Pflegebedarf & Pflegegeld bei Kindern

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Moderator: WernerSchell

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Gast

Pflegebedarf & Pflegegeld bei Kindern

Beitrag von Gast » 06.12.2004, 08:54

Raten Sie Eltern, gegen ablehnende Bescheide juristisch vorzugehen
Mukoviszidose-Kinder: Wann es Pflegegeld gibt

von Birgit Matejka
     
Unter bestimmten Voraussetzungen haben Eltern eines an Mukoviszidose erkrankten Kindes Anspruch auf Pflegegeld. Hilfreiche Tipps, was bei der Antragsstellung zu beachten ist.

05.12.03 - „Ich helfe meinem Kind viermal am Tag beim Inhalieren, fahre es einmal pro Woche zur Physiotherapie und führe zu Hause die Atemtherapie durch. Kann ich dafür Pflegegeld beantragen?“ Mit dieser Frage richtete sich eine verunsicherte Mutter während einer Diskussionsrunde im Rahmen des Mukoviszidose-Workshops an Anja Bollmann. Die Juristin vertritt die Interessen von Mukoviszidose-Patienten und deren Angehörigen.

Sie weiß, so wie dieser Mutter geht es vielen Eltern, die sich plötzlich mit der Diagnose Mukoviszidose auseinandersetzen müssen und auf die enorme zeitliche und finanzielle Belastungen zukommen. Und sie weiß auch, dass der Erstantrag auf finanzielle Unterstützung in Form von Pflegegeld oft abge-schmettert wird. Bollmann erfährt bei ihrer täglichen Arbeit immer wieder, dass viele Eltern nicht ausreichend informiert sind. Das beginnt schon damit, dass sie nicht wissen, welche Leistungen überhaupt als Pflege angerechnet werden.

Mangelnde Kompetenz bei Bearbeitern und Gutachtern

Bei den Sachbearbeitern der Kassen und den ärztlichen Gutachtern des medizinischen Dienstes, die vor Ort prüfen, ob und in welchem Maß Pflegebedürftigkeit vorliegt, bemängelt sie hingegen fehlendes Wissen um das Krankheitsbild der Mukoviszidose. Offensichtliche Verschlech-terungen des Krankheitsverlaufswerden, wie Bollmann betont, übergangen und Einzelfälle zu wenig geprüft.

„So musste ich in einem Gutachten lesen, dass ein dreijähriges Kind in der Lage war allein auf die Toilette zu gehen, nach der Darmentleerung die Stuhlkonsistenz zu beurteilen und die Enzymeinnahme danach auszurichten,“ berichtet Bollman von ihren Erfahrungen. Die Beantragung des Pflegegeldes sollte nach Absprache und Abstimmung mit dem Ambulanzarzt und - falls vorhanden - dem Sozialberater der CF-Ambulanz erfolgen.
Wird ein Antrag abgelehnt, können die Eltern innerhalb von vier Wochen Einspruch erheben. Für die Pflegestufe I ist ein durchschnittlicher Zeitaufwand von 90 Minuten erforderlich. Davon müssen mindestens 45 Minuten auf die Grundpflege entfallen, die Hilfe im Bereich der Atmung, der Körperpflege und der Ernährung umfasst. Für die restliche Zeit können Tätigkeiten im Rahmen der hauswirtschaftlichen Versorgung angerechnet werden.

Bei Kindern ist die Zeit abzuziehen, die auch für die Versorgung eines gleichaltrigen gesunden Kindes erforderlich wäre. „Während die hauswirtschaftliche Pflege von den gesetzlichen Krankenkassen fast immer anerkannt wird, gibt es bei der Grundversorgung häufig Probleme,“ berichtet Bollmann. Hier seien die täglichen unterstützenden Maßnahmen, wie Hilfe beim Abhusten und die Überwachung der Nahrungsaufnahme meist schon so sehr zur Routine geworden, dass viele Betroffene sie gar nicht mehr für erwähnenswert hielten. Die Juristin hat die Erfahrung gemacht, dass die Gutachter und Sachbearbeiter hier nur selten gezielt nachfragen, so dass viele Verrichtungen unter den Tisch fallen.

Nicht von Paragrafen abschrecken lassen

Auch den behandelnden Arzt fordert Bollmann auf, sich mit dieser Pro-blematik auseinanderzusetzen. Sie warnt jedoch: „Er sollte nicht versuchen die Eltern selbst zu beraten, denn als Mediziner sieht er manches anders als die Juristen. Er kann sie statt dessen an einen Rechtsanwalt verweisen, der sich im Bereich Mukoviszidose auskennt.“ Im Idealfall hat der Arzt schon Informationsbroschüren in der Schublade, die er den Eltern mit auf den Weg gibt.
„Es ist aus meiner Sicht wichtig, dass der Arzt die Eltern seiner Mukoviszidose-Patienten ermutigt, sich nicht von Paragrafen kleinkriegen zu lassen und auch mal gegen eine Ablehnung zu klagen.“

Quelle: Ärztliche Praxis, 5.12.2003    
http://www.aerztlichepraxis.de/aktuell/ ... e/atemwege

Gast

Verhinderung einer übermäßigen Nahrungsaufnahme

Beitrag von Gast » 26.08.2005, 15:31

Sozialgericht Münster: Verhinderung einer übermäßigen Nahrungsaufnahme als Pflegebedarf

Die Gewährung von Pflegegeld aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I setzt voraus, dass der Pflegebedürftige einen Gesamtpflegebedarf von 90 Minuten pro Tag hat, wobei mehr als 45 Minuten auf den Hilfebedarf für die im Gesetz ausdrücklich genannten Verrichtungen im Bereich der Grundpflege entfallen müssen. Zu diesen Verrichtungen zählen u.a. das mundgerechte Zubereiten und die Aufnahme der Nahrung. Nach dem rechtskräftigen Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.06.2004 (Az.: S 6 P 212/02) ist bei einem 10-jährigen Kind, das wegen einer geistigen Behinderung an einem krankhaften Esszwang leidet, der Zeitaufwand für die Beaufsichtigung und Anleitung des Kindes zur Verhinderung einer ungehemmten Nahrungsaufnahme als Pflegebedarf zu berücksichtigen. Zur Nahrungsaufnahme zähle - so das Gericht - auch die Fähigkeit, Speisen sachgerecht auszuwählen, gesunde Essgewohnheiten zu pflegen sowie das Essen und Trinken erhährungsphysiologisch sinnvoll zu dosieren. Mit ihrer Entscheidung ist die 6. Kammer von einem Urteil des Bundessozialgerichts aus dem Jahre 2001 abgewichen. Das Bundessozialgericht hatte seine Entscheidung damit begründet, die Aufsicht zur Verhinderung der Nahrungsaufnahme könne schon nach dem Gesetzeswortlaut keine Hilfe bei der Nahrungsaufnahme sein.

Quelle: http://www.jm.nrw.de/IndexSeite/Presse/ ... _2004.html

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