Pflegedienst ohne Angehörigenfeindlichkeit gesucht

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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Gast

Pflegedienst ohne Angehörigenfeindlichkeit gesucht

Beitrag von Gast » 18.06.2004, 16:28

Hallo,

wir haben leider einen ambulanten Pflegedienst, der unter üblem Kompetenzbeweisdruck steht und nicht in der Lage ist, pflegende Angehörige statt als lästige Rivalen als gleichberechtigte Partner zu akzeptieren.

Dies ist unserer Meinung nach sehr zum Nachteil des Pflegebedüftigen, da zu einer optimierten Pflege eine wohlwollende Zusammenarbeit aller an der Pflege und Betreung Beteiligten nötig ist.

Zu 99% wird der Pflegebedürftige von seiner Familie gepflegt, doch die Schwestern des ambulanten Dienstes sind nicht bereit, pflegerische Maßnahmen mit diesen zu besprechen oder gar Tips anzunehmen, vielmehr reagieren sie auf jeden Gesprächsversuch beleidigt und pickiert und versuchen so gut es geht, die pflegenden Familienangehörigen aus der Pflege herauszuekeln.

Nun würde mich interessieren, ob es Organisationen mit moderneren Pflegekonzepten und freundlicherer Angehörigenphilosophie gibt, die bereit sind, das Selbstbestimmungsrecht des Patienten und seinen Willen zu akzeptieren? Die sich selber als Dienstleistungs- und nicht als Aufsichtsamt verstehen und in dem Patienten den Kunden und nicht den Entmündigten zu sehen?

Für eine diesbezügliche Empfehlung wäre ich sehr dankbar.

Martin

Kemal
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Gespräch suchen

Beitrag von Kemal » 18.06.2004, 19:51

Hallo Martin,

schauen sie in die örtlichen "Gelben Seiten". Da finden sie gewiss eine Menge Pflegedienste.  Die Dienste sind mit Sicherheit in der Lage ihre "Angehörigenphilosophie" in einem direkten Gespräch mit Ihnen zu erläutern.

Sie scheinen schlechte Erfahrung mit dem Dienst Ihrer Wahl gemacht zu haben. Wie auch immer; die Differenzen können nicht so groß sein, denn die Familie übernimmt ja wie sie sagen 99% der Pflege. Es dreht sich um 1%, also etwa eine viertel Stunde pflegerische Tätigkeit pro Tag die sie den Dienst nutzen. Suchen Sie das Gespräch mit der Leitung des Pflegedienstes. Vielleicht lassen sich die Unstimmigkeiten leicht aus der Welt schaffen.

Ich hoffe Ihnen mit meinen Zeilen ein wenig geholfen zu haben.

mfg Kemal

WernerSchell
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Patientenwille achten !

Beitrag von WernerSchell » 19.06.2004, 13:05

Sehr geehrter Fragesteller (Martin),

die Achtung des Selbstbestimmungsrechtes eines Patienten ist der Kern jeglicher Vertragsbeziehungen zwischen einem Patienten und den jeweiligen Dienstleistern (Arzt, Krankenhaus, Pflegedienst, Heim usw.). Dieses Recht ergibt sich unmittelbar aus Art. 1 und 2 Grundgesetz und kann ernstlich nicht infrage gestellt sein (siehe hierzu z.B. Schell, W. „Staatsbürgerkunde, Gesetzeskunde und Berufsrecht für die Pflegeberufe in Frage und Antwort“; Thieme Verlag, Stuttgart 1998, u.a. Seiten 28, 139ff.). Unabhängig davon sind Ärzte und Pflegekräfte in der Pflicht, ihre jeweilige Dienstleistungen nach den anerkannten schulmedizinischen und pflegewissenschaftlichen Regeln auszurichten. Im Übrigen verlangt das BGB „sorgfältige Dienstleistungen“ (§§ 276, 278 BGB). Patientenwünsche und „Arbeitsgrundsätze“ gilt es in der Krankenversorgung in Übereinstimmung zu bringen.

Wenn es also der Wille des Patienten ist, dass seine Angehörigen sich in die „Pflege einmischen“ und ihre Anregungen, Wünsche oder gar Forderungen sind mit den Grundsätzen sorgfältiger Dienstpflichterfüllung vereinbar, sollte der Pflegedienst darauf im Patienteninteresse vernünftigerweise eingehen. Es kann sogar als wichtiges Anliegen der Pflege angesehen werden, Angehörige geradezu dazu zu motivieren, sich an der Pflege zu beteiligen. Diesbezüglich abzublocken kann nicht akzeptiert werden.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
http://www.pflegerechtportal.de
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Gast

Re: Pflegedienst ohne Angehörigenfeindlichkeit ges

Beitrag von Gast » 19.06.2004, 15:22

Vielen Dank für die beiden Antworten.

Daß es so nicht richtig ist, wie es derzeit läuft, ist uns klar, wir sind aber nun ganz konkret auf der Suche nach Pflegedienst-Trägern, die dafür bekannt sind, pflegende Angehörige nicht als ihre Feinde oder ihre Untergebenen zu betrachten.

Ich hatte gehofft, man könne mir hier den einen oder anderen Träger nennen, der für transparente Arbeit und gute Kooperationskonzepte, sowie Orientierung am Willen des Pflegebedürftigen, bekannt ist.

