Fristlose Kündigung wegen gefälschter Pflegedokumentation

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Fristlose Kündigung wegen gefälschter Pflegedokumentation

Beitrag von WernerSchell » 10.06.2020, 07:53

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Arbeitsgericht Siegburg:
Fristlose Kündigung wegen gefälschter Pflegedokumentation

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Macht eine Pflegekraft in der Pflegedokumentation vorsätzlich Falschangaben und trägt ein, bei einer Patientin in der Wohnung gewesen zu sein, obwohl sie nur telefonischen Kontakt zur Patientin hatte, kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit über 5 Jahren als Altenpflegerin beschäftigt. Sie wurde vom Arbeitgeber mehrfach abgemahnt, unter anderem weil sie eine Patientin nicht richtig versorgt hatte und dies auch nicht richtig dokumentiert worden war. Anfang April 2019 fuhr die Klägerin nicht persönlich zu einer Patientin, um dieser die Nachttablette zu geben, sondern telefonierte lediglich mit ihr. Den Leistungsnachweis für den nächtlichen Besuch zeichnete Klägerin jedoch trotzdem ab und bestätigte auf dem Tagestourennachweis, die Patientin in der Zeit von 22:55 Uhr bis 23:06 Uhr versorgt zu haben. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin mit Schreiben vom 05.04.2019 fristlos. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage.

Mit Urteil vom 07.08.2019 wies das Arbeitsgericht Siegburg die Klage ab. Die fristlose Kündigung hielt es für gerechtfertigt. Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darzustellen. Nach Auffassung des Gerichts muss der Arbeitgeber auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können. Überträgt der Arbeitgeber den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und füllt ein Arbeitnehmer die dafür zur Verfügung gestellten Formulare wissentlich und vorsätzlich falsch aus, so stellt dies einen schweren Vertrauensmissbrauch dar. Nach Auffassung der 3. Kammer hatte die Klägerin trotz vorheriger Abmahnung vorsätzlich falsche Eintragungen gemacht. Das Arbeitsverhältnis endete damit fristlos am 05.04.2019.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

Arbeitsgericht Siegburg – Aktenzeichen 3 Ca 992/19 vom 07.08.2019.

Die Entscheidung kann demnächst in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE www.nrwe.de unter Eingabe des Aktenzeichens (3 Ca 992/19) aufgerufen werden.

Quelle: Pressemitteilung vom 20.08.2019
Dr. Dorothea Roebers
Pressedezernentin des Arbeitsgerichts Siegburg
>>> https://www.justiz.nrw/JM/Presse/presse ... /index.php


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Weitere Informationen - siehe
> https://community.beck.de/2019/09/10/fa ... rliert-job
> https://www.bund-verlag.de/aktuelles~Ar ... in-den-Job~

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Das Urteil wurde in der "Rechtsdepesche", Ausgabe Januar/Februar 2020, vorgestellt und als rechtskräftig bezeichnet. Danach hat es keine Berufung gegeben.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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