Patientenrufknopf unerreichbar - Strafverfahren

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

123456Boudicea
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Patientenrufknopf unerreichbar - Strafverfahren

Beitrag von 123456Boudicea » 08.02.2013, 15:37

Notrufklingel stets unerreichbar - Patient hilflos

In einer geriatrischen Rehaklinik wurde im Zimmer meines Vaters die Notrufklingel immer so hoch aufgehängt,´dass der im Rollstuhl sitzende Patient sie nicht erreichen konnte. Auch Nachts war die Klingel nicht erreichbar. Beschwerden bei der Pflegedienstleitung haben nichts genützt. Mein Vater rief mich wiederholt an, weil er die Klingel nicht erreichen konnte und auch auf sein Rufen niemand kam.
Eines Abends rief er mich gegen 17:45 an und hinterließ eine Nachricht auf meinem AB, er habe sich am Kopf gestoßen, er könne sich nicht helfen. Stunden später gegen 22:30 ein erneuter Anruf auf dem AB: im sei die Bettdecke heruntergefallen und er versuche schon seit Stunden, das Pflegepersonal zu rufen, der Notrufknopf sei unerreichbar. In seiner Not rief er auch noch andere externe Nummern an.
Am nächsten Morgen erreichte er mich um 6:20 Uhr: er habe die ganze Nacht gefroren, da er keine Bettdecke gehabt habe und niemand gekommen sei. Am Abend desselben Tages wurde er mit einer schweren Lungenentzündung in eine Akutklinik gebraucht, wo er eine Woche später an den Folgen der Lungenentzündung verstarb.
Meine Schwester und ich haben Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung erstattet. Die Kripo hat ermittelt und den Fall an die Staatsanwaltsschaft übergeben. Diese hat nur aufgrund von fahrlässiger Tötung ermittelt und da hier die Kausalität (erlitt die tödliche Lungenentzündung wegen fehlender Bettdecke) nicht beweisbar war, wurde die Ermittlung eingestellt.
Wir werden jetzt aber Beschwerde einlegen, da wir wollen, dass dieser Fall auf den § 221 StGb hin noch einmal überprüft wird. Hier geht es um Im-Stichlassen - auch eine strafbare Handlung.
Kann mir hier jemand ein Sichtweise geben, oder Erfahrungswerte mit Klagen auf Grundlage des § 221 StGB??
vielen Dank
a

Herbert Kunst
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Pflichtwidrigkeiten bei der Pflege & das Strafrecht

Beitrag von Herbert Kunst » 08.02.2013, 18:22

Hallo,
es können hier sicherlich verschiedene Vorwürfe erhoben werden. Bei einem Tötungsdelikt - Annahme - muss natürlich die Kausalität bedacht werden. Wenn die Ermittlungen insoweit ins Leere geführt haben, ist das grundsätzlich verständlich. Die Frage ist aber, ob die Ermittlungen mit Hilfe eines Rechtsmediziners durchgeführt worden sind oder ob die Einstellung lediglich nach Aktenlage erfolgte. Insoweit können sich Fragestellungen in einer Beschwerdeschrift ergeben.
Auf jeden Fall erscheint hier aber eine unterlassene Hilfeleistung vorzuliegen, die auch ohne Frage nach der o.a. Kausalität zu einer Anklage führen kann. In der Tat scheint es mir richtig anzunehmen, dass hier jemand tatsächlich verlassen worden ist, man wollte ja nicht erreichbar sein. Im Übrigen muss hier wohl auch auf den § 13 StGB ergänzend abgestellt werden, denn der beschriebene Sachverhalt deutet klar auf eine Verletzung der Garantenstellung hin.
Wie auch immer, die Staatsanwaltschaft wird an dem Fall wahrscheinlich keinen großen Spaß haben und vielleicht die Beschwerde mit Rücksicht auf das fehlende öffentliche Interesse oder wegen Geringfügigkeit zurückweisen. Dem sollte schon vorgebeugt werden mit der Bemerkung, dass mit Rücksicht auf die zahlreichen hilfe- und pflegebedürftigen Menschen ein großes öffentliches Interesse daran besteht, solche Pflichtwidrigkeiten aufzudecken und auch ggf. zu bestrafen.
Möglicherweise macht es auch Sinn, einen Anwalt - mit Fachkenntnissen im Strafrecht - einzuschalten. Das würde auch bei den Ermittlungsbehörden Eindruck machen und zu mehr Sorgfalt animieren.
Generell wird aber hier im Forum oft die Auffassung vertreten, dass mit den Mitteln des Strafrechtes eine Verbesserung des Pflegesystems nicht erreichbar ist. Deshalb sollte vielleicht auch der zuständige Bundestagsabgeordnet vor Ort und natürlich Heimaufsicht und Pflegekasse (MDK) informiert werden.
Gruß
Herbert Kunst.

