Pflegenotstand und Patientengefährdungen - Der Handlungsdruck nimmt zu!

Gesundheitswesen, Krankenhaus- und Heimwesen, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, Arzneimittel- und Lebensmittelwesen, Infektionsschutzrecht, Sozialrecht (z.B. Krankenversicherung, Pflegeversicherung) einschl. Sozialhilfe und private Versorgung

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Pflegenotstand und Patientengefährdungen - Der Handlungsdruck nimmt zu!

Beitrag von WernerSchell » 14.01.2020, 18:19

Bild Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss

www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

Pressemitteilung vom 02.01.2020

Pflegenotstand und Patientengefährdungen - Der Handlungsdruck nimmt zu!

Die Stellenbesetzungsprobleme bei der Pflege im Krankenhaus haben nach dem "Krankenhaus Barometer 2019" des Deutschen Krankenhausinstituts e.V., vorgestellt am 27.12.2019, dramatisch zugenommen. Aktuell haben jeweils drei Viertel der Krankenhäuser Probleme, offene Stellen in der Intensivpflege und auf den Allgemeinstationen zu besetzen. Bundesweit sind rund 17.000 Pflegestellen vakant. 1)

Werner Schell, Vorstand von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk, nimmt anlässlich dieser Veröffentlichung wie folgt Stellung:


Seit Jahrzehnten gibt es in regelmäßigen Abständen das Gesundheits- und Pflegesystem betreffende Mängelberichte. Die Liste der Patientengefährdungen wird immer länger!

Allein im Forum von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk sind unter dem Titel "Arbeitsbedingungen im Altenheim: Der Pflegenotstand ist das zentrale Problem" 175 Beiträge - meist mit weiteren Verweisungen – sind nachlesbar. 2) In einer Pressemitteilung vom 28.08.2008 wurde bereits eine notwendige Personalverstärkung in einer Größenordnung von mindestens 20% genannt. Mittlerweile gibt es gute Gründe anzunehmen, dass mit Blick auf die zukünftige Versorgungserfordernisse eine Stellenausweitung von 30% nicht unrealistisch ist.

Es ist nach all dem deutlich, dass seit vielen Jahren immer wieder auf die personelle Notlage im Pflegesystem aufmerksam gemacht und konkrete Reformvorschläge unterbreitet worden sind. Es kann sich niemand auf Unwissenheit berufen!

Von hier wurde z.B. für den Pflegetreff am 14.05.2014 ein umfängliches Statement (85 Seiten!) mit allen erforderlichen Hinweisen vorgelegt und dem damals zuständigen Bundesgesundheitsminister beim Neusser Pflegetreff übergeben. 3) Das Statement konnte dann anschließend im Bundesgesundheitsministerium erläutert werden. Weitere Eingaben und Statements folgten.

Beim Pflegetreff am 21.10.2015 wurden alle Aspekte einer Pflegereform nochmals erörtert. Mein damals vorgetragenes Statement wurde u.a. in einem gesonderten Filmbeitrag dokumentiert. 4) Die wesentlichen Aussagen (am 21.10.2015):
- Mehr Pflegepersonal - jetzt und nicht später!
- Mehr Zeit für Zuwendung und Pflege ermöglichen.
- Der im PSG II vorgesehene § 113c SGB XI, der ein Personalbemessungssystem anspricht, reicht nicht!
- Mängel müssen abgestellt werden, auch im Hinblick auf den Einsatz der Betreuungskräfte nach § 87b SGB XI.

In einer Pressemitteilung vom 21.11.2016 wurde ausgeführt, dass die demografische Entwicklung mit der rapide zunehmenden Zahl pflegebedürftiger Menschen vielfältige Hilfe- und Unterstützungsstrukturen erfordert. Das alles wurde durch weitere Zuschriften präzisiert! 5)


Fazit: Seit vielen Jahren ist der Pflegenotstand mit all seinen negativen Folgen bekannt. Angesichts der demografischen Entwicklung war auch klar, dass die Probleme bei Untätigkeit zunehmen würden.

