Pflegende Angehörige & Barreriefreiheit

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Pflegende Angehörige & Barreriefreiheit

Beitrag von Presse » 13.08.2011, 07:45

Programm zur Gesunderhaltung von pflegenden Angehörigen

In den Modellstädten Dortmund und Solingen ist ein engmaschiges Netz aus verschiedenen Hilfs- und Informationsmöglichkeiten entstanden

Pflegende Angehörige sind oft kränker als die von ihnen gepflegten Menschen. Oft geben sie ihr eigenes Leben fast gänzlich auf, sind durch die hohe Belastung ausgebrannt und erfahren wenig Unterstützung. Prof. Dr. Angelika Zegelin vom Department für Pflegewissenschaft der Universität Witten/Herdecke hat nun im Auftrag der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen ein umfassendes Programm konzipiert und wissenschaftlich begleitet, dass sich der Gesunderhaltung von pflegenden Angehörigen widmet.

In den Modellstädten Dortmund und Solingen ist in Zusammenarbeit mit Pflegediensten, Beratungsstellen, Arztpraxen, Apotheken, den Städten und Kirchen und anderen an der Pflege beteiligten Ansprechpartnern ein Angebot entstanden, dass pflegende Angehörige in verschiedener Hinsicht unterstützen und Wertschätzung für ihre Tätigkeit vermitteln soll.

„Viele Menschen rutschen in so eine Pflege ja mehr oder weniger unvermittelt rein und wissen nichts über mögliche Unterstützungsmöglichkeiten“, sagt Prof. Zegelin. „Die Dunkelziffer bei den pflegenden Angehörigen ist extrem hoch. Viele sind überfordert und selbst krank, zudem gibt es meist keine passgenauen Hilfsangebote. Die Leute sind überall nur Bittsteller und erfahren oft Ablehnung statt Anerkennung für ihre Tätigkeit.“ Neben dem Ausbau der Informationsmöglichkeiten war es also zunächst Zielsetzung der Arbeitsgruppe, bei sämtlichen Anbietern, die mit pflegenden Angehörigen in Kontakt kommen können, mehr Sensibilität für die Problemlage zu schaffen. So wurden verschiedene Anbieter von Hilfsleistungen darin geschult, den Hilfesuchenden neben den benötigten Angeboten und Informationen auch Wertschätzung entgegenzubringen. Zudem werden in den beteiligten Städten mittlerweile Gesprächskreise angeboten, bei denen gleichzeitig für eine Betreuung der zu pflegenden Angehörigen gesorgt ist. „Das Problem ist ja häufig, dass die Pflegenden nicht in der Lage sind, Auszeiten zu nehmen und an sich selbst zu denken. Sie geben ihre Hobbys und oft ihr eigenes Leben auf, um einen Angehörigen zu pflegen. Das Angebot eines Gesprächskreises – und auch alle anderen Angebote – müssen das berücksichtigen und für eine angemessene Versorgung der Angehörigen in der Zeit sorgen“, erläutert Prof. Zegelin.

Zudem ist ein engmaschiges Netz aus verschiedenen Hilfs- und Informationsmöglichkeiten entstanden, wie zum Beispiel die Organisation von Fahrdiensten, Gottesdiensten, die sich speziell an pflegende Angehörige richten, Informationsveranstaltungen zur Pflegeversicherung oder Kursen zum „Pflegen lernen“. „Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass die notwendigen Informationen da ankommen, wo oft der erste Kontakt zu den pflegenden Angehörigen stattfindet, nämlich in den Arztpraxen und Apotheken“, so die Wittener Pflegewissenschaftlerin.

Eine weitere Errungenschaft ist die Entwicklung einer so genannten „Notfallkarte“, die dafür sorgt, dass Pflegende beispielsweise beim Arzt schneller behandelt werden, und durch die im Fall eines Unfalls sicher gestellt ist, dass der Angehörige zu Hause nicht vergessen wird.

„Bundesweit einmalig ist unser Konzept, Pflegende zu ‚Familienmoderatoren’ für ein Konfliktmanagement auszubilden“, sagt Prof. Zegelin. „Dabei geht es nicht um einen psychologischen Ansatz, sondern um die Schulung in systemischen Beratungsgesprächen, die eine möglichst sachliche Klärung von Familienangelegenheiten ermöglichen sollen.“

Entwickelt wurde auch ein Konzept für Kuren bzw. Reha-Maßnahmen für die Gesunderhaltung von pflegenden Angehörigen. Dieses konnte aber bisher noch nicht umgesetzt werden, da die Finanzierung der Maßnahmen noch nicht geklärt ist.

Weitere Informationen bei Prof. Dr. Angelika Zegelin, 02302 / 926-379 oder -358, angelika.zegelin@uni-wh.de.