PS. Ich denke, dass es hier im Forum ein großes Interesse an der weiteren Behandlung des Vorganges gibt.
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

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§ 221 StGB

Beitrag von 123456Boudicea » 08.02.2013, 20:35

Besten Dank für die Antwort. Ich habe eine Fachanwältin für Strafrecht mit der Beschwerde beauftragt, die dann auch gleich Akteneinsicht beantragen wird, um die Beschwerde entsprechend begründen zu können.
Ich zitiere hier einfach der Vollständigkeit halber auch noch einmal den § 221 StGB

§ 221 Aussetzung

(1) Wer einen Menschen
1. in eine hilflose Lage versetzt oder
2. in einer hilflosen Lage im Stich lässt, obwohl er ihn in seiner Obhut hat oder ihm sonst beizustehen verpflichtet ist, und ihm dadurch der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
1. die Tat gegen ein Kind oder eine Person begeht, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist oder
2. durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung des Opfers verursacht.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

Ich kann anhand der Telefonrechnung aus der Klinik beweisen, dass mein Vater an dem fraglichen Abend zwischen 17:35 Uhr und 22:19 Uhr 6 Telefonate geführt hat. So hat er dreimal versucht mich zu erreichen, zweimal hat er bei seinem Hausarzt angerufen und einmal bei einer anderen Nummer, wo er auch auf den AB einen Hilferuf aufgesprochen hat. Der Empfänger dieses Anrufs hat versucht mit der Rückwärtssuche die angegebene Nummer anzurufen, jedoch ohne Erfolg. Die Bandaufnahmen von meinem AB, sowie die Aussage der angerufenen Personen sind von der Kripo auch dokumentiert worden.
Ich hoffe, dass Geringfügigkeit ausscheidet: schließlich ist ein Mensch gestorben und da ich niemandem wünsche, dass er in eine ähnlich verzweifelte Lage gerät, ist wohl auch ausreichend öffentliches Interesse gegeben.
Pikanterweise wurde die fragliche Klinik just einen Monat vor dem Vorfall nach DIN 9001 zertifiziert - ein Hohn. Die Klinikleitung wiegelte ab, dass bei einem Besuch des MDK bestätigt worden sei, dass der Pflegeschlüssel "ausreichend" sein. Ausreichende war in der Schule die Note 4 - nicht gerade rühmlich.
Die Krankenkasse hatte ich auch informiert - die wartet ab, bis ich die Staatsanwaltschaft mobilisiert habe, um dann ihrerseits eine zivilrechtliche Schadensersatzklage anzustreben.
Ob es richtig ist, diese Fälle strafrechtlich zu verfolgen? Ich denke: ja! Denn es wird immer wieder halbherzig über den Pflegenotstand diskutiert. Erst wenn klar wird, dass wir uns mit dieser Politik am absoluten Rand der Legalität und der Würdigung des menschlichen Lebens
bewegen, dann wird klar, dass gehandelt werden muss.

Herbert Kunst
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Garanten versagten Hilfe

Beitrag von Herbert Kunst » 09.02.2013, 08:30

Guten Morgen,
ich denke, dass der Staatsanwaltschaft möglichst viele Argumente für ein pflichtwidriges Verhalten geliefert werden sollten. Dann ist letztlich von Amts wegen darüber zu befinden, welche Normen einschlägig sind. Ich mache aber noch einmal auf den § 13 StGB aufmerksam, der die sog. Garantenstellung beinhaltet. Im Übrigen kann es auch wohl um Körperverletzung (mit Todesfolge) durch Unterlassen gehen.
Sofern die Angelegenheit öffentlich gemacht werden kann, sollten hier konkretere Hinweise gegeben werden. Möglicherweise kann sich auch Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk in das Verfahren einblenden und damit ergänzend für Druck sorgen.
Gruß
Herbert Kunst
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Ort des Geschehens

Beitrag von 123456Boudicea » 09.02.2013, 14:04

Vielen Dank für die Antwort. Das Argument mit § 13 StGB werde ich auf jeden Fall an meine Anwältin weitergeben und ich denke das wird auch Teil der Beschwerde werden, denn es geht um "Unterlassung".