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Die politischen Entscheidungsträger haben aber die gemachten Vorschläge in den entscheidenden Punkten nicht aufgegriffen und bezüglich der gebotenen Ausstattung der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen mit Pflegefachkräften versagt. 6) Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat deshalb auch gefragt, wann sich endlich einmal ein Politiker für die Fehlentwicklungen entschuldigt. 7)

Es ist nach wie vor dringend geboten, die Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte neu zu gestalten. Erforderlich sind u.a.: Deutlich verbesserte Stellenschlüssel, höhere Vergütungen, geeignetes Führungspersonal … Eine Ausweitung der Ausbildung ist ebenfalls wichtig. Aber, es muss darauf geachtet werden, dass geeignete BewerberInnen eingestellt werden. Es wird bereits berichtet, dass Personen in die Ausbildung übernommen werden, die man früher nicht einmal zu einem Bewerbergespräch eingeladen hätte. Die Abbrecherquote ist hoch.

Die Anwerbung von Pflegekräften im europäischen oder außereuropäischen Ausland kann in Einzelfällen hilfreich sein. Die Auflösung des Pflegenotstandes ist damit aber nie und nimmer zu erreichen. Ausländische Dienstkräfte haben oft nicht das Ausbildungsniveau, wie es in Deutschland verlangt wird. Im Übrigen mangelt es meist an ausreichenden Sprachkenntnissen, so dass eine angemessene Pflege und Betreuung der - zunehmend - demenzkranken Menschen nicht gewährleistet werden kann. Zu berücksichtigen ist auch, dass nicht wenige aus dem Ausland angeworbene Pflegekräfte Deutschland schnell wieder verlassen. Dies v.a. dann, wenn sie erkennen, dass hier unter unzumutbaren Arbeitsbedingungen gepflegt werden muss. Zuwanderern mit dem Versprechen, auf Dauer hier bleiben zu können, eine Tätigkeit in der Pflege nahe zu legen, ist im Übrigen völlig inakzeptabel.

Politik und Pflegebranche müssen auf einheimische Kräfte setzen; vorausgesetzt, die Arbeitsbedingungen und Vergütungen werden verbessert. So können auch ausgebildete Pflegende zurückgewonnen werden, die ihre Arbeitszeiten wegen der angespannten Arbeitsbedingungen verringert haben oder ganz aus dem Beruf ausgestiegen ("geflüchtet") sind.

Gute Pflege ist nicht mit unzureichenden Einzelmaßnahmen und "warmen Worten" gestaltbar. Für die stationäre Pflege sind dringend bedarfsgerechte Personalbemessungssysteme und höhere Vergütungen nötig. Die ambulante Pflege muss ebenfalls deutlich mehr Unterstützung erfahren, v.a. durch kommunale Quartiershilfen mit präventiven Hausbesuchen bzw. Lotsenpunkthilfen (= Entlastung der pflegenden Angehörigen). Damit alles passt, muss ein wirkungsvolles Maßnahmebündel in der Gestalt eines "Masterplans Pflege" her. Und dafür muss viel Geld in die Hand genommen werden. Das müssen uns die pflegebedürftigen Menschen wert sein. 8 )

Der nächste (32.) Neusser Pflegetreff wird am 06.05.2020 stattfinden und folgerichtig die aktuellen Pflegethemen erörtern. Es wird dann v.a. darum gehen zu verdeutlichen, was bei der ambulanten und stationären Pflege dringend verbessert werden muss. - Als Podiumsgäste werden u.a. vor Ort sein: Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW, Prof. Dr. Tanja Segmüller (Alterswissenschaftlerin) und Prof. Dr. Stefan Sell (Sozialwissenschaftler). Moderation: Regina Schmidt-Zadel, MdB a.D., Vorsitzende der Landes-Alzheimer-Gesellschaft NRW. Ein Grußwort wird Ralf Hörsken, Beigeordneter und Sozialdezernent der Stadt Neuss, sprechen. - Für die weitere Planung der Veranstaltung werden Vorschläge zu den Themen gerne entgegen genommen. 9)

Die Statements und Diskussionen beim Pflegetreff werden sich u.a. an dem auszurichten haben, was in der "Pflege-Charta" ausgeführt ist; z.B.: "Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Hilfe zur Selbsthilfe sowie auf Unterstützung, um ein möglichst selbstbestimmtes und selbstständiges Leben führen zu können." 10) (Quelle: Artikel 1 Pflege-Charta > ). Dieses Recht auf Selbsthilfe und Unterstützung muss für die ambulante UND stationäre Versorgung gelten. Um dies zu gewährleisten, sind kommunale Quartiershilfen und deutlich verbesserte Personalbemessungssysteme in den Heimen dringend geboten! Gute Pflege - Rahmenbedingungen sind unabdingbare Voraussetzung für die Gewährleistung einer würdevollen Pflege. 11)


Die Finanz- und Sozialpolitik erfordert mehr Weitsicht und Nachhaltigkeit - JETZT!

