Altenheime und Katheter

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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Gast

Altenheime und Katheter

Beitrag von Gast » 20.07.2003, 13:28

Altenheime und Katheter

Sehr geehrte Damen und Herren,
nachdem uns freundlicherweise einen Artikel aus dem KVWL-Pluspunkt 2/2003 „Routinemäßiger Kathetherwechsel bei häuslicher und stationärer Pflege“ zugeschickt wurde, war erkennbar, dass die Praxis im Heim ändern würde.
Wie die meiste Urologen uns mittlerweile informiert haben, werden keine Katheter mehr von ärztlicher Seite gelegt, es sei denn nach Privatliquidation. Das Einlegen und Wechsel eines suprapubische Katheters stellen weiterhin Leistungen dar, die stets von Ärzte auszuführen und im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung gesondert berechnungsfähig sind. Das Einlegen, Entfernen und Wechseln eines transurethralen Katheters ist von der Pflegeversicherung zu tragen (§§41-43 SGB XI) und wird deswegen nicht als eine Leistung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung angesehen.
Abgesehen von der Finanzierung der Leistungen, stellen sich einige Fragen bezüglich der Durchführung der Maßnahmen bei Komplikationen. Besonders besorgniserregend, nach Auskunft der Wohnbereiche, ist die Situation bei BewohnerInnen, die in der Vergangenheit auf Anraten des Arztes ausschließlich von Urologen versorgt wurden und jetzt scheinbar ohne ärztlichen Aufsicht sein sollen. Pflegekräfte wissen u.U. nicht, welche Schäden sie anrichten können und wäre deswegen berechtigt, der Maßnahme abzulehnen.
- Hat die unbestrittene Delegierbarkeit der Aufgabe zur Folge, dass solche Fälle nun vollständig von der Beobachtungsgabe der Fachkräfte abhängig sind, wo doch in der Vergangenheit die besondere Fähigkeiten des Arztes gefragt waren?
- Wird der Hausarzt stärker in Vordergrund treten – weil er Hausbesuche macht - auch bei Fragen, für die bisher die Urologen zuständig waren?
- Wenn eine Bewohnerin die Durchführung der Maßnahme durch Pflegekräfte ablehnt, wäre dieser ebenfalls nur nach Liquidation vom Arzt durchzuführen?
Unklar ist ferner, welche Gegenstände verordnet werden. Die Ausbildung für Pflegekräfte, basierend auf eine Empfehlung der Robert-Koch-Instituts schreibt Kathetersets und Gleitgel, sowie Schleimhautsdesinfektionsmittel vor. Einige Ärzte signalisieren, dass sie Gleitgel bei Männer verschreiben werden – andere nicht. Diese Frage wurde auch bei den Krankenkassen noch nicht beantwortet. Müsste die Antwort von der medizinische Indikation abhängig sein?
Es wäre mir wichtig die obengenannte Fragen beantwortet zu bekommen und das Vorgehen bei Komplikationen zu klären, denn eine Noteinweisung ins Krankenhaus würde zu eine erhebliche Kostensteigerung führen. Welche Komplikationen bereits entstanden sind, wissen Sie vielleicht selbst am besten.
Mit freundlichen Grüßen
Bob

