EuGH stärkt Rechte von Arbeitnehmern kirchlicher Einrichtungen

Arbeits- und Arbeitsschutzrecht, Allgemeine Rechtskunde (einschließlich Staatsrecht), Zivilrecht (z.B. Erbrecht)

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EuGH stärkt Rechte von Arbeitnehmern kirchlicher Einrichtungen

Beitrag von WernerSchell » 26.10.2018, 05:57

Bild InfoCuria - Rechtsprechung des Gerichtshofs

Kündigung durch Kirche wegen Wiederheirat kann Diskriminierung sein

Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte - EuGH - vom 11.09.2018 - C-68/17 -
Download > http://curia.europa.eu/juris/document/d ... rst&part=1

Der EuGH hat in einem Grundsatzurteil zum kirchlichen Arbeitsrecht entschieden, dass die Kündigung eines katholischen Chefarztes durch ein katholisches Krankenhaus wegen erneuter Eheschließung nach Scheidung eine verbotene Diskriminierung wegen der Religion darstellen kann.

Die Anforderung an einen katholischen Chefarzt, den heiligen und unauflöslichen Charakter der Ehe nach dem Verständnis der katholischen Kirche zu beachten, erscheine nicht als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung, worüber im vorliegenden Fall jedoch das deutsche BAG zu befinden habe, so der EuGH.

Der Chefarzt Q. der Abteilung "Innere Medizin" eines Krankenhauses, das von IR, einer der Aufsicht des katholischen Erzbischofs von Köln unterliegenden deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung betrieben wird, ist katholischer Konfession. Als IR erfuhr, dass er nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau, mit der er nach katholischem Ritus verheiratet war, erneut standesamtlich geheiratet hatte, ohne dass seine erste Ehe für nichtig erklärt worden wäre, kündigte sie ihm. Ihrer Ansicht nach hat er durch Eingehung einer nach kanonischem Recht ungültigen Ehe in erheblicher Weise gegen seine Loyalitätsobliegenheiten aus seinem Dienstvertrag verstoßen.
Der Dienstvertrag verweist auf die Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 22.09.1993 (Amtsblatt des Erzbistums Köln, S. 222 - GrO 1993), die vorsieht, dass die Eingehung einer nach kanonischem Recht ungültigen Ehe durch einen leitend tätigen katholischen Beschäftigten einen schwerwiegenden Verstoß gegen seine Loyalitätsobliegenheiten darstellt und seine Kündigung rechtfertigt. Nach dem Ethos der katholischen Kirche hat die kirchliche Eheschließung einen heiligen und unauflöslichen Charakter. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das deutsche Grundgesetz Kirchen und alle ihnen zugeordneten Einrichtungen ein Selbstbestimmungsrecht verleiht, das es ihnen erlaubt, ihre Angelegenheiten innerhalb bestimmter Grenzen selbstständig zu verwalten.
Der Arzt rief hiergegen die deutschen Arbeitsgerichte an und machte geltend, dass seine erneute Eheschließung kein gültiger Kündigungsgrund sei. Die Kündigung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da nach der GrO 1993 die Wiederheirat eines evangelischen oder konfessionslosen Chefarztes der Abteilung keine Folgen für dessen Arbeitsverhältnis mit IR gehabt hätte.
In diesem Kontext ersucht das BAG den EuGH um Auslegung der Gleichbehandlungsrichtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. 2000, L 303, S. 16), nach der es grundsätzlich verboten ist, einen Arbeitnehmer wegen seiner Religion oder seiner Weltanschauung zu diskriminieren, es Kirchen und anderen Organisationen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, aber unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist, von ihren Beschäftigten zu verlangen, dass sie sich loyal und aufrichtig im Sinne dieses Ethos verhalten.

Der EuGH hat festgestellt, dass der Beschluss einer Kirche oder einer anderen Organisation, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht und die eine (in Form einer privatrechtlichen Kapitalgesellschaft gegründete) Klinik betreibt, an ihre leitend tätigen Beschäftigten je nach deren Konfession oder Konfessionslosigkeit unterschiedliche Anforderungen an das loyale und aufrichtige Verhalten im Sinne dieses Ethos zu stellen, Gegenstand einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle sein können muss (der EuGH bezieht sich insoweit auf sein Urteil vom 17.04.2018 - C-414/16 "Egenberger" über die Anforderung der Religionszugehörigkeit für eine Stelle innerhalb der Kirche).

Nach Auffassung des EuGH muss das nationale Gericht bei dieser Kontrolle sicherstellen, dass die Religion oder die Weltanschauung im Hinblick auf die Art der betreffenden beruflichen Tätigkeiten oder die Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des fraglichen Ethos ist.

