BGH: Zum Unterhaltsbedarf

Arbeits- und Arbeitsschutzrecht, Allgemeine Rechtskunde (einschließlich Staatsrecht), Zivilrecht (z.B. Erbrecht)

Moderator: WernerSchell

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Lutz Barth
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BGH: Zum Unterhaltsbedarf

Beitrag von Lutz Barth » 20.12.2012, 08:20

BGH: Zum Unterhaltsbedarf eines im Pflegeheim untergebrachten Elternteils

BGH, Urt. v. 21.11.12 (Az. XII ZR 150/10)

Der Unterhaltsbedarf eines im Pflegeheim untergebrachten Elternteils richtet sich regelmäßig nach den notwendigen Heimkosten zuzüglich eines Barbetrags für die Bedürfnisse des täglichen Lebens. Ist der Elternteil im Alter sozialhilfebedürftig geworden, beschränkt sich sein angemessener Lebensbedarf in der Regel auf das Existenzminimum und damit verbunden auf eine - dem Unterhaltsberechtigten zumutbare - einfache und kostengünstige Heimunterbringung (im Anschluss an Senatsurteil vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860).
• Dem Unterhaltspflichtigen obliegt es in der Regel, die Notwendigkeit der Heimkosten substantiiert zu bestreiten (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 152, 217 = FamRZ 2002, 1698). Kommt er dem nach, trifft die Beweislast den Unterhaltsberechtigten und im Fall des sozial-hilferechtlichen Anspruchsübergangs den Sozialhilfeträger (im Anschluss an Senatsurteil vom 27. November 2002 - XII ZR 295/00 - FamRZ 2003, 444).
• Ausnahmsweise können auch höhere als die notwendigen Kosten als Unterhaltsbedarf geltend gemacht werden, wenn dem Elternteil die Wahl einer kostengünstigeren Heimunterbringung im Einzelfall nicht zumutbar war. Zudem kann sich der Einwand des Unterhalts-pflichtigen, es habe eine kostengünstigere Unterbringungsmöglichkeit bestanden, im Einzelfall als treuwidrig erweisen.
• Verwertbares Vermögen eines Unterhaltspflichtigen, der selbst bereits die Regelaltersgrenze erreicht hat, kann in der Weise für den Elternunterhalt eingesetzt werden, als dieses in eine an der statistischen Lebenserwartung des Unterhaltspflichtigen orientierte Monatsrente umgerechnet und dessen Leistungsfähigkeit aufgrund des so ermittelten (Gesamt-)Einkommens nach den für den Einkommenseinsatz geltenden Grundsätzen bemessen wird.


Quelle: BGH, Entscheidungsdatenbank; die Entscheidung kann auf dem nachfolgenden Link im Volltext nachgelesen werden >>> http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... 11&anz=614 <<< (pdf.)
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WernerSchell
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Wenn Eltern ins Heim müssen

Beitrag von WernerSchell » 31.03.2013, 06:47

Aus Forum
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Analyse
Wenn Eltern ins Heim müssen
VON ANTJE HÖNING UND EVA QUADBECK - zuletzt aktualisiert: 30.03.2013
Düsseldorf (RP). Plätze im Pflegeheim sind teuer. Bevor das Sozialamt einspringt, bittet es häufig Kinder und Ehepartner zur Kasse.
Unter Umständen müssen sie sogar Immobilien verkaufen. Das wollen Pflegepolitiker nun ändern.
... (mehr) ... http://nachrichten.rp-online.de/politik ... -1.3292394

Landgericht Düsseldorf:
Klage der Stadt Düsseldorf auf Übernahme
von Heimkosten derzeit erfolglos

viewtopic.php?t=18762

Siehe auch Buchtipp:
Stiftung Warentest - Katharina Henrich, Aline Klett (Autoren):
Eltern
unterstützen, pflegen, versorgen

Mit den Änderungen der Pflegereform 2013
viewtopic.php?t=18290
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Elternunterhalt bei einseitigem Kontaktabbruch ...

Beitrag von Presse » 12.02.2014, 09:49

Keine Verwirkung des Anspruchs auf Elternunterhalt bei einseitigem Kontaktabbruch des Unterhaltsberechtigten gegenüber seinem volljährigen Sohn

Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein vom Unterhaltsberechtigten ausgehender einseitiger Kontaktabbruch gegenüber seinem volljährigen Sohn für eine Verwirkung seines Anspruchs auf Elternunterhalt allein regelmäßig nicht ausreicht.