Es gilt im Übrigen zu beachten, dass die Erwerbsbevölkerung in Deutschland in den nächsten Jahrzehnten mit negativen Folgen für das Wirtschaftswachstum und die durchschnittlichen Einkommen stark altern und schrumpfen wird (Quelle: Studie der Bertelsmann Stiftung, vorgestellt am 13.12.2019). 12) Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat mit Blick auf die erwartbare Entwicklung bereits mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass zahlreiche ausgabenwirksame Gesetze der Groko die nachrückenden Generationen unzumutbar belasten werden. Die Generationengerechtigkeit hätte mehr Zurückhaltung und Weitsicht erfordert. So müssen z.B. die "Baby-Boomer" erhebliche Leistungseinschränkungen (v.a. bei den Ansprüchen aus dem Renten- und Pflegeversicherungsrecht) befürchten. Zu dieser Thematik hat sich auch Eva Quadbeck in einem Statement zum Jahreswechsel in der Rheinischen Post am 13.12.2019 wie folgt geäußert: "In der nächsten Dekade gehen die in den 60er Jahren geborenen Babyboomer in Rente. Die Lebenserwartung dürfte weiter steigen, und die Zahl der Pflegefälle und Demenzkranken wird auch noch einmal deutlich wachsen. Während die jungen Menschen in der Klimapolitik Nachhaltigkeit einfordern, ist das für sie bei der Finanz- und Sozialpolitik bisher noch kein großes Thema. Wird es aber werden - wenn Steuern und Abgaben für die Versorgung einer wachsenden Senioren-Generation steigen müssen."

Werner Schell
Mitglied im Verband der Medizin- und Wissenschaftsjournalisten e. V. 13)
Infos auch bei Facebook und Zwitter 14)


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Fußnoten:
1) Internetquelle: viewtopic.php?f=4&t=23498
2) Internetquelle: viewtopic.php?f=5&t=16644#p63027
3) Internetquelle: http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... se2014.pdf
4) Internetquelle: https://youtu.be/qbyHRxX9ikk
5) Internetquellen: viewtopic.php?f=4&t=21865 bzw. viewtopic.php?f=3&t=21218 sowie Stel-lungnahme zum PpSG vom 06.07.2018 > http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... 072018.pdf - anschließender "Brandbrief" vom 20.08.2018 > viewtopic.php?f=4&t=22801 und Statement für den Pflegetreff am 17.04.2019 > viewtopic.php?f=7&t=22968 - Zuschrift an das BMG u.a. vom 17.07.2019 > viewtopic.php?f=4&t=23300
6) viewtopic.php?f=4&t=23479&p=111609
7) viewtopic.php?f=4&t=22742
8 ) Internetquellen: viewtopic.php?f=4&t=22697&p=110002#p110002 bzw. viewtopic.php?f=3&t=23283 bzw. viewtopic.php?f=4&t=23300
9) Internetquelle: viewtopic.php?f=7&t=23481 (ständige Aktualisierung).
10) Internetquelle: https://www.wege-zur-pflege.de/pflege-charta.html
11) Internetquelle: viewtopic.php?f=2&t=22543&p=108230#p108230
12) viewtopic.php?f=4&t=23489
13) Internetquelle: http://www.medizinjournalisten.de/
14) Internetquellen: https://www.facebook.com/werner.schell.7 bzw. https://twitter.com/SchellWerner
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Pflegenotstand und Patientengefährdungen - Der Handlungsdruck nimmt zu!

Beitrag von WernerSchell » 06.02.2020, 07:25

Angemessene Personalbemessungssysteme sind für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen zwingend geboten. Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat darauf seit vielen Jahren aufmerksam gemacht und den Personal-Aufstockungsbedarf mit rund 20% eingeschätzt. Die politisch Verantwortlichen sind angesichts der Pflegemängel und der damit verbundenen Patientengefährdungen gefordert - JETZT!

