Pflegekräfte verzichten bei Demenzkranken auf Fixierung
Verfasst: 29.07.2006, 06:06
Schulung zeigt Erfolg: Pflegekräfte verzichten bei Demenzkranken auf Fixierung
Personalschulung statt Fesseln und Psychopharmaka - Modellprojekt in Pflegeheimen ermöglicht Verzicht auf Zwangmaßnahmen zum Selbstschutz demenzkranker Bewohner
Pflegeheime, die ihr Personal gezielt auf die Betreuung Demenzkranker vorbereiten, können in vielen Fällen auf Fesseln und beruhigende Medikamente zum Schutz ihrer Bewohnerinnen und Bewohner verzichten. "Im Umgang mit verwirrten, unruhigen Menschen können wir noch sehr viel dazulernen. Oberstes Ziel ist, dass Rechte und Würde der pflegebedürftigen Heimbewohner auch im stressigen Pflegealltag nicht unter die Räder kommen", kommentiert Bundesseniorenministerin Ursula von der Leyen die Ergebnisse des vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Modellprojekts "Reduktion von körpernaher Fixierung bei demenzerkrankten Heimbewohnern" (ReduFix). Die kürzlich in Stuttgart präsentierten Erkenntnisse des erfolgreichen Projekts werden zurzeit aufbereitet und sollen interessierten Einrichtungen in ganz Deutschland zur Verfügung gestellt werden.
Im Rahmen des Modellversuchs wurde Heimpersonal über neue Erkenntnisse der Pflegewissenschaft, rechtliche Fragestellungen, die Wirkung von Psychopharmaka auf das Verhalten älterer Menschen sowie Einsatzmöglichkeiten neuer technischer Hilfen wie Bewegungssensoren oder dämpfende Hüftprotektoren informiert. Das beeindruckende Ergebnis: Nach der Schulung haben die Pflegekräfte bei jedem fünften Heimbewohner ganz auf eine Fesselung verzichtet oder zumindest die Dauer der Fixierung zum Teil deutlich reduziert - ohne dass die Zahl der Unfälle und Verletzungen während der dreimonatigen Projektphase gestiegen ist. Und ganz entscheidend: Die Betroffenen reagierten auf diese "Entfesselung" positiv - mit weniger herausforderndem Verhalten und einer besseren psychischen Verfassung.
In Deutschland leiden derzeit nahezu eine Million Menschen an einer Demenz. Schätzungen zufolge wird die Zahl bis zum Jahr 2020 auf mehr als 1,4 Millionen steigen, für das Jahr 2050 ist mit etwa 2,3 Millionen Demenzkranker zu rechnen. Über 60 Prozent der Heimbewohner sind bereits heute von dieser Krankheit betroffen. Um zu vermeiden, dass sich verwirrte Menschen verlaufen oder bei Stürzen verletzen, ist es in den meisten Pflegeheimen üblich, orientierungslose oder unruhige Demenzkranke notfalls mit Gurten zu fixieren oder mit Medikamenten zu beruhigen. Diese Praxis ist nicht nur juristisch umstritten. Sie birgt auch gesundheitliche Gefahren und führt in vielen Fällen zu psychologischen Schäden bei den Heimbewohnern.
Verantwortlich für den Modellversuch "ReduFix" war die Robert Bosch Gesellschaft für medizinische Forschung in Kooperation mit der Kontaktstelle für praxisorientierte Forschung an der evangelischen Fachhochschule Freiburg. Beteiligt haben sich insgesamt 46 Einrichtungen aus Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen. 400 Bewohnerinnen und Bewohner wurden zu Beginn der Studie in diesen Einrichtungen fixiert und mit Psychopharmaka behandelt.
Weitere Informationen zum Thema sowie der Abschlussbericht zum Modellversuch "ReduFix" können unter folgendem Link heruntergeladen werden:
http://www.efh-freiburg.de/agp/redufix.htm
ReduFix ist eines von zahlreichen Projekten zur Verbesserung von Schutz und Versorgungsqualität für ältere Menschen, die das Bundesseniorenministerium fördert.
Quelle: Pressemitteilung vom 26.7.2006
http://www.bmfsfj.de/Kategorien/Presse/ ... 80284.html
Siehe dazu ergänzend:
Das Abschlusssymposium ReduFix
Der Einsatz von bewegungseinschränkenden Maßnahmen gehört zu den umstrittensten Maßnahmen zur Abwendung von Gefahren bei demenzkranken Heimbewohnern. Die Furcht vor Stürzen und Frakturen sind auch die meist genannten Gründe des Ergreifens freiheitsentziehender Maßnahmen in Pflegeheimen.