Im vorliegenden Fall habe das BAG zu prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt seien. Gleichwohl scheine die Akzeptanz des von der katholischen Kirche befürworteten Eheverständnisses wegen der Bedeutung der von Q. ausgeübten beruflichen Tätigkeiten, nämlich Beratung und medizinische Pflege in einem Krankenhaus und Leitung der Abteilung "Innere Medizin" als Chefarzt, für die Bekundung des Ethos von IR nicht notwendig zu sein. Sie scheine somit keine wesentliche Anforderung der beruflichen Tätigkeit zu sein, was dadurch erhärtet werde, dass ähnliche Stellen Beschäftigten anvertraut wurden, die nicht katholischer Konfession seien und folglich nicht derselben Anforderung, sich loyal und aufrichtig im Sinne des Ethos von IR zu verhalten, unterworfen waren.

In Anbetracht der ihm vorgelegten Akte erscheine die in Rede stehende Anforderung nicht als gerechtfertigt. Das BAG habe jedoch zu prüfen, ob in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falls IR dargetan habe, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung ihres Ethos oder ihres Rechts auf Autonomie wahrscheinlich und erheblich sei.

Zu der Problematik, dass eine Unionsrichtlinie grundsätzlich keine unmittelbare Wirkung zwischen Privatpersonen habe, sondern einer Umsetzung in nationales Recht bedürfe, sei darauf hinzuweisen, dass die nationalen Gerichte das nationale Recht zur Umsetzung der Richtlinie so weit wie möglich richtlinienkonform auszulegen haben.

Falls es nicht möglich sein sollte, das anwendbare nationale Recht (hier das deutsche Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz) im Einklang mit der Gleichbehandlungsrichtlinie in der Auslegung des EuGH in seinem heutigen Urteil auszulegen, dann habe ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreits zwischen Privatpersonen anhängig ist, das nationale Recht unangewendet zu lassen.

Das nunmehr in der Charta der Grundrechte der EU niedergelegte Verbot jeder Art von Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung habe als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts zwingenden Charakter und verleihe schon für sich allein dem Einzelnen ein Recht, das er in einem Rechtsstreit, der einen vom Unionsrecht erfassten Bereich betreffe, als solches geltend machen könne.

Quelle: Pressemitteilung des EuGH Nr. 127/2018 v. 11.09.2018

+++
Ärzte Zeitung vom 11.09.2018
EuGH-Urteil
Wiederheirat für katholischen Chefarzt kein Kündigungsgrund

Die Kündigung eines katholischen Chefarztes durch ein katholisches Krankenhaus wegen erneuter Eheschließung kann eine verbotene Diskriminierung wegen der Religion darstellen. mehr » https://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=97 ... efpuryykqr bzw. https://www.aerztezeitung.de/praxis_wir ... hoefe.html
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Benachteiligung wegen der Religion - Entschädigung

Beitrag von WernerSchell » 26.10.2018, 06:11

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Bundesarbeitsgericht

Benachteiligung wegen der Religion - Entschädigung

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Entschädigung wegen einer Benachteiligung wegen der Religion. Der Beklagte ist ein Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland. Er schrieb am 25. November 2012 eine auf zwei Jahre befristete Stelle eines Referenten/einer Referentin (60 %) aus. Gegenstand der Tätigkeit sollten schwerpunktmäßig die Erarbeitung des Parallelberichts zum deutschen Staatenbericht zur Umsetzung der UN-Antirassismuskonvention durch Deutschland sowie Stellungnahmen und Fachbeiträge und die projektbezogene Vertretung der Diakonie Deutschland gegenüber der Politik, der Öffentlichkeit und Menschrechtsorganisationen sowie die Mitarbeit in Gremien sein. Der Parallelbericht sollte in Beratung mit Menschenrechtsorganisationen und weiteren Interessenträgern erstellt werden. In der Stellenausschreibung heißt es ferner: „Die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der ACK angehörenden Kirche und die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag setzen wir voraus. Bitte geben Sie Ihre Konfession im Lebenslauf an.“ Die konfessionslose Klägerin bewarb sich mit Schreiben vom 29. November 2012 auf die Stelle. Sie wurde nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Der Beklagte besetzte die Stelle mit einem evangelischen Bewerber. Die Klägerin hat mit ihrer Klage die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. mindestens 9.788,65 Euro verlangt. Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe sie entgegen den Vorgaben des AGG wegen der Religion benachteiligt. Sie habe die Stelle wegen ihrer Konfessionslosigkeit nicht erhalten. Der Beklagte hat eine Benachteiligung der Klägerin wegen der Religion in Abrede gestellt; jedenfalls sei die Benachteiligung nach § 9 Abs. 1 AGG* gerechtfertigt. Das Arbeitsgericht hat der Klägerin eine Entschädigung iHv. 1.957,73 Euro zugesprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts teilweise Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin eine Entschädigung iHv. 3.915,46 Euro zu zahlen.