Meinem Vater, 86 Jahre alt wurde letztes Jahr erfolgreich im Uni-Herzzentrum Bad Krozingen eine neue Herzklappe eingesetzt. Obwohl es postoperativ zu einigen Problemen kam, konnte er Ende Juni in "ordentlichem Gesundheitszustand" (Originalton Arztbrief) in eine geriatrische Reha-Klinik ebenfalls in Bad Krozingen entlassen werden.
Mein Vater wurde als Privatpatient von einem der führenden Herzchirurgen operiert. Eine Kette ist jedoch leider immer nur so stark wie ihr schwächstes Glied: so gut wie die Behandlung im Herzzentrum war, so schlecht war die Pflege in der Reha (ich klammere hier ausdrücklich die Therapie und die ärztliche Leistung in dieser Klinik aus).

Generell schadet die katastrophale Pflegesituation hier auch dem Renommé des Herzzentrums, sowie das Renommé der Kurstadt Bad Krozingen. Ganz abgesehen von den Kosten der OP.
Ich bin nun auf die Akte gespannt und was meine Anwältin daraus macht.
Ein schönes Wochenende
H. Boam

Herbert Kunst
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Notrufklingel muss erreichbar sein

Beitrag von Herbert Kunst » 09.02.2013, 16:21

Hallo,
ich bin hinsichtlich der weiteren Entwicklung sehr gespannt. Aus verschiedenen Pflegeheimen wurde in der Vergangenheit auch ab und an über nicht erreichbare Klingeln berichtet. Einmal wurde die Klingel weiter entfernt deponiert, ein anderes Mal wurde das Bett von der Wand abgerückt. Leider wurde nicht weiter informiert, was aus diesen Situationen geworden ist.
Gruß
Herbert Kunst
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Patientenrufanlage = Notlagenhilfe

Beitrag von Rauel Kombüchen » 18.02.2013, 08:19

Eine Patientenrufanlage hat den Sinn, dass sich Patienten (im Krankenhaus) bzw. pflegebedürftige Menschen (in stationärer Pflegeeinrichtungen - Heim) dieser Technik bedienen sollen, wenn es um eine problematische Situation - Notlage - geht. Die Rufanlage ist so gesehen eine zwingende Einrichtung, die als Teil des Dienstleistungsgeschehens angesehen werden muss.
Von daher ist es nicht vertretbar, die Anlage einfach unerreichbar zu machen (z.B. durch Abschalten oder Wegschieben des Krankenbettes). Sollte es aus irgendwelchen Gründe dennoch Gründe geben, eine solche Rufanlage vorübergehend außer Kraft zu setzen, dann müssen in anderer Art und Weise, z.B. intensive personelle Zuwendung bis zur Sitzwache am Bett, die notfallmäßige Versorgung / Hilfe gewährleistet werden.

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Patientenrufknopf unerreichbar - Strafverfahren

Beitrag von Sabrina Merck » 18.02.2013, 18:40

Es versteht sich, dass eine Patientenrufanlage erreichbar sein muss. Wer dies verhindert, muss verdammt gute Gründe haben.
Denn sonst ist in der Tat von unterlassener Hilfeleistung bzw. von Verlassen in hilfloser Lage einzugehen.
Und das ist strafrechtlich relevant.
Ich bin gespannt, wie der hier vorgestellte Einzelfall bewertet wird.

Sabrina
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die Gründe sind bekannt!

Beitrag von 123456Boudicea » 18.02.2013, 19:01

Besten Dank für die beiden neuen Zuschriften. Leider sind die Gründe für die Unerreichbarkeit des Notrufknopfes bekannt: es ist der Pflegenotstand.
Im Moment wird dieser Umstand hier im Freiburger Raum heiß diskutiert.

In der Uniklinik gab es im letzten Jahr mehr als 1000 Überlastungsanzeigen des Pflegepersonals. Es wird weiterhin Personal abgebaut und der Klinikchef erhält einen Bonus, der sich an der eingesparten Summe bei den Personalkosten bemisst.
Die Pfleger selbst sind verzweifelt, weil viele es einfach nicht mehr mit ihrem Gewissen vereinbaren können, wenn sie Patienten bis zu 3 Stunden eingekotet liegen lassen müssen, bevor sie Ihnen helfen können, weil sie die Arbeit einfach nicht schaffen.

Es ist also ein echtes Politikum! Man darf sich das nicht gefallen lassen und deswegen hoffe ich, dass das Beschwerdeverfahren bei der Staatsanwaltschaft Erfolg hat.