Berti
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Pflegedienste vor Ort befragen !

Beitrag von Berti » 19.06.2004, 15:34

Hallo Martin,
ich begrüße den klarstellenden Ausführungen von Herrn Schell uneingeschränkt zu und kann nur empfehlen, vor Ort nach einem Pflegedienst Ausschau zu halten, der sich an den aufgezeigten Grundsätzen orientiert. Man sollte das Thema vor Vertragsschluss mit dem Pflegedienst besprechen und die Angehörigenmitarbeit ausdrücklich vereinbaren. Ggf. auch Krankenkasse / Pflegekasse befragen.
Die meisten Pflegedienste werden zunächst einmal bekunden, dass man die Angehörigen in die Patientenversorgung uneingeschränkt einbezieht. Vernünftig ist es m.E. aber, dies im Einzelfall konkret zu hinterfragen und mit der Pflegedienstleitung auch zu besprechen. Dass macht nur Sinn mit einem Pflegedienst, der vor Ort auch die Pflege übernehmen kann. Es hilft wohl weniger, wenn man einen Pflegedienst aus München benennen würde, der letztlich in Kiel zum Einsatz kommen soll.
Gruß Berti

Gast

Wahl des richtigen Pflegedienstes

Beitrag von Gast » 27.10.2004, 13:10

Tipps für die Wahl des richtigen Pflegedienstes

Das Angebot an ambulanten Pflegediensten ist mittlerweile fast unüberschaubar. Neben gemeinnützigen Trägern (z. B. Wohlfahrtsverbände) gibt es auch eine Vielzahl von privaten Anbietern, die um die Gunst der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen konkurrieren. Wer sich für die Dienste professioneller Pflegekräfte entscheidet, hat deshalb die Möglichkeit, einen ambulanten Pflegedienst gezielt nach seinen eigenen Wünschen und Anforderungen auswählen zu können. Andererseits ist die Suche nach dem „richtigen" Dienst bei der Vielzahl der Anbieter natürlich schwierig.

Grundsätzlich gilt: Bevor Sie sich auf die Suche nach einem ambulanten Pflegedienst machen, sollten Sie genau überlegen, welche Hilfe z. B. für Pflege, Hauswirtschaft oder Betreuung notwendig ist. Hinweise darauf finden Sie u. a. im Gutachten des Medizinischen Dienstes der Kassen. Auch Ihr Hausarzt kann Sie darüber informieren. Anschließend sollten Sie klären, wie die benötigte Hilfe erbracht werden kann. Was können Familienmitglieder oder Nachbarn leisten? Wofür möchten Sie professionelle Kräfte einsetzen? Auf jeden Fall sollten Sie sich Zeit nehmen, mehrere Anbieter vor Vertragsabschluß zu vergleichen. Denn die Leistungen und Preise der Pflegedienste können durchaus unterschiedlich sein. Die Anschriften der Pflegedienste in Ihrer Nähe und eine Preisvergleichsliste erhalten Sie bei der Pflegekasse.

Entscheidungshilfen der Verbraucherzentralen für die Wahl eines ambulanten Pflegedienstes:

Der Pflegedienst sollte Sie vorab bei einem Hausbesuch möglichst kostenlos und ausführlich über seine Leistungen informieren und beraten.
Klären Sie, ob der Dienst alle für Sie notwendigen Hilfen anbietet oder vermittelt.
Überlegen Sie, welche Ansprüche Sie an die professionellen Pflegekräfte, z. B. Einhaltung bestimmter Zeiten, kein Personalwechsel, Nichtraucher etc. haben. Fragen Sie die Pflegedienste, ob sie Ihnen diese Wünsche erfüllen können.
Lassen Sie sich vom Pflegedienst das Abrechnungsverfahren erklären. Ein Kostenvoranschlag gibt Ihnen Auskunft darüber, ob die bewilligten Mittel der Pflegekasse ausreichen und wieviel Sie ggf. aus eigener Tasche zuzahlen müssen.
Erkundigen Sie sich nach den Mitarbeitern. Welche Leistungen werden von ausgebildeten Fachkräften ausgeführt, welche von Hilfskräften?
Gibt es eine Kontaktperson für Ihre Wünsche und Beschwerden?
Seit 1.1.2002 sind die Pflegedienste dazu verpflichtet, mit ihren Kunden einen schriftlichen Vertrag abzuschließen. Hierin müssen Leistungen und Kosten geregelt sein. Der Pflegebedürftige kann innerhalb von zwei Wochen nach Aushändigung des Vertrages dem Pflegedienst fristlos kündigen.
Treten bei der Pflege Probleme auf oder Ihnen missfällt Gravierendes, scheuen Sie sich nicht, dem Pflegedienst dies mitzuteilen. Oft hilft hier schon ein offenes Gespräch, um das Problem aus der Welt zu schaffen.

Individuelle und persönliche Hilfen zum Thema ambulante Pflegedienste und weitere Auskünfte rund um die Pflege bieten die Pflegeberatungsstellen der Verbraucherzentralen, die Pflegekassen und in einigen Bundesländern die Beratungsstellen der Kommunen.

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