Der Beklagte hat die Klägerin wegen der Religion benachteiligt. Diese Benachteiligung war nicht nach § 9 Abs. 1 AGG ausnahmsweise gerechtfertigt. Eine Rechtfertigung der Benachteiligung nach § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG scheidet aus. § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG ist einer unionsrechtskonformen Auslegung im Einklang mit Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG** nicht zugänglich und muss deshalb unangewendet bleiben. Die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung nach § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG liegen nicht vor. Nach § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG - in unionsrechtskonformer Auslegung - ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion nur zulässig, wenn die Religion nach der Art der Tätigkeiten oder den Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Religionsgemeinschaft bzw. Einrichtung darstellt. Vorliegend bestehen erhebliche Zweifel an der Wesentlichkeit der beruflichen Anforderung. Jedenfalls ist die berufliche Anforderung nicht gerechtfertigt, weil im konkreten Fall keine wahrscheinliche und erhebliche Gefahr bestand, dass das Ethos des Beklagten beeinträchtigt würde. Dies folgt im Wesentlichen aus dem Umstand, dass der jeweilige Stelleninhaber/die jeweilige Stelleninhaberin - wie auch aus der Stellenausschreibung ersichtlich - in einen internen Meinungsbildungsprozess beim Beklagten eingebunden war und deshalb in Fragen, die das Ethos des Beklagten betrafen, nicht unabhängig handeln konnte. Der Höhe nach war die Entschädigung auf zwei Bruttomonatsverdienste festzusetzen.


Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Mai 2014 - 4 Sa 157/14, 4 Sa 238/14 -


*§ 9 Abs. 1 AGG lautet:
„Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften, die ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder durch Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, auch zulässig, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.“

**Art. 4 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG lautet:
„Die Mitgliedstaaten können in Bezug auf berufliche Tätigkeiten innerhalb von Kirchen und anderen öffentlichen oder privaten Organisationen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, Bestimmungen in ihren zum Zeitpunkt der Annahme dieser Richtlinie geltenden Rechtsvorschriften beibehalten oder in künftigen Rechtsvorschriften Bestimmungen vorsehen, die zum Zeitpunkt der Annahme dieser Richtlinie bestehende einzelstaatliche Gepflogenheiten widerspiegeln und wonach eine Ungleichbehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung einer Person keine Diskriminierung darstellt, wenn die Religion oder die Weltanschauung dieser Person nach der Art dieser Tätigkeiten oder der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation darstellt. Eine solche Ungleichbehandlung muss die verfassungsrechtlichen Bestimmungen und Grundsätze der Mitgliedstaaten sowie die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts beachten und rechtfertigt keine Diskriminierung aus einem anderen Grund.“

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.10.2017 Nr. 53/18
https://juris.bundesarbeitsgericht.de/c ... h%E4digung
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Bundesarbeitsgericht spricht Urteil in Prozess gegen Diakonie

Beitrag von WernerSchell » 26.10.2018, 06:13

Bundesarbeitsgericht spricht Urteil in Prozess gegen Diakonie

Erfurt, 25. Oktober 2018 Die Diakonie Deutschland und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) bedauern die heutige Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Danach durfte für die fragliche Stelle, eine wissenschaftliche Referententätigkeit, nicht die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche verlangt werden. Die Bewerberin bekam einen Teil der von ihr geforderten Entschädigung zugesprochen.

Das BAG stützt sich auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, nach der kirchliche Arbeitgeber begründen müssen, dass die Forderung nach einer bestimmten Religionszugehörigkeit für eine Stelle "wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt" ist. Ob es eine notwendige Verbindung zwischen Religion und Beschäftigung gibt, soll von staatlichen Gerichten überprüft werden können.

"Die Anforderung der Kirchenmitgliedschaft wurde auch bisher bei der Personalauswahl nicht willkürlich gestellt. Bei der konkreten Stelle, auf die sich die Klägerin beworben hatte, war für uns wegen der Tätigkeit und Außenwirkung eine kirchliche Grundkompetenz unverzichtbar", sagt Diakonie- Präsident Ulrich Lilie nach der Urteilsverkündigung in Erfurt. Für diese Stelle sei eine Person erforderlich gewesen, die sich stark mit den christlichen Werten identifiziert und zu ihnen durch die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche bekennt. Die Klägerin habe darüber hinaus aber nicht einmal die erste formale Einstellungsvoraussetzung erfüllt: Sie habe keinen Masterabschluss nach einem wissenschaftlichen Hochschulstudium - Jura oder ein vergleichbares Fach - nachweisen können. Deshalb sei sie nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden.