Rauel Kombüchen
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Pflegenotstand auflösen - aber schnell

Beitrag von Rauel Kombüchen » 19.02.2013, 08:10

123456Boudicea hat geschrieben: .... Die Pfleger selbst sind verzweifelt, weil viele es einfach nicht mehr mit ihrem Gewissen vereinbaren können, wenn sie Patienten bis zu 3 Stunden eingekotet liegen lassen müssen, bevor sie Ihnen helfen können, weil sie die Arbeit einfach nicht schaffen.
Es ist also ein echtes Politikum! Man darf sich das nicht gefallen lassen und deswegen hoffe ich, dass das Beschwerdeverfahren bei der Staatsanwaltschaft Erfolg hat.
Hallo /guten Morgen!
Genau das ist der Punkt. Daher werden uns Strafverfahren, so begründet sie im Einzelfall auch sein mögen, nicht weiter helfen. Der Pflegenotstand muss dringend aufgelöst werden. Dazu hat Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk die vielfältigen Aktivitäten zusammen gestellt: viewtopic.php?t=18558 Damit wird eigentlich deutlich, dass die Volksvertreter für die Missstände Verantwortung tragen und streng genommen auf die Anklagebank gehören.
MfG Rauel Kombüchen
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Pflegenotstand und Überlastungsanzeigen

Beitrag von PflegeCologne » 19.02.2013, 08:57

123456Boudicea hat geschrieben: .... In der Uniklinik gab es im letzten Jahr mehr als 1000 Überlastungsanzeigen des Pflegepersonals. Es wird weiterhin Personal abgebaut und der Klinikchef erhält einen Bonus, der sich an der eingesparten Summe bei den Personalkosten bemisst.
Die Pfleger selbst sind verzweifelt, weil viele es einfach nicht mehr mit ihrem Gewissen vereinbaren können, wenn sie Patienten bis zu 3 Stunden eingekotet liegen lassen müssen, bevor sie Ihnen helfen können, weil sie die Arbeit einfach nicht schaffen.
Es ist also ein echtes Politikum! Man darf sich das nicht gefallen lassen und deswegen hoffe ich, dass das Beschwerdeverfahren bei der Staatsanwaltschaft Erfolg hat.
Wenn es so ist, dass die Pflegekräfte sich ausreichend per Überlastungsanzeige erklärt haben, sind sie bezüglich möglicher Mängel weitgehend entlastet. Das ist ja auch mit der Sinn von solchen Überlastungsanzeigen. Es wird dann kaum möglich sein, mittels Strafverfahren jemanden zu belangen. Daher gehören, wie R.K. schon angedeutet hat, eigentlich die Politiker auf die Anklagebank.
Lb. Grüße
Pflege Cologne
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
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Überlastungsanzeigen an Uniklinik Freiburg

Beitrag von 123456Boudicea » 19.02.2013, 09:17

Der Vorfall mit meinem Vater ereignete sich NICHT in der Uniklinik Freiburg, sondern in einer geriatrischen Rehaklinik in Bad Krozingen. Ich habe die Uniklinik FR lediglich als Beispiel dafür angeführt, dass an der Pflege immer mehr eingespart wird. Die Auswirkungen sieht man dann, wie im Falle meines Vaters. Man hatte ihn ja vom Herzzentrum speziell deshalb in eine geriatrische Reha verlegt, weil er aufgrund seines Zustandes (schwere Gehbehinderung - daher Pflegestufe 2) einen erhöhten Pflegebedarf hatte.

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Akteneinsicht erfolgt.... wer darf in Krankenakte schreiben?

Beitrag von 123456Boudicea » 27.02.2013, 15:46

Ich hatte ja versprochen, dass ich hier über den weiteren Fortgang des Falles berichte:
gestern war ich bei meiner Anwältin, die Beschwerde gegen den Beschluss der Staatsanwaltschaft einlegt und die nun die angeforderte Akte vorliegen hat.
Die Nachtschwestern, die am fraglichen Abend Dienst hatten haben sich in große Widersprüche verstrickt. Einerseits wurde behauptet, mein Vater sei sehr unruhig gewesen, habe oft die Schwestern herbeigerufen (der Knopf war praktisch nie erreichbar). Man schob das aber auf eine "Verwirrtheit" meines Vaters, man habe daher die Tür offengelassen, um ihn unter Beobachtung zu haben. Offensichtlich hatten eine der Pflegerinnen, die dies aussagte aber vergessen, dass mein Vater den Krankenhauskeim ESBL hatte und es daher höchst unwahrscheinlich war, dass man die Tür offengelassen hätte.
Außerdem findet sich am fraglichen Tag in der Krankenakte ein Eintrag, der besagt, dass man des öfteren nach meinem Vater sehen solle, da sein Gesundheitszustand dazu Anlass gebe (er hatte eine akute Blasenentzündung). Dann stand noch da, dass das Abdomen sich nach Abtasten weich anfühlte (die betreffende Person hat meinen Vater wohl untersucht). Hinter diesem Eintrag ein unleserliches Kürzel. Keiner der Befragten gibt an zu wissen von wem dieser Eintrag stammt.