"Mehr Personal = bessere Pflege" - so titelte die NGZ /RP in einem Bericht vom 11.08.2010 (> http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... pflege.php bzw. viewtopic.php?f=4&t=14568&p=53884#p53884). Bei dem damals mit mir geführten Interview führte ich u.a. aus, dass eine Personalaufstockung von rund 20% geboten sei. Leider hat es aber bis heute keine Pflegereform geschafft, den Pflegenotstand aufzulösen. Im Gegenteil: Die Liste der Besorgnisse und Pflegemängel wird immer länger. In einer Pressemitteilung vom 02.01.2020 wurde das Thema "Pflegenotstand und Patientengefährdungen" erneut mit deutlichen Formulierungen aufgegriffen (> viewtopic.php?f=4&t=23500 ). Es gibt einen immensen Handlungsdruck! Selbst Jens Spahn sieht ernsthafte Probleme wegen des Pflegekräftemangels (> viewtopic.php?f=4&t=22696&p=111931#p111931 ).

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der Deutsche Pflegerat (DPR) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) haben am 14.01.2020 in einer gemeinsamen Pressekonferenz ein Instrument zur verbindlichen Bemessung des notwendigen Pflegepersonalbedarfs und der Pflegepersonalausstattung der Öffentlichkeit präsentiert. Bereits am 13.01.2020 hatten die beteiligten Verbände das sogenannte Pflegepersonalbedarfsbemessungsinstrument dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) fristgemäß vorgestellt. Es ist zu hoffen, dass das vorgelegte Pflegepersonalbedarfsbemessungsinstruments PPR 2.0 alsbald umgesetzt wird. Ein Instrument zur Bestimmung einer angemessenen Personalausstattung ist überfällig ( >viewtopic.php?f=4&t=22697&p=111942#p111942 bzw. viewtopic.php?f=4&t=22697&p=111943#p111943 bzw. viewtopic.php?f=4&t=22697&p=111944#p111944 ).

Care Klima-Index 2019: Die Pflegerische Versorgung ist aber nicht gesichert. So lautet das Statement des Deutsches Pflegerat vom 14.01.2020. Er fordert deutlich höhere Investitionen in die pflegerische Versorgung. Der DBfK sieht ebenmfalls noch kein Silberstreif am Horizont (> viewtopic.php?f=3&t=23015&p=111940#p111940 bzw. viewtopic.php?f=3&t=23015&p=111941#p111941 )

Nach all dem ist es folgerichtig, beim Neusser Pflegetreff am 06.05.2020 die aktuellen pflegepolitischen Handlungserfordernisse erneut aufgreifen und entsprechende Reformmaßnahmen einzufordern (> viewtopic.php?f=7&t=23481 ). Alle, die im Jahr vor der nächsten Bundestagswahl mit für mehr Druck sorgen wollen, sind zur Unterstützung der hiesigen Aktivitäten ermuntert! -

Werner Schell


Zeitungsbericht vom 11.08.2010:

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Der Personalmehrbedarf in den stationären Pflegeeinrichtungen ist erheblich

Beitrag von WernerSchell » 07.02.2020, 08:45

Aus Forum:
viewtopic.php?f=3&t=23544

Der Personalmehrbedarf in den stationären Pflegeeinrichtungen ist erheblich - dies verdeutlicht eine Studie von Prof. Heinz Rothgang - Das Personalbemessungssystem für die Pflegeeinrichtungen muss endlich auskömmlich gestaltet werden!

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§ 113c SGB XI hatte vorgegeben, den Personalbedarf in einem Gutachten darzustellen. Dieses Gutachten ist nun laut Medienberichte vorgelegt worden. Offensichtlich hat das Bundesgesundheitsministerium angesichts des enormen Mehrbedarfs - von rd. 30% ist die Rede - zunächst Geheimhaltung angeordnet! Dazu gab es eine Veröffentlichung, mit der auf das Gutachten verwiesen wurde > > https://www.rnd.de/politik/eigenanteile ... Kl4AjwYOP4

Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat seit über 10 Jahren dutzendfach angemessene Personalbemessungssysteme gefordert (siehe z.B. > http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... eilung.php ) und für den Neusser Pflegetreff am 13.05.2014 mit dem damaligen Gesundheitsminister Hermann Gröhe ein umfangreiches Statement vorgelegt > http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... se2014.pdf Dieses Papier, das sich mit den Aspekten des Pflegenotstandes befasste, konnte ich im Juli 2014 mit einer Pflegedirektorin (auch zuständig für ein Pflegeheim) im Bundesgesundheitsministerium mit Leitungskräften näher besprechen. Wir fanden weitgehend offene Ohren. Dieses Gespräch hat mutmaßlich zur Gestaltung des § 113c SGB XI beigetragen. Es gab danach weitere Gespräche mit Hermann Gröhe. Ich habe ihn daraufhin erneut zum Pflegetreff am 21.10.2015 eingeladen. Es ging dabei v.a. um den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff. Natürlich wurde auch über den Pflegenotstand gesprochen. Dazu gibt es einen Auszug aus der Filmdokumentation > https://youtu.be/qbyHRxX9ikk Ich habe damals gegenüber dem Minister noch einmal klar Position bezogen.

Nun gibt es das Gutachten von Rothgang - und es scheint sich zu bestätigen, dass der zusätzliche Personalbedarf tatsächlich als bei rd. 30% liegend beschrieben wird. Dass man mit dieser Wahrheit nicht gerne herausrücken will, ist fast nachvollziehbar. Es bahnt sich nämlich eine grandiose Blamage für die Gesundheits- und Pflegepolitiker an; auch für Herrn Spahn, der ja jahrelang Mitglied im Gesundheitsausschuss war. Gleichwohl gehören die Fakten jetzt vollständig auf den Tisch, klar und deutlich. Und dann muss schnellstens reformiert werden. Der Deutsche Pflegerat hat das ja auch schon in einer aktuellen Pressemitteilung angesprochen (siehe weiter unten). Warum ist das Gutachten noch nicht komplett der Öffentlichkeit präsentiert worden?

Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat immer wieder auf den immensen Personalbedarf in den Heimen aufmerksam gemacht und in diesem Zusammenhang von einer gebotenen Steigerung in einer Größenordnung von 20% gesprochen. Entsprechende Reformen wurden eingefordert. Nun liegt das Rothgang-Gutachten vor - und wird geheim gehalten. Warum? - Es versteht sich, dass das Thema Personalmehrbedarf in den Heimen beim Pflegetreff am 06.05.2020 anzusprechen sein wird (> viewtopic.php?f=7&t=23481 ).


Siehe auch die Beiträge unter folgenden Adressen: > http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... 072018.pdf > viewtopic.php?f=4&t=22801 bzw. viewtopic.php?f=4&t=22886 > viewtopic.php?f=3&t=23508


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Pflege-Report 2019 pp 147-157| Cite as
Personalbemessung in der Langzeitpflege


Zusammenfassung
Die Personalausstattung in deutschen Pflegeheimen wird durchgängig als zu niedrig beschrieben und hat zahlreichen Studien zufolge entsprechende Auswirkungen auf die Versorgungsqualität, den Zustand der Pflegekräfte und deren Verbleib im Beruf. Nach einigen gescheiterten Versuchen bietet der im Zweiten Pflegestärkungsgesetz in § 113c SGB XI verankerte Gesetzesauftrag nunmehr die Chance auf Einführung eines bundeseinheitlichen Personalbemessungsverfahrens zur Sicherstellung einer Personalmenge und -struktur, die fachgerechte Pflege ohne permanente Überforderung der Pflegekräfte ermöglicht. Der Auftrag zur Entwicklung dieses Instruments ist nach einer europaweiten Ausschreibung an die Universität Bremen gegangen. Im vorliegenden Beitrag werden die dabei genutzte Konzeption und die Durchführung der Studie beschrieben und die erwartbaren Ergebnisse diskutiert.
> https://link.springer.com/chapter/10.10 ... 58935-9_11
> viewtopic.php?f=3&t=23325&p=109999&hili ... 19#p109999
> https://opus.ostfalia.de/frontdoor/deli ... ionaer.pdf
> https://www.rechtsdepesche.de/man-ist-s ... kt-werden/
> https://www.dip.de/fileadmin/data/pdf/p ... r_2018.pdf
> http://www.score-personal.de/pflegeschl ... tenpflege/
> https://www.vdek.com/magazin/ausgaben/2 ... ssung.html


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Bericht der taz vom 06.12.2019:
Pflege-Forschung aus Bremen
Der Personalmix macht's - Bremer Wissenschaftler haben den Personalbedarf in Pflegeheimen ermittelt. Zahlen verraten sie noch nicht, der Mehrbedarf sei aber „erheblich“.