Gast

Re: Altenheime und Katheter

Beitrag von Gast » 20.07.2003, 13:28

Hallo Bob,
hier meine erste Einschätzung. Das Thema Katheter im Rahmen der Heimversorgung ist eigentlich ein sehr trauriges Kapitel, weil sich die Ärzte tatsächlich weitgehend aus diesen Verrichtungen herausbewegt haben. Und dies allein mit der Begründung der mangelnden Bezahlung. Hierüber wurde bereits im Forum diskutiert.
Wie mir scheint, hat die augenblickliche, von den KV`s getragene Ablehnungsfront der Ärzte, natürlich zur Folge, dass die Pflegefachkräfte gefordert sind, mit allergrößter Sorgfalt ihren Beobachtungsverpflichtungen nachzukommen und relevante Feststellungen der Pflegedienstleitung bzw. dem Arzt des Bewohners mitzuteilen. Damit wäre gewährleistet, das ärztliche Kompetenz zeigerecht hinzugezogen werden kann. Alles sollte gut dokumentiert werden.
Im Übrigen sollte es ggf. Aufgabe der Bewohner sein, darüber zu befinden, ob sie ärztliche Beteiligung wünschen oder gar fordern. Dann müsste geklärt werden, wem die Kostentragungspflicht obliegt (Unterschied private und gesetzliche Krankenkasse). Dabei wäre, soweit vorhanden, evtl. der Betreuer gefordert. Vielleicht könnte auch endlich auf einer solchen Basis (Bewohner fordert Arzt – dieser kommt mit Rechnung) eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden.
Soweit eine Verrichtung hinsichtlich der erforderlichen Sachkunde oder Gefährlichkeit über die Qualifikation der Pflege hinausgeht, muss immer ein Arzt ran!
Gruß Berti

Gast

Re: Altenheime und Katheter

Beitrag von Gast » 20.07.2003, 13:29

Zitat:
weil sich die Ärzte tatsächlich weitgehend aus diesen Verrichtungen herausbewegt haben. Und dies allein mit der Begründung der mangelnden Bezahlung.
Diese Einschätzung ist definitiv falsch. Kein Arzt wird das Legen eines Katheters verweigern. Allerdings wird diese Leistung nicht mehr von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt. Dies liegt ja wohl nicht in der Entscheidungsgewalt der Ärzte. Bei uns hat es inzwischen mehrere Streitigkeiten zwischen Kasse und Heim gegeben. In allen Fällen mußte das Hein die Leistung des Arztes privat bezahlen, da die Krankenkasse die Vergütung mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit des Heimes abgewiesen hat. Eine Klage hat keines der Heime bisher angestrebt, da die Erfolgsaussichten zu gering seien.
Hier sind defintiv nicht die Ärzte die Schuldigen, sondern die Bestimmungen der Kassen.

Gast

Re: Altenheime und Katheter

Beitrag von Gast » 20.07.2003, 13:29

Für das Verhalten der Ärzte habe ich nur begrenztes Verständnis, auch wenn die Rechtslage deren Position zum Teil stützt.
Die hier beschriebenen Verrichtungen und die sich daraus ergebenden Folgerungen machen erneut deutlich, dass die Trennung von gesetzlicher Krankenversicherung und Pflegeversicherung für die Versicherten von Nachteil ist. M.E. gehören beide Versicherungen zusammen. Dann würden auch endlich die gegenseitigen Verweisungen beendet sein!
H.P.

Gast

Re: Altenheime und Katheter

Beitrag von Gast » 20.07.2003, 13:30

Zitat:
Für das Verhalten der Ärzte habe ich nur begrenztes Verständnis, auch wenn die Rechtslage deren Position zum Teil stützt.
Was würden sie sich denn wünsche?
Daß Ärzte die Leistung den Heimen schenken???? Die Leistung wird von den Kassen nun mal nicht mehr bezahlt!

Gast

Re: Altenheime und Katheter

Beitrag von Gast » 20.07.2003, 13:30

Guten Tag meine Damen(?) und Herren,
Ich finde es reizend, dass Ärzte sich zu diese Thema melden, doch schade, dass nicht auf die Fragen eingegangen wird, die ich gestellt habe.
Es ist unbestritten, dass die Regelleistung vom Heim erbracht werden sollte - doch was ist mit den Komplikationen, deswegen bis jetzt die Urologen darauf bestanden haben, dass die Pflegekräfte die Maßnahmen NICHT durchführen?
Gibt es hier eine Regelung, die gelten könnte, oder ist es einfach so, dass diese Leistung nicht mehr bezahlt wird, basta!?
Dann frage ich, welche ärztlichen Aufsicht gewährt wird? Und was ist, wenn der Patient nur vom Arzt behandelt werden will?
mfG
Bob