In dem ReduFix-Projekt unter der Leitung von PD Dr. Clemens Becker vom Robert Bosch Krankenhaus Stuttgart und Prof. Dr. Thomas Klie von der Ev. Fachhochschule Freiburg wurde in einer kontrollierten Studie untersucht, ob sich durch den Einsatz von technischen Hilfsmitteln mit entsprechend geschulten Mitarbeitern und nach rechtlicher Unterweisung das Ausmaß körpernahe Fixierungsmaßnahmen reduzieren lässt. Die Untersuchungen von ReduFix wurden in drei Bundesländern durchgeführt. Die Ergebnisse der Studie wurden nun am 11.07.2006 in Stuttgart auf dem Abschlusssymposium zum Modellprojekt vorgestellt und in den Kontext weiterer Forschung in Deutschland und im europäischen Ausland gestellt.
Die Folien zu den Vorträgen des Symposium sowie der Tagungsbericht werden hier nun zum Download als PDF Dateien zur Verfügung gestellt. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden bitten wir Sie vor dem Zitieren von Daten aus den Vorträgen um eine Kontaktaufnahme mit den jeweiligen Autoren (Info bei guerra@efh-freiburg.de). Vielen Dank.
Der Tagungsbericht
Das ReduFix Projekt:
Freiheitseinschränkende Maßnahmen bei alten Menschen
Priv. Doz. Dr. Clemens Becker, Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart
Kann auf Fixierungen verzichtet werden? – Das ReduFix Konzept
Prof. Dr. Doris Bredthauer, Fachhochschule Frankfurt
ReduFix als Schulungsmaßnahme
Ulrich Rissmann, Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart
Zwischen Haftungsangst und Freiheitssicherung: Juristische Fragestellungen des ReduFix Projektes
Prof. Dr. Thomas Klie, Ev. Fachhochschule Freiburg
Ergebnisse des Modellvorhabens
Dr. Petra Koczy, Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart
ReduFix im Kontext weiterer Forschungen:
Todesfälle durch Fixierung
Prof. Dr. Klaus Püschel, Universität Hamburg
Haltung, Einstellung und Belastung der Pflegenden im Umgang mit freiheitseinschränkenden Maßnahmen
Prof. Dr. Gabriele Meyer, Universität Bremen
Demenzkranke Menschen in Pflegeeinrichtungen: Freiheitseinschränkende Maßnahmen in der besonderen und traditionellen Versorgung
Prof. Dr. Siegfried Weyerer, Zentralinstitut für seelische Gesundheit Mannheim
Bewegungseinschränkende Maßnahmen bei Menschen mit Demenz: Empirische Ergebnisse und Konsequenzen für die Qualitätsentwicklung in der stationären Pflege
Dr. Martina Schäufele, Zentralinstitut für seelische Gesundheit Mannheim
Quelle: http://www.efh-freiburg.de/agp/redufix.htm
Personalschulung statt Fesseln und Psychopharmaka - Modellprojekt in Pflegeheimen ermöglicht Verzicht auf Zwangmaßnahmen zum Selbstschutz demenzkranker Bewohner
Pflegeheime, die ihr Personal gezielt auf die Betreuung Demenzkranker vorbereiten, können in vielen Fällen auf Fesseln und beruhigende Medikamente zum Schutz ihrer Bewohnerinnen und Bewohner verzichten. "Im Umgang mit verwirrten, unruhigen Menschen können wir noch sehr viel dazulernen. Oberstes Ziel ist, dass Rechte und Würde der pflegebedürftigen Heimbewohner auch im stressigen Pflegealltag nicht unter die Räder kommen", kommentiert Bundesseniorenministerin Ursula von der Leyen die Ergebnisse des vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Modellprojekts "Reduktion von körpernaher Fixierung bei demenzerkrankten Heimbewohnern" (ReduFix). Die kürzlich in Stuttgart präsentierten Erkenntnisse des erfolgreichen Projekts werden zurzeit aufbereitet und sollen interessierten Einrichtungen in ganz Deutschland zur Verfügung gestellt werden.
Im Rahmen des Modellversuchs wurde Heimpersonal über neue Erkenntnisse der Pflegewissenschaft, rechtliche Fragestellungen, die Wirkung von Psychopharmaka auf das Verhalten älterer Menschen sowie Einsatzmöglichkeiten neuer technischer Hilfen wie Bewegungssensoren oder dämpfende Hüftprotektoren informiert. Das beeindruckende Ergebnis: Nach der Schulung haben die Pflegekräfte bei jedem fünften Heimbewohner ganz auf eine Fesselung verzichtet oder zumindest die Dauer der Fixierung zum Teil deutlich reduziert - ohne dass die Zahl der Unfälle und Verletzungen während der dreimonatigen Projektphase gestiegen ist. Und ganz entscheidend: Die Betroffenen reagierten auf diese "Entfesselung" positiv - mit weniger herausforderndem Verhalten und einer besseren psychischen Verfassung.