BREMEN taz | Heinz Rothgang darf noch keine konkreten Zahlen nennen: Der Bericht zur Entwicklung eines Personalbemessungsverfahrens in Altenpflege-Einrichtungen werde erst im Januar abgenommen, sagte er am Mittwochabend in der Arbeitnehmerkammer – vorher dürfe er nichts verraten. Was er allerdings sagen konnte bei der Präsentation des bisherigen Standes seiner Studie: Deutschlandweit haben Altenpflegeheime einen „erheblichen Personalmehrbedarf.“
… (weiter lesen unter) … https://taz.de/Pflege-Forschung-aus-Bre ... 0biHwRzrrg


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PRESSEMELDUNG
Deutscher Pflegerat e.V. (DPR)
Bundesarbeitsgemeinschaft Pflege- und Hebammenwesen:
Berlin (6. Dezember 2019, Nr. 35/2019)


Länder setzen glaubwürdiges Signal für mehr Pflegepersonal in der Langzeitpflege
Neues Personalbemessungsverfahren wird die Kompetenzen der Pflegefachpersonen stärken


Der Deutsche Pflegerat begrüßt die Positionierung der Länder bei deren 96. Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) zur Einführung und Umsetzung eines Personalbemessungsverfahrens in der Langzeitpflege. Hierzu erklärt Franz Wagner, Präsident des Deutschen Pflegerats e.V. (DPR):
„Die Länder dringen darauf, dass die Einführung des Personalbemessungsverfahrens in stationären Pflegeeinrichtungen zügig umgesetzt wird. Das ist ein glaubwürdiges Signal zur dringend benötigten Entlastung der Profession Pflege und zur Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe.
Benötigt wird, wie bereits in der Konzertierten Aktion Pflege vereinbart, eine Roadmap, mit deren Hilfe die notwendigen Umsetzungsschritte deutlich sichtbar und mit einem Zeitplan versehen festgelegt werden. Von absoluter Priorität ist dabei, dass die Umsetzung des neuen Personalbemessungsverfahrens sofort startet.“
Franz Wagner: „Wir erwarten durch das neue Personalbemessungsverfahren für die stationäre Langzeitpflege einen deutlichen Stellenaufbau und dadurch eine spürbare Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitszufriedenheit vor Ort. Die Pflegefachpersonen müssen entlastet und ihre Fachlichkeit gestärkt werden. Auf der Basis einer bedarfsorientierten Personalausstattung könnten sie künftig, gezielter als dies heute der Fall ist, ihre in der Ausbildung erworbenen Fähigkeiten in der Praxis umsetzen.
Das notwendige Mehr an Personal wird am Arbeitsmarkt nicht sofort zur Verfügung stehen. Umso wichtiger ist es, dass von der Politik durch die Roadmap ein sofortiges, glaubwürdiges Signal für mehr Pflegepersonal und damit für die Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe ausgeht.
Die Umsetzung der Ergebnisse des Personalbemessungsverfahrens wird erwartungsgemäß zu erheblichen Mehrkosten in der stationären Langzeitpflege führen. Begleitet werden muss die Umsetzung daher durch eine Finanzreform der Pflegeversicherung, vor allem zur Vermeidung einer finanziellen Mehrbelastung der Betroffenen.“
Hintergrund:
Bis zum 30. Juni 2020 soll ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren zur einheitlichen Bemessung des Personals in Pflegeeinrichtungen nach qualitativen Verfahren und quantitativen Maßstäben entwickelt und erprobt werden. Die Arbeiten hierzu sind seit September 2019 abgeschlossen.
Ansprechpartner:
Dr. h.c. Franz Wagner
Präsident des Deutschen Pflegerats
Deutscher Pflegerat e.V. (DPR)
Bundesarbeitsgemeinschaft Pflege- und Hebammenwesen
Alt-Moabit 91, 10559 Berlin
Telefon: (0 30) 398 77 303
Telefax: (0 30) 398 77 304
E-Mail: presse@deutscher-pflegerat.de
Internet: www.deutscher-pflegerat.de


