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Diabetiker hat Anspruch auf langfristige Blutzuckermessung

Verfasst: 27.03.2019, 07:41
von WernerSchell
Diabetiker hat Anspruch auf langfristige Blutzuckermessung

Das LSG Darmstadt hat entschieden, dass in Ausnahmefällen die Blutzuckermessung als häusliche Krankenpflege auch bei konventioneller Insulintherapie und über längere Zeiträume verordnet werden kann.

Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28.02.2019 - L 8 KR 443/17 - Veröffentlichung 26.03.2019

Versicherte haben neben der ärztlichen Behandlung auch Anspruch auf häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn eine Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. Diese Krankenpflege, die auch die Blutzuckermessung umfasst, ist grundsätzlich auf die Erst- oder Neueinstellung des Diabetes oder eine sog. Intensivierte Insulintherapie beschränkt.
Im konkreten Fall litt der 1936 geborener Versicherte u.a. an Diabetes mellitus vom Typ 2. Die Insulin-Einstellung erfolgte bereits im Dezember 2009. Da der Versicherte Auffassungs- und Umstellungsschwierigkeiten hatte, verordnete sein Arzt die häusliche Krankenpflege in Form von Blutzuckermessungen und Insulin-Injektionen zweimal täglich sowie Herrichten der Medikamentengabe einmal wöchentlich über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr. Die Krankenkasse genehmigte die Insulin-Injektionen und das Richten der Medikamente. Die Kostenübernahme für die Blutzuckermessungen i.H.v. rund 3.400 Euro lehnte sie hingegen ab. Bei dem Versicherten läge weder eine Erst- oder Neueinstellung des Diabetes noch eine sog. Intensivierte Insulintherapie vor. Vielmehr handele es sich um routinemäßige Dauermessungen.
Das Sozialgericht hatte der Klage stattgegeben.

Das LSG Darmstadt hat die vorinstanzliche Entscheidung bestätigt.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts kann sind nach der Richtlinie für Häusliche Krankenpflege in begründeten Ausnahmefällen auch nicht im Leistungsverzeichnis aufgeführte Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege verordnungs- und genehmigungsfähig. Voraussetzung sei, dass sie als Bestandteil des ärztlichen Behandlungsplanes im Einzelfall erforderlich und wirtschaftlich seien und von geeigneten Pflegekräften erbracht werden sollen. Entgegen der Auffassung der Krankenkasse könnten daher Blutzuckermessungen auch dann verordnungsfähig sein, wenn es sich weder um eine Erst- oder Neueinstellung des Diabetes noch um eine sog. Intensivierte Insulintherapie handele.

Ein solcher Ausnahmefall liege bei dem Versicherten vor. Die Blutzuckerwerte hätten erheblich geschwankt, so dass es sich nicht um eine routinemäßige Dauermessung des Blutzuckerwertes gehandelt habe. Dem Versicherten sei deshalb nicht nach einem starren Schema, sondern nach dem jeweils aktuell ermittelten Blutzuckerwert das in der Dosis angepasste Kombinationsinsulin gespritzt worden. Den in seiner geistigen Leistungsfähigkeit eingeschränkten Versicherten und seine an Demenz leidende Ehefrau habe die täglich schwankende Insulingabe überfordert. Ohne die Kontrolle des Pflegedienstes hätte ein zu hohes Risiko für Blutzucker-Fehlmessungen und Insulin-Fehldosierungen bestanden.

Das LSG Darmstadt hat die Revision nicht zugelassen.

Quelle: Pressemitteilung des LSG Darmstadt Nr. 6/2019 v. 26.03.2019

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Kasse muss im Zweifel für Blutzuckermessung zu Hause zahlen
Nach einem Urteil muss eine Krankenkasse für eine häusliche Krankenpflege zahlen, die regelmäßig den Blutzuckerwert des Patienten überprüft. Das ist aber an Bedingungen gebunden.
In Ausnahmefällen haben Diabetiker Anspruch auf eine häusliche Krankenpflege, die regelmäßig den Blutzuckerwert überprüft. Zu diesem Urteil kommt das hessische Landessozialgericht in Darmstadt (AZ L 8 KR 443/17). Wie das Gericht mitteilte, hatte ein 82 Jahre alter Mann aus dem Main-Kinzig-Kreis, der unter Typ-2-Diabetes erkrankt ist, gegen seine Krankenkasse geklagt.
... (weiter lesen unter) ... https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/ ... 08853.html

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Ärzte Zeitung online, 27.03.2019
Blutzuckermessung
Kasse muss häusliche Pflege zahlen

KASSEL. Diabetes-Kranke können einen dauerhaften Anspruch auf häusliche Krankenpflege für Blutzuckermessungen haben. Voraussetzung ist, dass sie nicht in der Lage sind, die Messungen und die entsprechend dosierte Insulingabe selbst vorzunehmen, wie jetzt das Hessische Landessozialgericht entschied. Es gab damit einem über 80 Jahre alten Mann aus dem Main-Kinzig-Kreis recht. ... > http://ods-mailing.springer-sbm.com/d-r ... &tags=test