Gast

Re: Altenheime und Katheter

Beitrag von Gast » 20.07.2003, 13:31

Wir lassen hier diese Streitfrage vom MDK lösen.
Nach Auskunft darf diese Tätigkeit nur von ausgebildeten und erfahrenen Fachkräften ausgeführt werden. Diese müssen auch mit Komplikationen fertig werden, sonst dürfen sie diese Leistung nicht selbstverantwortlich erfüllen. Dies hat die Heimleitung sicher zu stellen. So die Auskunft des MDK hier.
Wünscht der Patient eine Arztbehandlung, so gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot (SGB 11 § 29). Danach muß der Patient Wunschbehandlungen privat bezahlen.

Gast

Re: Altenheime und Katheter

Beitrag von Gast » 20.07.2003, 13:31

Bob schrieb u.a.: Dann frage ich, welche ärztlichen Aufsicht gewährt wird? Und was ist, wenn der Patient nur vom Arzt behandelt werden will?
...
Die Rechtslage ist tatsächlich sehr sehr problematisch. Es mag ja sein, dass das Heim in einfach gelagerten Fällen zur Dienstleistung durch eigenes Personal verpflichtet ist.
Wenn aber dieses Personal einer ganz konkreten Tätigkeit nicht gewachsen ist, muss es diese verweigern. Letztlich muss dann auch umfassend geprüft werden, ob überhaupt noch nichtärztliche Personen handeln können / dürfen. Es dies nämlich in der Tat so, dann müßten die (Fach)Ärzte ran, und zwar m.E. zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Es kann aber doch wohl nicht ernstlich der Fall sein, dass dann der Patient - trotz gesetzlicher KV - privat bezahlen muss. Wie schon angemerkt wurde, müßte diese Rechtsfrage ggf. einmal vor Gericht geklärt werden. Die Politik hält sich ja leider sehr bedeckt.
Ich stelle fest, dass sich die Ärzteschaft weitgehend nur an ihren möglichen Einkünften orientiert und die Patienteninteressen weitgehend außen vor läßt.
Simone

Gast

Re: Altenheime und Katheter

Beitrag von Gast » 20.07.2003, 13:32

(ERRATUM: Der obenstehende Beitrag (in der vorigen Rubrik) von heute, 14.15 Uhr, sollte eigentlich hier eingefügt werden)
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre weiteren Beiträge! Ihnen entnehme ich, daß Heimbewohner für Leistungen des Heimes, für die das Heim, vertreten durch die Heimleitung, natürlich auch die sachliche und rechtliche Befugnis haben muß, das Heim bezahlen müssen. Ich vermute ergänzend, daß somit der Heimbewohner 1. das Heim indirekt mittels seiner ihm zustehenden Kassenleistungen (welche das Heim mit der Versicherung wohl direkt abrechnet), und 2. das Heim direkt für Nichtkassenleistungen bezahlen muß.
Bitte korrigieren sich mich, wenn ich das falsch weiß!
Müssen dritte hauptberufliche Hilfeleister (z. B. Ärzte) mit in's Spiel kommen, muß die entsprechende Betrachtung, wie gesagt, entsprechend auf die dritten hauptberuflichen Hilfeleister natürlich ausgedehnt werden, oder?
Auch ich hoffe, daß die beiden Eingangsfragen von Herrn Brewer (nach der Befugnis zum Katheterlegen und der Kostenübernahmefrage) hiermit ausreichend beantwortet ist.
Für eine gelegentliche Antwort auf meine noch offenen Anschlußfragen (nach dem konkreten Einzelpreis und dem Nutzen) wäre ich sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Axel Eberhard Schmidt
daes-koeln@netcologne.de