Bereits unabhängig vom konkreten Fall haben die EKD und ihre Diakonie ihr Arbeitsrecht weiterentwickelt. "Wir verstehen unsere sich verändernde, zunehmend multikulturelle und multireligiöse Gesellschaft als eine positive Gestaltungsaufgabe, zu der Kirche und Diakonie einen konstruktiven Beitrag leisten wollen", sagt Lilie. In der seit Januar 2017 geltenden Richtlinie können Nichtchristinnen und -christen an vielen Stellen in Kirche und Diakonie arbeiten. Ausnahmen gelten für Aufgaben in der Verkündigung, der Seelsorge und der evangelischen Bildung, bei denen die Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche vorausgesetzt wird. Leitungskräfte müssen einer christlichen Kirche angehören.

Diakonie und EKD sehen im heutigen BAG-Urteil eine Abweichung zur langjährigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hat den Kirchen bisher in einem festgelegten Rahmen die Entscheidung überlassen, für welche Tätigkeiten die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche erforderlich ist. Gemeinsam mit der EKD wird die Diakonie Deutschland die Urteilsbegründung des BAG abwarten und prüfen, welche Konsequenzen ggf. daraus zu ziehen sind. Dazu gehört auch die Prüfung, ob gegen den Eingriff in das kirchliche Selbstbestimmungsrecht das Bundesverfassungsgericht angerufen wird.

Grundsätzlich halten EKD und Diakonie am kirchlichen Arbeitsrecht und seiner Ausprägung einer christlichen Dienstgemeinschaft fest. Hans Ulrich Anke, der Präsident des EKD-Kirchenamts, betont: "Es muss der Kirche und Diakonie möglich bleiben, die kirchlichen Aufgaben aus einer christlichen Perspektive zu erfüllen. Das hängt ganz wesentlich auch davon ab, dass Kirche und Diakonie Mitarbeitende auswählen und einstellen können, die sich mit ihrer Mitgliedschaft zum Auftrag der Kirche bekennen. Das erwarten auch die Menschen, die die diakonischen Angebote nutzen." Für eine Beschäftigung von Menschen, die der ev.
Kirche nicht zugehörten, enthalte das kirchliche Recht die gebotenen Möglichkeiten. "

Zum konkreten Fall:
Im Jahr 2013 war im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung e. V. eine Bewerberin für eine Referententätigkeit aufgrund mangelnder fachlicher Voraussetzungen nicht für ein Vorstellungsgespräch berücksichtigt worden. Ihre fehlende Kirchenzugehörigkeit war für diese Entscheidung von zweitrangiger Bedeutung. Für die Stelle wurde ein Bewerber ausgewählt, der die erforderlichen fachlichen Voraussetzungen erfüllte. Zudem gehörte er einer christlichen Kirche an. Das Stellenprofil für eine befristete wissenschaftliche Referententätigkeit im Rahmen einer Kooperation mit diversen zivilgesellschaftlichen Gruppierungen zur Erstellung eines Berichts zur Antirassismus-Konvention der Vereinten Nationen setzte dies voraus. Eine christliche Perspektive zur Beurteilung der Konvention war für die Diakonie unabdingbar.

Diese Pressemitteilung wird parallel auch von der Evangelischen Kirche in Deutschland verschickt.
Für Rückfragen und weitere Informationen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

******************************

Quelle: Pressemitteilung vom 25.10.2018
Dr. Thomas Schiller, Leiter Kommunikation

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Bundesarbeitsgericht stutzt die Macht der Kirche

Beitrag von WernerSchell » 26.10.2018, 06:22

Rheinische Post berichtet am 26.10.2018:
Religionszugehörigkeit von Bewerbern
Bundesarbeitsgericht stutzt die Macht der Kirche

