Prognose. Die psychische Verfassung und die Therapietoleranz nehmen ab. Die Infektionsrate, -dauer und -schwere nehmen zu, auch die Komplikationsrate und die Gefahr von Immobilität und Stürzen steigen. Außerdem kommt es häufiger zu Wundheilungsstörung. Insgesamt nimmt also die Pflege- und Hilfsbedürftigkeit des Patienten zu. Die Mangelernährung sollte also immer mit behandelt werden beziehungsweise muss viel stärker in den Fokus von Ärzten und Therapeuten rücken.

Download: http://www.dggeriatrie.de/index.php?sub ... mailid=259

Quelle: Pressemitteilung vom 08.06.2016
Nina Meckel
medXmedia Consulting
Nymphenburger Str. 19
80335 München
Tel: +49 (0)89 / 230 69 60 69
Fax: +49 (0)89 / 230 69 60 60
E-Mail: presse@dggeriatrie.de
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

1,5 Millionen Erwachsene mangelernährt

Beitrag von WernerSchell » 10.06.2016, 06:36

Ärzte Zeitung vom 10.06.2016:
In Deutschland: 1,5 Millionen Erwachsene mangelernährt
Rund 1,5 Millionen Erwachsene sind in Deutschland mangelernährt. "Es gibt keine Aufmerksamkeit dafür",
sagte Ingrid Acker vom Berufsverbandes Oecotrophologie (VDOE) zum Auftakt der Tagung "Ernährung 2016".
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=913 ... ung&n=5035
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25301
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen

Beitrag von WernerSchell » 15.06.2016, 16:17

DGE aktuell 06/2016 | 14. Juni 2016

Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen
DGE-Qualitätsstandard wirkt sich positiv auf das Speisenangebot aus


(dge) In Deutschland werden rund 29 % der Pflegebedürftigen, überwiegend ältere Menschen, vollstationär in Heimen versorgt – mit steigender Tendenz. Verantwortliche für die Verpflegung sind mit diversen Ernährungsproblemen der Pflegeheimbewohner konfrontiert. So sind Appetitlosigkeit oder Kau- und Schluckbeschwerden weitverbreitet und es besteht häufig ein Risiko für Mangelernährung. Daher spielt in Heimen die Qualität der Ernährung eine zentrale Rolle für Gesundheit und Wohlbefinden. Doch wie steht es um die aktuelle Situation in deutschen Einrichtungen?

Hierzu evaluierte das Institut für Biomedizin des Alterns der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg zusammen mit der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg bundesweit den DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen. Die Studie legt erstmals umfangreiche Informationen über die Verpflegungssituation in deutschen Seniorenheimen sowie zur Bekanntheit, Verbreitung und Akzeptanz des DGE-Qualitätsstandards selbst vor. Das Forschungsprojekt ist Teil des 13. DGE-Ernährungsberichts und wurde von der DGE mit Förderung durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Auftrag gegeben.

Der DGE-Qualitätsstandard ist einem Großteil der an der Untersuchung teilnehmenden Seniorenheime bekannt. Fast alle Einrichtungen erfüllen die Kriterien des DGE-Qualitätsstandards für die Vollverpflegung[1] hinsichtlich eines unbegrenzten Tafel- oder Mineralwasserangebots (ca.
96 %) und bieten täglich mindestens zwei Milchprodukte (ca. 95 %) an, unabhängig davon ob ihnen der DGE-Qualitätsstandard bekannt ist bzw.
nicht bekannt ist. Die Empfehlungen maximal dreimal pro Woche Fleisch und mindestens dreimal täglich Gemüse anzubieten bzw. Fisch aus nachhaltiger Fischerei zu verwenden, werden nur von wenigen Einrichtungen umgesetzt.
„Heime, die den DGE-Qualitätsstandard kennen, erfüllen häufiger die Empfehlungen für die Angebotshäufigkeit von Getreide- und Vollkornprodukten, Obst und Fisch und verwenden öfter Rapsöl als Standardöl“, sagt die Leiterin der Studie Prof. Dorothee Volkert, Institut für Biomedizin des Alterns an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Auch vegetarische Kost werde von diesen Heimen auf Anfrage häufiger angeboten.

Die Ergebnisse der Studie sind in der Vorveröffentlichung zum 13.
Ernährungsbericht, Kapitel 3, online als kostenfreie pdf-Datei[2] erhältlich.

-----
[1]
https://www.dge.de/fileadmin/public/img ... bb.3.2.pdf
[2]
https://www.dge.de/fileadmin/public/doc ... ichung.pdf
-----
Den ausführlichen Pressetext mit weiteren Hintergrundinformationen finden Sie unter:
https://www.dge.de/presse/pm/verpflegun ... ichtungen/
(web)
https://www.dge.de/fileadmin/public/doc ... legung.pdf
(pdf)

-----
Für Rückfragen der Redaktion kontaktieren Sie bitte:
Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.
Referat Öffentlichkeitsarbeit

Antje Gahl,
Tel.: +49 228/37 76 630
Fax: +49 228/37 76 800
E-Mail: mailto: gahl@dge.de

DGE (Presseinfos) im Internet:
http://www.dge.de
---
Herausgeber:
Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.
Godesberger Allee 18
53175 Bonn
Telefon: +49 228 / 3776-600
Telefax: +49 228 / 3776-800
Geschäftsführer: Dr. Helmut Oberritter
Sitz der Gesellschaft: Bonn
Eingetragen im Vereinsregister Bonn unter Nr. VR 008114
UStIdNr: DE 114234841
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

Gesperrt