Ich vermute, dass der Eintrag entweder von einem Arzt oder von einer Pflegerin der vorhergehenden Schicht stammt, um die Nachtschicht für den Zustand meines Vaters zu sensiblisieren. Somit wäre dieser Eintrag belastend für die Nachtschicht, die meinen Vater ja nachweislich über Stunden allein gelassen hat und vermutlich, ob vorsätzlich oder fahrlässig, nicht dafür gesorgt hat, dass der Patient die Klingel erreichen konnte.
Frage meinerseits: wer darf denn in eine Krankenakte schreiben? Doch nur Ärzte und Pfleger, würde ich annehmen. Hier war es offenbar "der große Unbekannte". Die Kripo ging dieser Ungereimtheit nicht weiter nach.
Meine Anwältin und ich meinen, dass unbedingt geklärt werden müsste, von wem dieser Eintrag stammt.

Ich werde weiter berichten.
viele Grüße aus Staufen
H. Boam

Herbert Kunst
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Re: Akteneinsicht erfolgt.... wer darf in Krankenakte schrei

Beitrag von Herbert Kunst » 27.02.2013, 17:35

123456Boudicea hat geschrieben: .... Frage meinerseits: wer darf denn in eine Krankenakte schreiben? Doch nur Ärzte und Pfleger, würde ich annehmen. Hier war es offenbar "der große Unbekannte". Die Kripo ging dieser Ungereimtheit nicht weiter nach.
Meine Anwältin und ich meinen, dass unbedingt geklärt werden müsste, von wem dieser Eintrag stammt. ....
Hallo,
es muss m.E. feststellbar sein, welche Eintragung von wem vorgenommen worden ist. Wenn Kürzel benutzt werden, muss durch eine "Handzeichenliste" verdeutlicht werden, wer hinter welchem Kürzel steht. Wenn diesen Anforderungen nicht Rechnung getragen worden ist, muss darin nach meiner Einschätzung ein klarer Dokumentationsmangel gesehen werden. Solche Mängel gehen wohl meist zu Lasten des Trägers.
Ich mache auf eine interessante Veröffentlichung aufmerksam, die sich mit den Grundsätzen der Dokumentation befasst:
"Die Dokumentation der Krankenhausbehandlung - Hinweise zur Durchführung, Archivierung und zum Datenschutz" (Deutsche Krankenhaus Verlagsgesellschaft / Deutsche Krankenhaus Gesellschaft). Die darin gegebenen Hinweise gelten wohl für die Heim-Dokumentation entsprechend.
Gruß Herbert Kunst
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

123456Boudicea
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Update in diesem Fall und weiteres Vorgehen

Beitrag von 123456Boudicea » 21.06.2013, 11:18

Gegen den Beschluss der Staatsanwaltschaft Freiburg das Verfahren einzustellen, hatten wir Beschwerde eingelegt. Nun hat sich die Generalstaatsanwaltschaft Karlruhe ebenfalls dazu entschlossen, das Verfahren einzustellen.

Wir hatten uns seinerzeit ganz bewußt für eine strafrechtliche Verfolgung dieses Falles entschlossen, weil es uns nicht vorrangig um Schadensersatz und Schmerzensgeld ging, sondern darum, dass anderen Patienten ein ähnliches tragisches Schicksal erspart bleibt. Hätte die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben, hätten wir uns, dadurch gestärkt sofort an die Öffentlichkeit gewandt.

Nun bleibt uns jedoch nur noch die Möglichkeit einer zivilrechtlichen Klage gegen die Klinikleitung, die aber dann wohl an die Haftpflichtversicherung weitergeleitet wird, ohne große Konsequenzen für die menschenverachtende Berufsethik dieser Klinik.

Deswegen wollen wir nun aber dennoch an die Öffentlichkeit gehen, damit hier eine größere Sensiblisierung aller Beteiligten stattfindet.

Ich habe hier auch ein längeres Gespräch mit der unabhängigen Patientenberatung geführt, die mich zu diesem Schritt ermutigt hat.

Ich werde in den nächsten Tagen eine Mitteilung an alle relevaten Fernsehsender schicken. Oder gibt es hier konkrete Vorschläge für eine Sendung, die Beiträge in dieser Richtung sucht?

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