„Minimal Handling“ – Anordnungen der Ärzte verbindlich?
Anfrage:
In letzter Zeit häufen sich Anfragen, dass Ärzte auf Intensivstationen "Minimal Handling" anordnen, insbesondere bei Neurochirurgischen und Kardiologischen Patienten. Es fragt sich, wie sich Pflegekräfte verhalten sollen, da sie natürlich drohende Komplikationen befürchten (Dekubitus, Pneumonie, Kontrakturen, Thrombose usw.).
Dazu wurde u.a. wie folgt geantwortet:
Maßgeblich ist, dass Dienstleistungen immer mit der erforderlichen Sorgfalt zu erledigen sind (§§ 276, 278 BGB). Leistungen sind "entsprechend dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse" zu erbringen (§ 11 SGB XI). Diese gesetzlichen Anforderungen zeigen deutlich auf, was man unter dieser Sorgfalt zumindest grob zu verstehen hat und können nicht so einfach ausgehebelt werden (auch nicht durch "Halbgötter in Weiß").
Daran haben sich auch Pflegekräfte auszurichten. Wenn sie diesen gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen können, sei es durch personelle und organisatorische Unzulänglichkeiten oder gar durch eine Arbeitsanweisung, haben sie sich aus Rechtsgründen zu Wort zu melden. Dies kann man mündlich und ggf. schriftlich tun (Überlastungs- bzw. Entlastungsanzeige, auch Gefährdungsanzeige genannt).
Meine seit Jahren in Vorträgen und Buchveröffentlichungen übernommenen Aussagen zur Remonstrationspflicht finden u.a. ihre Grundlage in der Veröffentlichung von Dorothee Wilhelm "Verantwortung und Vertrauen bei Arbeitsteilung in der Medizin", Enke Verlag, Stuttgart 1984.
Zum Thema Qualitätsanforderungen und wie man mit Mängeln und Problemsituationen umgeht, habe ich in meiner aktuellen Buchveröffentlichung "100 Fragen zum Umgang mit Mängeln in Pflegeeinrichtungen", Kunz Verlag (Schlütersche), Hannover 2011, näher beschrieben – siehe dazu z.B. unter:
viewtopic.php?t=15822
Zu bedenken ist im Übrigen, dass Ärzte nicht immer Vorgesetzte der Pflegekräfte sind. In den Heimen und im Rahmen der ambulanten Versorgung auf keinen Fall. Nur im Krankenhaus sind Ärzte Fachvorgesetzte und können fachliche Weisungen erteilen. Allerdings gilt dann auf jeden Fall das oben Gesagte. Pflegekräfte sind keine Handlanger der Ärzte, sondern unter beruflichen Anforderungen tätig, die eigenständige Einschätzungen und Verantwortlichkeiten auslösen. Dies müssen auch die Ärzte bedenken.
Soweit in Krankenhäusern Ärzte in die Pflege hinein wirken, sollte das gegenüber der PDL problematisiert werden. Möglicherweise sollten Pflegekräfte darauf bestehen, Handlungsanleitungen, die eine bestimmte den Sorgfaltsanforderungen möglicherweise nicht gerecht werdende Pflege vorgeben, schriftlich auszufertigen.
Pflege darf unter keinen Umständen aus Kostengründen zur "gefährlichen Pflege" per Ansage erfolgen. Dagegen müssen sich alle, die für gute Pflege eintreten, zur Wehr setzen. Vielleicht kann man das Thema am 10.11.2011 beim Pflegetreff zur Sprache bringen? Siehe dazu die Hinweise unter
viewtopic.php?t=15693
Werner Schell
Stand: 08.01.2012
„Minimal Handling“ – Anordnungen der Ärzte verbindlich?
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Delegation und Remonstrationspflicht
Am 15.02.2016 bei Facebook gepostet:
Delegation ärztlicher Tätigkeiten an das Pflegefachpersonal - immer wieder Thema von Anfragen. Hinweise im Netz informieren > http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... gation.php
Dabei wird auch verdeutlicht, dass den Dienstkräften ggf. eine Remonstrationspflicht obliegt. Dies wird in dem bereits vorgestellten Buch "100 Fragen zum Umgang mit Mängeln in
Pflegeeinrichtungen" verdeutlicht. Es ist daher rechtlich z.B. nicht akzeptabel, wenn Arbeitgeber das Ausfertigen von Überlastungsanzeigen untersagen.
Delegation ärztlicher Tätigkeiten an das Pflegefachpersonal - immer wieder Thema von Anfragen. Hinweise im Netz informieren > http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... gation.php
Dabei wird auch verdeutlicht, dass den Dienstkräften ggf. eine Remonstrationspflicht obliegt. Dies wird in dem bereits vorgestellten Buch "100 Fragen zum Umgang mit Mängeln in
Pflegeeinrichtungen" verdeutlicht. Es ist daher rechtlich z.B. nicht akzeptabel, wenn Arbeitgeber das Ausfertigen von Überlastungsanzeigen untersagen.
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Entlastungsanzeige / Gefährdungsanzeige
Am 11.08.2016 bei Facebook gepostet:
Gefährdungsanzeige: Helios-Konzern scheitert mit Ausschlussverfahren gegen Betriebsratsmitglied Jana!
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hält Gefährdungs- bzw. Entlastungsanzeigen für wichtig und für ein geeignetes Mittel,
auf personelle Engpässe aufmerksam zu machen.
viewtopic.php?f=5&t=21752
Gefährdungsanzeige: Helios-Konzern scheitert mit Ausschlussverfahren gegen Betriebsratsmitglied Jana!
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hält Gefährdungs- bzw. Entlastungsanzeigen für wichtig und für ein geeignetes Mittel,
auf personelle Engpässe aufmerksam zu machen.
viewtopic.php?f=5&t=21752