In Deutschland leiden derzeit nahezu eine Million Menschen an einer Demenz. Schätzungen zufolge wird die Zahl bis zum Jahr 2020 auf mehr als 1,4 Millionen steigen, für das Jahr 2050 ist mit etwa 2,3 Millionen Demenzkranker zu rechnen. Über 60 Prozent der Heimbewohner sind bereits heute von dieser Krankheit betroffen. Um zu vermeiden, dass sich verwirrte Menschen verlaufen oder bei Stürzen verletzen, ist es in den meisten Pflegeheimen üblich, orientierungslose oder unruhige Demenzkranke notfalls mit Gurten zu fixieren oder mit Medikamenten zu beruhigen. Diese Praxis ist nicht nur juristisch umstritten. Sie birgt auch gesundheitliche Gefahren und führt in vielen Fällen zu psychologischen Schäden bei den Heimbewohnern.
Verantwortlich für den Modellversuch "ReduFix" war die Robert Bosch Gesellschaft für medizinische Forschung in Kooperation mit der Kontaktstelle für praxisorientierte Forschung an der evangelischen Fachhochschule Freiburg. Beteiligt haben sich insgesamt 46 Einrichtungen aus Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen. 400 Bewohnerinnen und Bewohner wurden zu Beginn der Studie in diesen Einrichtungen fixiert und mit Psychopharmaka behandelt.
Weitere Informationen zum Thema sowie der Abschlussbericht zum Modellversuch "ReduFix" können unter folgendem Link heruntergeladen werden:
http://www.efh-freiburg.de/agp/redufix.htm
ReduFix ist eines von zahlreichen Projekten zur Verbesserung von Schutz und Versorgungsqualität für ältere Menschen, die das Bundesseniorenministerium fördert.
Quelle: Pressemitteilung vom 26.7.2006
http://www.bmfsfj.de/Kategorien/Presse/ ... 80284.html
Siehe dazu ergänzend:
Das Abschlusssymposium ReduFix
Der Einsatz von bewegungseinschränkenden Maßnahmen gehört zu den umstrittensten Maßnahmen zur Abwendung von Gefahren bei demenzkranken Heimbewohnern. Die Furcht vor Stürzen und Frakturen sind auch die meist genannten Gründe des Ergreifens freiheitsentziehender Maßnahmen in Pflegeheimen.
In dem ReduFix-Projekt unter der Leitung von PD Dr. Clemens Becker vom Robert Bosch Krankenhaus Stuttgart und Prof. Dr. Thomas Klie von der Ev. Fachhochschule Freiburg wurde in einer kontrollierten Studie untersucht, ob sich durch den Einsatz von technischen Hilfsmitteln mit entsprechend geschulten Mitarbeitern und nach rechtlicher Unterweisung das Ausmaß körpernahe Fixierungsmaßnahmen reduzieren lässt. Die Untersuchungen von ReduFix wurden in drei Bundesländern durchgeführt. Die Ergebnisse der Studie wurden nun am 11.07.2006 in Stuttgart auf dem Abschlusssymposium zum Modellprojekt vorgestellt und in den Kontext weiterer Forschung in Deutschland und im europäischen Ausland gestellt.
Die Folien zu den Vorträgen des Symposium sowie der Tagungsbericht werden hier nun zum Download als PDF Dateien zur Verfügung gestellt. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden bitten wir Sie vor dem Zitieren von Daten aus den Vorträgen um eine Kontaktaufnahme mit den jeweiligen Autoren (Info bei guerra@efh-freiburg.de). Vielen Dank.
Der Tagungsbericht
Das ReduFix Projekt:
Freiheitseinschränkende Maßnahmen bei alten Menschen
Priv. Doz. Dr. Clemens Becker, Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart
Kann auf Fixierungen verzichtet werden? – Das ReduFix Konzept
Prof. Dr. Doris Bredthauer, Fachhochschule Frankfurt
ReduFix als Schulungsmaßnahme
Ulrich Rissmann, Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart
Zwischen Haftungsangst und Freiheitssicherung: Juristische Fragestellungen des ReduFix Projektes
Prof. Dr. Thomas Klie, Ev. Fachhochschule Freiburg
Ergebnisse des Modellvorhabens
Dr. Petra Koczy, Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart
ReduFix im Kontext weiterer Forschungen:
Todesfälle durch Fixierung
Prof. Dr. Klaus Püschel, Universität Hamburg
Haltung, Einstellung und Belastung der Pflegenden im Umgang mit freiheitseinschränkenden Maßnahmen
Prof. Dr. Gabriele Meyer, Universität Bremen
Demenzkranke Menschen in Pflegeeinrichtungen: Freiheitseinschränkende Maßnahmen in der besonderen und traditionellen Versorgung
Prof. Dr. Siegfried Weyerer, Zentralinstitut für seelische Gesundheit Mannheim
Bewegungseinschränkende Maßnahmen bei Menschen mit Demenz: Empirische Ergebnisse und Konsequenzen für die Qualitätsentwicklung in der stationären Pflege
Dr. Martina Schäufele, Zentralinstitut für seelische Gesundheit Mannheim
Quelle: http://www.efh-freiburg.de/agp/redufix.htm