Pflegenotstand darf Ausbildungsqualität nicht schwächen

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

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Pflegenotstand darf Ausbildungsqualität nicht schwächen

Beitrag von Presse » 19.11.2012, 14:14

Pflegenotstand darf Ausbildungsqualität nicht schwächen

Berlin, 19. November 2012. „Der für die Zukunft prognostizierte Pflegenotstand ist in weiten Teilen Deutschlands bereits Realität“, kommentiert AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker anlässlich einer am Wochenende publik gewordenen Studie der Bertelsmann-Stiftung. „Der Personalnotstand kann unter anderem mit einer kostenfreien Ausbildung, die zudem attraktiv vergütet wird, abgeschwächt werden“, ist Döcker überzeugt. Die von der Bundesagentur für Arbeit (BA) vorgeschlagene Absenkung der Ausbildungszeit von drei auf zwei Jahre sieht Döcker dagegen skeptisch: „Unter Beachtung der derzeitigen Überschüsse sollte die BA die Ausbildungszeit nicht verkürzen und die Kosten für das dritte Umschulungsjahr auch noch über 2015 hinaus gewährleisten. Qualität muss vor Quantität gehen.“
Um den Personalnotstand abzuschwächen, wird ein Bündel von Maßnahmen notwendig sein, wie zum Beispiel die Einführung einer bundesweit einheitlichen und verpflichtenden Umlage zur Finanzierung der Ausbildung, was nachweislich zu höheren Bewerberzahlen führt, bessere Arbeitszeitmodelle, betriebliche Gesundheitsförderung und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Wer die Zahl der Ausbildungsplätze im Pflegebereich begrenzt, handelt unverantwortlich“, kommentiert Döcker das Verhalten einiger Bundesländer und ergänzt: „In vielen Regionen kann dem Pflegenotstand noch gegengesteuert werden. Aber es muss jetzt gehandelt werden.“ Die Gründe warum Menschen einen Pflegeberuf ablehnen oder ihn frühzeitig wieder verlassen, seien seit langem bekannt. Hierzu zählen u.a. massiver Zeitdruck, Personalknappheit, mit der Folge von Überlastungen für den Einzelnen, ein permanent steigendes Maß an Administration und Bürokratie zulasten der direkten pflegerischen Sorgearbeit, unattraktive Arbeitszeitmodelle, geringe Entlohnung und ein geringes gesellschaftliches Ansehen. „Pflegende müssen wieder zufriedener mit ihrem Beruf sein können. Das wäre die beste Werbung für den Beruf“, betont Döcker.
Mit freundlichen Grüßen
i. A. Mona Finder
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Pflegenotstand und der Reformbedarf

Beitrag von WernerSchell » 19.11.2012, 14:54

Bild Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss

Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk führt regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist Kooperationspartner der „Aktion Saubere Hände.“
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist Initiator bzw. Mitbegründer des Quartierkonzeptes Neuss-Erfttal.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk ist Unterstützer von "Bündnis für GUTE PFLEGE".
Pro Pflege - Selbsthilfetzwerk ist Unterstützer der "Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen".


19.11.2012

Zum Thema
"Pflegenotstand darf Ausbildungsqualität nicht schwächen"
viewtopic.php?t=18141
nehme ich kurz wie folgt Stellung:

Es ist richtig einzufordern, die Ausbildungsqualität nicht zu schwächen. Eine Verkürzung der geltenden Ausbildungszeiten ist abzulehnen. Es ist vielmehr darüber nachzudenken, ob und ggf. inwieweit mit Rücksicht auf die Zahl der dementiell erkrankten Menschen eine Ausweitung der Lerninhalte geboten ist. Es gibt insoweit Studien, die belegen, dass diesbezüglich ergänzender Ausbildungs-, Fort- und Weiterbildungsbedarf besteht.
Einen Pflegenotstand haben wir seit vielen Jahren in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen (Heimen), weil die Pflege stellenmäßig völlig unzureichend dotiert ist. Die Stellenschlüssel für die Pflegeheime sind regional unterschiedlich und reichen hinten und vorne nicht. Diese Situation ist m.E. vorwiegend verantwortlich dafür, dass immer wieder über Pflegemängel geklagt werden muss. Skandalisierende Bericht (Mönchengladbach, Saarland, Bremen… ) und darauf basierende Forderungen nach mehr Heimprüfungen, Pflegeheim-Inspektoren (siehe dazu aktuell Beiträge unter viewtopic.php?t=18111 ) usw. sind wenig hilfreich, verängstigen nur.
Um den Bedarf an Pflegekräften exakt zu belegen, wird von hier seit Jahren ein bundesweit geltendes Pflegepersonalbemessungssystem in Form einer Rechtsverordnung gefordert. Damit könnte belegt werden, dass z.B. etwa 25 - 20% der Verrichtungen in unseren Pflegeheimen nicht personell abgedeckt sind.
Eine völlig andere Frage ist im Übrigen, wie wir mit dem zukünftigen Bedarf an Pflegekräften, diskutiert wird dieses Thema unter dem Begriff des Fachkräftemangels, umzugehen haben (siehe aktuell die Hinweise der Bertelsmann-Stiftung viewtopic.php?t=18136 ). Insoweit sehe ich keine Lösung darin, Arbeitskräfte aus dem europäischen oder gar außereuropäischen Ausland anzuwerben. Wir müssen unsere eigenen Pflegekräfte, die statistisch gesehen, nach 5 - 7 Jahren aus dem Beruf ausscheiden, pfleglicher behandeln. Die bekannten Sprechblasen "Wertschätzung und Anerkennung" müssen in aktives Handel pro Pflege einmünden: Mehr Pflegekräfte (Ausweitung der Ausbildung und Rekrutierung der "geflüchteten" Pflegekräfte), Bessere Arbeitsbedingungen und angemessene Vergütungen. Der Trend zur Billigpflege muss unterbunden werden.
Übrigens: Eine Pflegevollversicherung ist zwar legitim zu fordern, aber doch mehr als realitätsfern bezüglich der Umsetzung - siehe dazu aktuell unter viewtopic.php?t=18113 Wir müssen unser bestehendes Pflegeversicherungssystem endlich grundlegend reformieren, einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff schaffen und die Entgeltbeträge, seit 1995 unzureichend angepasst, deutlich erhöhen. Allein solche Folgerungen werden den Beitragssatz langfristig in die Höhe treiben. Eine Vollversicherung ist nicht finanzierbar. Sie hätte auch bestimmte andere nachteilige Wirkungen, so dass dieses Thema nicht weiter verfolgt werden sollte.
Es ist für das I. Halbjahr 2013 ein bundesweit ausgerichteter Pflegetreff in Neuss geplant, der sich etwa folgenden Themen zuwenden soll:
"Demenz - Pflegesystem und wir alle sind gefordert - Reformen müssen einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff bringen und den Pflegenostand auflösen - Wie sind die politischen Parteien im Wahljahr 2013 aufgestellt, um das Pflegesystem demografiefest zu machen und dauerhaft solidarisch zu finanzieren?" (Arbeitstitel).
Das Bündnis für "GUTE PFLEGE" kann dabei gerne mitwirken!

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - Dozent für Pflegerecht
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Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
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Sabrina Merck
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Pflegenotstand ist der Hauptknackpunkt

Beitrag von Sabrina Merck » 05.12.2012, 08:52

WernerSchell hat geschrieben: Damit ist erneut verdeutlicht, dass nicht mehr Prüfungen, sondern allein mehr Pflegepersonal (und damit die Verbesserung der Stellenschlüssel) hilfreich sind. Wann endlich werden diese Erkenntnisse aufgegriffen???
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Alle, die sich irgendwie über die schlechte bzw. mängelbehaftete Pflege mokieren, kommen letztlich immer zu dem Ergebnis, dass es an Personal mangelt. Die vereinbarten Stellen sind zwar formal besetzt, aber das reicht hinten und vorne nicht, um den wirklichen Pflegebedarf abzudecken.
S.M.
Dem Pflegesystem und den pflegebedürftigen Menschen muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden! Daher:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk!
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WernerSchell
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Pflegenotstand auflösen - aber schnell

Beitrag von WernerSchell » 05.02.2013, 19:01

Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk hat sich erneut mit einem Brief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages gewandt
und um Maßnahmen zur Auflösung des Pflegenotstandes gebeten:
> Pflegenotstand – Bessere Pflege nur mit mehr Personal <
Ergänzend wird dazu mittels einer Pressemitteilung informiert. Die Texte der Briefaktion finden Sie unter folgender Adresse:
viewtopic.php?t=18285

Ergänzend wird auf folgende Texteinstellungen aufmerksam gemacht:
Antifolterstelle soll deutsche Altenheime prüfen
viewtopic.php?t=18477
Immer mehr Gewalt in Altenheimen - Alarm der Polizei
viewtopic.php?t=18383
Gewalt in der Pflege - Fall in Bremer Altenheim
viewtopic.php?t=18106
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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