Die Antragstellerin, die Freie Hansestadt Bremen, verlangt von dem Antragsgegner aus übergegangenem Recht Elternunterhalt. Die Eltern des 1953 geborenen Antragsgegners trennten sich 1971; ihre Ehe wurde noch im selben Jahr geschieden. Der Antragsgegner verblieb im Haushalt seiner Mutter und hatte anfangs noch einen losen Kontakt zu seinem Vater. Nach Erreichen des Abiturs im Jahr 1972 brach der Kontakt des volljährigen Sohnes zu seinem 1923 geborenen Vater ab. Dieser bestritt seinen Lebensunterhalt als Rentner aus den Erträgen einer Lebensversicherung sowie einer geringen Altersrente. 1998 errichtete er ein notarielles Testament, in dem er seine Bekannte zur Erbin einsetzte. Zudem bestimmte er, dass der Antragsgegner nur den "strengsten Pflichtteil" erhalten solle. Erläuternd führte der Vater in dem Testament aus, dass zu seinem Sohn seit rund 27 Jahren kein Kontakt mehr bestehe. Im April 2008 verzog der Vater in eine Heimeinrichtung; er starb im Februar 2012. Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner im Hinblick auf die seinem Vater in der Zeit von Februar 2009 bis Januar 2012 nach dem Sozialgesetzbuch erbachten Leistungen auf Zahlung eines Gesamtbetrages von 9.022,75 € in Anspruch.

Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht den Antrag zurückgewiesen, weil der Anspruch auf Elternunterhalt verwirkt sei. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

Der Bundesgerichtshof hat den Beschluss des Oberlandesgerichts auf die Rechtsbeschwerde aufgehoben, die Beschwerde zurückgewiesen und damit die amtsgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt. Der – zur Höhe unstreitige - Anspruch auf Elternunterhalt war trotz des Kontaktabbruchs zu dem volljährigen Sohn nicht nach § 1611 Abs. 1 BGB* verwirkt.

Ein vom unterhaltsberechtigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch stellt wegen der darin liegenden Verletzung der sich aus § 1618 a BGB ergebenden Pflicht zu Beistand und Rücksicht zwar regelmäßig eine Verfehlung dar. Sie führt aber nur bei Vorliegen weiterer Umstände, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB erscheinen lassen, zur Verwirkung des Elternunterhalts. Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht festgestellt. Zwar mag der Vater durch sein Verhalten das familiäre Band zu seinem volljährigen Sohn aufgekündigt haben. Andererseits hat er sich in den ersten 18 Lebensjahren seines Sohnes um diesen gekümmert. Er hat daher gerade in der Lebensphase, in der regelmäßig eine besonders intensive elterliche Fürsorge erforderlich ist, seinen Elternpflichten im Wesentlichen genügt. Die Errichtung des Testaments selbst stellt keine Verfehlung dar, weil der Vater insoweit lediglich von seinem Recht auf Testierfreiheit Gebrauch gemacht hat.

Beschluss vom 12. Februar 2014 – XII ZB 607/12
AG Delmenhorst – Beschluss vom 27. März 2012 – 22 F 125/11 UK
OLG Oldenburg Beschluss vom 25. Oktober 2012 – 14 UF 80/12
FamRZ 2013, 1051


* § 1611 Abs. 1 BGB
Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle Nr. 027/2014 vom 12.02.2014
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
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Elternunterhalt - Kinder haften für ihre Eltern

Beitrag von WernerSchell » 01.06.2014, 07:12

Elternunterhalt - Kinder haften für ihre Eltern - auch für die Schwiegermutter?
> viewtopic.php?f=5&t=20124 bzw.
http://www.daserste.de/information/ratg ... 0-118.html
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Elternunterhalt: Kinder müssen im Zweifel ihr Vermögen nutze

Beitrag von Presse » 28.07.2014, 10:37

Elternunterhalt: Kinder müssen im Zweifel ihr Vermögen nutzen
Auch Eltern können zu einer finanziellen Belastung werden. Wenn sie im Alter die Kosten für ihre Pflege nicht mehr aufbringen können,
müssen die Nachkommen einspringen. Allerdings gibt es dabei Grenzen.
Quelle: Westfälische Nachrichten
http://www.wn.de/Welt/Wirtschaft/166436 ... gen-nutzen

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