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Deutsches Ärzteblatt vom 06.02.2020:
Gutachten zur Personalbedarfs­messung in der Altenpflege liegt vor
Berlin – „Wir brauchen mehr Personal in der Altenpflege – und zwar erheblich viel mehr.“ So umschrieb Heinz Rothgang vom Socium Forschungszentrum an der Universität Bre­men das zentrale Ergebnis seines Gutachtens, mit dem er ein Instrument zur Messung des Personalbedarfs in der Altenpflege vorlegen sollte.
Das Gutachten werde zurzeit noch vom Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter­ium abgenommen, sagte Rothgang heute auf einem Symposium des japanischen und des deutschen Gesund­heitsministeriums in Berlin. Deshalb könne er noch keine Zahlen zum genauen Bedarf nennen. Ein zweites zentrales Ergebnis des Gutachtens sei aber, dass der Mehrbedarf bei den Pflege­fach­kräften nur relativ gering sei.
... (weiter lesen unter) ... > http://170770.eu1.cleverreach.com//c/32 ... 975-q5algn

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Angemessene Personalbemessungssysteme sind für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen zwingend geboten
>>> viewtopic.php?f=3&t=23508 >>> viewtopic.php?f=3&t=23529


Zeitungsbericht vom 11.08.2010:

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Wertschätzung für die Pflegeversorgung ...

Beitrag von WernerSchell » 09.09.2020, 16:31

>>>> Gesundheits- und Sozialexperten haben anlässlich einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages am 09.09.2020 mehr Wertschätzung für die Pflegeversorgung und eine bessere Bezahlung der Fachkräfte gefordert. U.a. wurde ausgeführt, dass sich Wertschätzung der Pflege dringend in besseren Arbeitsbedingungen und in tariflicher Bezahlung widerspiegeln müsse, etwa in der Altenpflege. Nötig sei auch mehr Personal. Im Übrigen wurde mehr Unterstützung für die pflegenden Angehörigen eingefordert. … >>> https://www.wernerschell.de/forum/neu/v ... 86#p115086
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Pflegenotstand und Patientengefährdungen - Der Handlungsdruck nimmt zu!

Beitrag von WernerSchell » 13.07.2022, 07:15

In einem Statement zum Thema "Pflegenotstand und Patientengefährdungen - Der Handlungsdruck nimmt zu!" vom 02.01.2020 > viewtopic.php?f=4&t=23500 habe ich bereits ausgeführt, dass die Finanz- und Sozialpolitik mehr Weitsicht und Nachhaltigkeit erfordert - JETZT! Dort wurde u.a. bemerkt:
• So müssen z.B. die "Baby-Boomer" erhebliche Leistungseinschränkungen (v.a. bei den Ansprüchen aus dem Renten- und Pflegeversicherungsrecht) befürchten. Zu dieser Thematik hat sich auch Eva Quadbeck in einem Statement zum Jahreswechsel in der Rheinischen Post am 13.12.2019 wie folgt geäußert: "In der nächsten Dekade gehen die in den 60er Jahren geborenen Babyboomer in Rente. Die Lebenserwartung dürfte weiter steigen, und die Zahl der Pflegefälle und Demenzkranken wird auch noch einmal deutlich wachsen. Während die jungen Menschen in der Klimapolitik Nachhaltigkeit einfordern, ist das für sie bei der Finanz- und Sozialpolitik bisher noch kein großes Thema. Wird es aber werden - wenn Steuern und Abgaben für die Versorgung einer wachsenden Senioren-Generation steigen müssen."
Es zeigt sich, dass die seinerzeit angesprochen Probleme unverändert fortbestehen und leider nicht erkennbar ist, dass die politisch Verantwortlichen geeignete Reformschritte formuliert bzw. eingeleitet haben. Man darf mehr als besorgt sein - auch angesichts der weiteren aktuellen Probleme (Klima, Krieg, Pandemie). Siehe auch > https://www.wernerschell.de/forum/2/vie ... ?f=5&t=498 - Werner Schell
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