Erfurt Die konfessionellen Arbeitgeber beschäftigen mehr als eine Million Menschen. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts schränkt die Einstellungspraxis der evangelischen Kirche stark ein.
Kirchliche Arbeitgeber dürfen bei Stellenausschreibungen künftig von Bewerbern nicht mehr pauschal eine Religionszugehörigkeit verlangen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Donnerstag in Erfurt entschieden und damit die bisherige Rechtsprechung zu diesem Aspekt des kirchlichen Arbeitsrechts in Deutschland korrigiert. Geklagt hatte eine Sozialpädagogin aus Berlin, die als Konfessionslose bei einer Stellenausschreibung der Diakonie nicht zum Zuge gekommen war. Sie forderte eine Entschädigung wegen Diskriminierung und hatte nach fünf Jahren Gang durch die Instanzen nun vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg (Az.: 8 AZR 501/14).
... (weiter lesen unter) ... https://rp-online.de/panorama/deutschla ... d-34101561
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EWDE erhebt Verfassungsklage gegen Urteile des BAG und EuGH

Beitrag von WernerSchell » 19.03.2019, 18:42

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EWDE erhebt Verfassungsklage gegen Urteile des BAG und EuGH

Berlin, 19. März 2019 Im Verfahren um die erforderliche Kirchenmitgliedschaft einer Stellenbewerberin in der Diakonie hat das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung e. V. (EWDE) Verfassungsklage gegen ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und mittelbar gegen eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) erhoben. "Wir sehen uns in unzulässiger Weise in unserem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht beschränkt", sagt der EWDE-Vorstandsvorsitzende, Diakonie-Präsident Ulrich Lilie.

"Die Europäische Union hat aus gutem Grund in Artikel 17 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) die Religionsgemeinschaften in den Mitgliedsstaaten vor Beeinträchtigung geschützt. Dieses Recht hat der EuGH in voller Kenntnis der deutschen Rechtslage nicht angemessen beachtet und außerhalb seines Mandats gehandelt", sagt Präsident Lilie: "Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts mit seiner Übernahme der Luxemburger Auslegung ist verfassungsrechtlich problematisch."

Die Religionsfreiheit wird durch Art. 4 GG geschützt. Sie umfasst einzelne Personen wie auch Gruppen. Nach Artikel 140 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 137 der Weimarer Reichsverfassung ist den Religionsgemeinschaften in der Bundesrepublik Deutschland zudem ein Selbstbestimmungsrecht in ihren eigenen Angelegenheiten garantiert. Dazu gehört auch die Freiheit, sich nach eigenen Werten zu organisieren und Mitarbeitende auszuwählen.

"Die Diakonie muss die Gestaltungsmöglichkeit haben, sich als Diakonie aufstellen zu können", sagt Präsident Lilie: "Wir brauchen Klarheit darüber, dass unser Recht auf Selbstbestimmung nicht durch EU-Recht ausgehöhlt wird."

EuGH und BAG haben den Religionsgemeinschaften und ihren Einrichtungen zwar das Recht zugestanden, selbst ihr "religiöses Ethos" festzulegen. Die Prüfung darüber, wie das "religiöse Ethos" sich auf konkrete Personaleinstellungen auswirkt, soll aber von staatlichen Gerichten bis ins Detail geprüft werden können. "Der EuGH - und ihm folgend das BAG - brechen mit den Schutzinstrumenten staatlicher Säkularität", sagt Präsident Lilie. "Mit unserer Verfassungsklage wenden wir uns dagegen, dass theologische Kernfragen von Juristen entschieden werden."

"Gerade in einer immer vielfältiger werdenden Gesellschaft müssen wir im Rahmen der für alle geltenden Gesetze sicherstellen können, dass die von der Verfassung gewollten Frei- und Handlungsspielräume von Religionsgemeinschaften erhalten bleiben" sagt der Diakonie-Präsident. "Nur so können wir unseren gemeinwohlorientierten und gemeinnützigen Beitrag zur Gestaltung der Gesellschaft und des Zusammenhalts erhalten."

Zum konkreten Fall:
Im Jahr 2013 war im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung e. V. eine Bewerberin für eine Referententätigkeit aufgrund mangelnder fachlicher Voraussetzungen nicht für ein Vorstellungsgespräch berücksichtigt worden. Ihre fehlende Kirchenzugehörigkeit war für diese Entscheidung von zweitrangiger Bedeutung. Für die Stelle wurde ein Bewerber ausgewählt, der die erforderlichen fachlichen Voraussetzungen erfüllte. Zudem gehörte er einer christlichen Kirche an. Das Stellenprofil für eine befristete wissenschaftliche Referententätigkeit im Rahmen einer Kooperation mit diversen zivilgesellschaftlichen Gruppierungen zur Erstellung eines Berichts zur Antirassismus-Konvention der Vereinten Nationen setzte dies voraus. Eine christliche Perspektive zur Beurteilung der Konvention war für die Diakonie unabdingbar.

Für Rückfragen und weitere Informationen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.
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Quelle: Pressemitteilung vom 19.03.2019
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