Gast

Re: Altenheime und Katheter

Beitrag von Gast » 20.07.2003, 13:32

Lieber M.S.
Anonyme Auskünfte werden wohl kaum zur Kenntnis genommen - auch nicht wenn sie im Namen der MDK ausgesprochen werden.
Pflegekräfte müssen mit Komplikationen "fertig werden"? Ich glaube solchen Auskunft wird eher in der Kneipe ausgeteilt als von verantwortlich handelnde Fachpersonen. In dem Augenblick, wenn der Überschaubarkeit der Situation für Pflegekräfte nicht mehr gegeben ist, dann müssen die Ärzte heran - diese Diskussion nur schwarz/weiß zu führen ist unsinn. Und wenn ein suprapubischen Katheter nicht im Bereich der Pflegekräfte fällt, so ist es offensichtlich, dass das Für und Wider eines transurenthralen Katheter vom Arzt zu klären ist. Gibt es Komplikationen, so ist das Legen des Katheters durch Ärzte eben nicht auszuschließen!
Das scheint mir aber teilweise das Anliegen der Ärzte zu sein.
Herzlichen Gruß
Bob

Gast

Wer/Was ist der MDK ?

Beitrag von Gast » 22.07.2003, 12:46

Zum Thema Pflegeheim und Kathterisieren ist bereits ausführlich geschrieben worden.

Was mich mal interessieren würde: wieso werden hier von einer Schreiberin -"wir lassen hier diese Streitfrage vom MDK lösen" - Stellungnahmen des MDK zitiert ? Der MDK ist nicht Entscheider, sondern lediglich Berater !

Rechtsverbindliche Auskünfte hat m.E. das Gesundheitsamt zu treffen, da es die Aufsicht über die Pflegekräfte führt. Das Gesundheitsamt ist Entscheider.

Entscheiden heißt nämlich in diesem Zusammenhang auch, dass hier auch ein Rechtsweg offen ist (sein muss).

Man sollte sich wirklich nachdrücklich angewöhnen, sich an die Stellen zu wenden, die für Fragestellungen ent - scheidend sind.

mfG

Lutz Müller-Bohlen
unabh. Pflegesachverständiger

Gast

Re: Altenheime und Katheter

Beitrag von Gast » 22.07.2003, 21:14

Text von Lutz u.a.:
Was mich mal interessieren würde: wieso werden hier von einer Schreiberin -"wir lassen hier diese Streitfrage vom MDK lösen" - Stellungnahmen des MDK zitiert ? Der MDK ist nicht Entscheider, sondern lediglich Berater !
Rechtsverbindliche Auskünfte hat m.E. das Gesundheitsamt zu treffen, da es die Aufsicht über die Pflegekräfte führt. Das Gesundheitsamt ist Entscheider.

Hallo Lutz,
es stimmt natürlich, dass der MDK lediglich eine beratende Funktion hat und in keiner Weise legitimiert ist, den Mitarbeitern eines Heimes arbeitsrechtliche Anweisungen zu erteilen. Es spricht jedoch nichts dagegen, sich einen gut gemeinten Rat des MDK anzuhören. Entscheiden muss der zuständige Mitarbeiter selbst.
Die Heimaufsicht führt die Aufsicht über die Heime, nicht aber direkt über das angestellte Personal. So gesehen, kann die Heimaufsicht gegenüber dem Heim agieren. Dies kann sich dann an das angestellte Personal. Also, alles der Reihe nach.
Das Gesundheitsamt führt im Wesentlichen die Aufsicht in hygienischer Sicht und hat mit seinen Beanstandungen auch dem Heim gegenüber aufzutreten.
MfG
Samuel Knittel

Gast

Re: Altenheime und Katheter

Beitrag von Gast » 30.07.2003, 15:53

Hallo Samuael,

ich darf Deine Ausführungen korrigieren: das Gesundheitsamt führt die Aufsicht auch über das angestellte Personal !

Ein gut gemeinter Rat - hier MDK - ist sicherlich immer etwas feines, aber wenn es um rechtsverbindliche Fragestellungen geht, sollte man sie auch rechtsverbindlich an entscheidender Stelle klären lassen. Das Bestreben ist doch Rechtssicherheit.

Alles andere beliebt lediglich "nett" und ist Zeitvergeudung !

mfG

Lutz Müller-Bohlen
unabh. Pflegesachverständiger
Gubitzstr. 51 A
10409 Berlin
Tel. 030/49855655

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