Grenzen des Direktionsrechtes – Streitfälle!

Arbeits- und Arbeitsschutzrecht, Allgemeine Rechtskunde (einschließlich Staatsrecht), Zivilrecht (z.B. Erbrecht)

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Grenzen des Direktionsrechtes – Streitfälle!

Beitrag von Personalverlag.de » 20.02.2007, 08:01

Häufige Streitfälle: Bei diesen Arbeitsanweisungen bestimmt Ihr Betriebsrat mit

Mit dem Betriebsverfassungsgesetz setzt der Gesetzgeber Ihrem Direktionsrecht Grenzen. Und immer wieder beschäftigen sich die Gerichte mit der Frage: Wo und wann ist die Grenze zu ziehen. Damit Sie auf der sicheren Seite sind, hier ein kleines „Abc der Rechtsprechung“, das Ihnen genau zeigt, bei welchen Anweisungen Sie den Betriebsrat einschalten sollten.

Anwesenheitslisten
Wann welcher Mitarbeiter gefehlt hat, interessiert Sie als Arbeitgeber natürlich brennend. Entscheiden Sie sich dazu, Ihre bisherige Praxis umzustellen und Anwesenheitslisten nunmehr per EDV zu erstellen, müssen Sie vorher den Betriebsrat einschalten (BAG, Urteil vom 18.7.1978, Az. 1 ABR 80/75).

Arztbesuch
Arztbesuche gehören nicht in die Arbeitszeit. Nur wenn es medizinische Gründe dafür gibt, dass ein Mitarbeiter während der Arbeit zur Untersuchung muss, oder wenn der Arzt keinen anderen Termin mehr frei hatte, müssen Sie den Mitarbeiter gehen lassen. Wollen Sie von Ihrem Mitarbeiter, einen Nachweis des Arztes, dass der Besuch in der Arbeitszeit notwendig war, müssen Sie vorher den Betriebsrat beteiligen. (BAG, Urteil vom 21.1.1997, Az. 1 ABR 53/96).

Gelber Schein ab 1. Tag
Mitarbeiter, die sich hin und wieder ein Wochenende mit einem Krankenschein verlängern, können Sie sich als Arbeitgeber nicht leisten. Wollen Sie, dass Ihre Mitarbeiter die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 1. Tag vorlegen, brauchen Sie die Zustimmung des Betriebsrats (BAG, Urteil vom 25.1.2000, Az. 1 ABR 3/99).

Geldbörse an der Kasse
Nichts zerstört das Vertrauen mehr als ein Verdacht. Das gilt vor allem für Mitarbeiter im Kassenbereich. Wollen Sie jedem Verdachtsmoment vorbeugen und die dort beschäftigten Arbeitnehmer anweisen, das private Portemonnaie nicht mehr offen neben der Kasse liegen zu lassen, muss der Betriebsrat einverstanden sein (LAG Hessen, Beschluss vom 15.1.2004, Az. 5 Ta BV 49/03).

Namensschilder
Der persönliche Kontakt zum Kunden ist in vielen Betrieben besonders wichtig. Umso besser, wenn Kunden Ihre Mitarbeiter mit Namen kennen. Wollen Sie Arbeitnehmer, deren Hauptaufgabe die Kommunikation mit dem Kunden ist, verpflichten, Namensschilder zu tragen, müssen Sie den Betriebsrat nicht fragen. Denn damit konkretisieren Sie lediglich die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung. Geht es Ihnen aber nur um das äußere Erscheinungsbild Ihrer Mitarbeiter, ist die Anweisung, Namensschilder zu tragen, mitbestimmungspflichtig (BAG, Beschluss vom 11.6.2002, Az. 1 ABR 46/01).

Beispiel:
Sie betreiben ein Taxiunternehmen und ordnen an, dass alle Fahrer künftig Namensschilder tragen sollen.
Folge: Hauptaufgabe Ihrer Taxifahrer ist es, die Fahrgäste von A nach B zu fahren. Die Kommunikation mit dem Kunden ist Nebensache und Sie müssen also den Betriebsrat fragen.

Privates Telefonieren
Hier und da ein privates Telefonat in der Arbeitszeit, dafür hat jeder Chef Verständnis. Wollen Sie – bei grundsätzlicher Erlaubnis von Privattelefonaten – aber langes privates Palavern am Arbeitsplatz verbieten, müssen Sie den Betriebsrat fragen (LAG Nürnberg, Urteil vom 29.1.1987, Az. 5 TaBV 4/86 ).

Kleiderordnung
In Jeans und T-Shirt zum Kunden – das geht natürlich nicht. Haben Sie als Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an einem ordentlichen Erscheinungsbild Ihrer Mitarbeiter, können Sie natürlich eine Kleiderordnung erlassen. Aber auch hier gilt: Betriebsrat einschalten (BAG, Urteil vom 1.12.1992, Az. 1 AZR 260/92)!

Radio hören
Arbeit kann langweilig sein. Also dudeln in vielen Büros Radios. Bei Publikumsverkehr oder häufigen Anrufen macht das Radio im Hintergrund aber einen schlechten Eindruck. Regelungen zum Radio am Arbeitsplatz brauchen aber vor allem eines: Die Zustimmung des Betriebsrats (BAG, Urteil vom 14.1.1986, Az.1 ABR 75/83)!

Rauchverbot
Einen schlimmeren Alptraum als einen Mitarbeiter mit der Zigarette am Kundenschalter gibt es wohl nicht. Innerbetriebliche Rauchverbote haben aber auch noch einen anderen Zweck: Den Gesundheitsschutz der Kollegen. Dennoch: Ein Rauchverbot können Sie nur verhängen, wenn der Betriebsrat wohlwollend nickt! (BAG, Urteil vom 19.1.1999, Az.: 1 AZR 499/98 )

Quelle: Mitteilung vom 19.2.2007
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