Über uns:
Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) nimmt seit ihrer Gründung 1982 eine Vorreiterrolle in der deutschen Bildungslandschaft ein: Als Modelluniversität mit rund 1.300 Studierenden in den Bereichen Gesundheit, Wirtschaft und Kultur steht die UW/H für eine Reform der klassischen Alma Mater. Wissensvermittlung geht an der UW/H immer Hand in Hand mit Werteorientierung und Persönlichkeitsbildung.

Quelle: Pressemitteilung vom 12.08.2011
Jan Vestweber Pressestelle
Universität Witten/Herdecke
http://idw-online.de/de/news436484

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Beitrag von Elke » 16.08.2011, 16:31

Ach was liest sich das mal wieder vielversprechend .......... wo genau sind die Angebote zu finden?
Wo können sie in Anspruch genommen werden?
Oder alles nur ein Konzept?
Entwickelt wurde auch ein Konzept für Kuren bzw. Reha-Maßnahmen für die Gesunderhaltung von pflegenden Angehörigen. Dieses konnte aber bisher noch nicht umgesetzt werden, da die Finanzierung der Maßnahmen noch nicht geklärt ist.
Ich kenne viele Angehörige die sich für dumm verkauft fühlen
und ich gehöre dazu.
Ehemann Hirnblutung 1995, Hemiplegie rechts, schwere Globalaphasie, Epilepsie, Pflegestufe 3. Pflege Zuhause

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Pflegende Angehörige haben Vorfahrt

Beitrag von Presse » 29.08.2011, 06:36

Pflegende Angehörige haben Vorfahrt
In Dortmund und Solingen wird erprobt, welche Hilfsangebote für pflegende Angehörige besonders sinnvoll sind. Ein Beispiel: In Arztpraxen haben sie Vorfahrt. Doch vor allem fehlt es ihnen an Wertschätzung. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=667 ... ege&n=1320

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Re: Pflegende Angehörige haben Vorfahrt

Beitrag von Elke » 29.08.2011, 08:28

Presse hat geschrieben:Pflegende Angehörige haben Vorfahrt
Ein Beispiel: In Arztpraxen haben sie Vorfahrt.
Barrierefreie Arzpraxen zu finden ist nach wie vor ein Glückstreffer.
Daran sollte primär gearbeitet werden.
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Barrierefreiheit in Arztpraxen ....

Beitrag von WernerSchell » 29.08.2011, 16:54

Elke hat geschrieben: ... Barrierefreie Arzpraxen zu finden ist nach wie vor ein Glückstreffer. Daran sollte primär gearbeitet werden.
Sehr geehrte Frau Rehfeldt,
ich arbeite seit Jahren in einem Neusser Arbeitskreis mit, der sich u.a. um die Barrierefreiheit bemüht. Die Stadt Neuss vergibt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, Siegel zur Barrierefreiheit. Damit kann dann im Zweifel auch geworben werden.
Aufgrund Ihrer Anmerkungen habe ich heute die Stadt Neuss angeschrieben. In der Tat, man sollte sich die Arztpraxen und sonstigen Gesundheitseinrichtungen einmal besonders ansehen.
Vielleicht kann dieses Schreiben als Anregung dienen, auch in anderen Regionen ähnliche Anfragen zu starten.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell

Brieftext vom 29.08.2011:

An die
Stadt Neuss

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Zusammenhang mit vielfältigen Fragen der kommunalen Unterstützung von pflegebedürftigen Menschen wurde ich wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass vor allem Arztpraxen und sonstige Gesundheitseinrichtungen Defizite bei der Barriefreiheit haben. Das ist natürlich allein deshalb bedauerlich, weil behinderte Menschen nicht selten solche Einrichtungen zwingend in Anspruch nehmen müssen.

Ich frage nach, ob es bezüglich dieser Einrichtungen besondere Aktivitäten gibt, die Barrierefreiheit zu hinterfragen und für Verbesserungen einzutreten. Es wird diesseits erwogen, bundesweit zu entsprechenden Folgerungen aufzurufen.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Barrierefreiheit in Arztpraxen ....

Beitrag von Nursing-Neuss » 30.08.2011, 13:00

Hallo Herr Schell,
Ihre Initiative gegenüber der Stadt Neuss ist richtig. Denn in der Tat gibt es einige Arztpraxen, die nur durch Überwindung von vielen Treppenstufen erreichbar sind. Für Rollstuhlfahrer kommen sie überhaupt nicht in Betracht.
Ich bin sehr gespannt, wie die Stadt Neuss reagieren wird.
Herzliche Grüße
Nursing Neuss
Das Pflegesystem muss grundlegend reformiert werden. U.a. ist deutlich mehr Pflegepersonal erforderlich!

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