Demenzheim + Einwilligung Abschluss Zimmertüre

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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BieneBalu
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Demenzheim + Einwilligung Abschluss Zimmertüre

Beitrag von BieneBalu » 08.07.2011, 16:35

Hallo -
ich habe hier einen interessanten Fall -
in einem speziellen Pflegeheim für Demenz wurde uns ein Schreiben vorgelegt
"Einwilligung - hiermit gebe ich meine Zustimmung, dass meine Zimmertür auf eigenen Wunsch nach Verlassen des Personals abgeschlossen werden soll.
Dieses Dokument wird in der Bewohnerkarte in der Verwaltung hinterlegt kann zu jeder Zeit eingesehen werden und formos widerrufen werden".

Ist das gestattet?
Ich habe mich bereits in verschiedenen Ebenen informiert - bekam aber auch verschiedene Antworten.....
Wem kann man nun vertrauen? :?:
Gruße BieneBalu

Herbert Kunst
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Demenzheim + Einwilligung Abschluss Zimmertüre

Beitrag von Herbert Kunst » 08.07.2011, 16:49

BieneBalu hat geschrieben: "Einwilligung - hiermit gebe ich meine Zustimmung, dass meine Zimmertür auf eigenen Wunsch nach Verlassen des Personals abgeschlossen werden soll.
Dieses Dokument wird in der Bewohnerkarte in der Verwaltung hinterlegt kann zu jeder Zeit eingesehen werden und formos widerrufen werden".

Ist das gestattet?
Hallo BieneBalu,
ich denke, dass für eine passende Antwort eine Komplettierung des Sachverhalts geboten ist.
Ist der Kranke im Vollbesitz der geistigen Kräfte, kann er also wirksam über die Maßnahme verfügen? Oder wird nur eine scheinbare Einwilligung mangels Einwilligungs- bzw. Geschäftsfähigkeit zu Papier gebracht? Es wäre auch interessant zu wissen, weshalb jemand akzeptiert, dass seine Türe abgeschlossen wird. Was ist in einem Notfall, wenn der Bewohner, z.B. wegen Brand, das Zimmer unvorhergesehen und schnell, verlassen will / muss? Fragen!
Theoretisch kann man ja auch von innen abschließen und den Schlüssel abziehen, so dass im Bedarfsfall das Pflegepersonal durch Aufschließen von außen in den Raum hinein kann. Also die näheren Umstände müsste man kennen. Möglicherweise geht es in der vorliegenden Angelegenheit um einen kaschierten Freiheitsentzug, der so nicht stattfinden darf.
Gruß
Herbert Kunst
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

PflegeCologne
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Einschließen im Bewohnerzimmer - da stellen sich Fragen

Beitrag von PflegeCologne » 08.07.2011, 17:01

Hallo BieneBalu,

ich schließe mich Herbert an und empfehle auch, den Fall ein wenig näher zu beschreiben. Vielleicht ergeben sich dann einige Erhellungen, die eine Beurteilung leichter machen.
Für mich ist es zunächst nicht nachvollziehbar, weshalb sich jemand im Vollbesitz der geistigen Kräfte so einfach mittels ausdrücklicher Erklärung einschließen lässt.

MfG Pflege Cologene
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

BieneBalu
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weitere Infos

Beitrag von BieneBalu » 08.07.2011, 18:25

Erst mal Herzlichen DANK für Eure schnellen Reaktionen:

Zur weiteren Info -
uns wurde es so erklärt, dass die anderen dementen Personen nachts sonst in ihrer Nachruhe gestört werden - weil einige nachtaktiv sind und in fremde Zimmer gehen etc - auch bei unserer Bekannten war das schon der Fall
der Zylinder ist ein Knauf-Zylinder der von innen verschlossen werden kann vom "Einwohner".

Da aber diese Person pflegebedürftig ist - Parkinson u. Demenz kann diese nicht mehr dies nicht abschätzen.

Ich habe auch inzwischen rausbekommen - dass bei 45 Plätzen nachts nur 1 Pflegeperson über 7 Std. vor Ort ist - ( über 2. Etagen)......

Gruß BieneBalu

Rauel Kombüchen
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Abschließen des Zimmers ist genehmigungspflichtig

Beitrag von Rauel Kombüchen » 09.07.2011, 06:55

Guten Morgen,

da die angesprochene Bewohnerin offensichtlich nicht mehr einwilligungsfähig ist, kann sie m.E. nicht wirksam über das Abschließen der Zimmertüre verfügen. Dazu braucht sie eine Entscheidung des nötigen Rechtsvertreters (Betreuer oder Bevollmächtigter). Dann muss das Abschließen wohl auch vom Betreuungsgericht genehmigt werden (§ 1906 BGB). Eine solche Genehmigung wird aber angesichts der darzulegenden Erwägungen eher nicht erteilt. Wie es scheint, präsentiert sich das Abschließen des Zimmers letztlich als pflegeerleichternde Maßnahme. Obwohl es über die Zahl der nachts erforderlichen Pflegekräfte unterschiedliche Auffassungen gibt, halte ich die Ein-Mann-Besetzung unter den gegebenen Umständen für völlig unzureichend. Personalausstattungen haben sich letztlich immer am Bedarf auszurichten.

Mit freundlichen Grüßen
Rauel
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Beitrag von thorstein » 09.07.2011, 09:40

Eine kleine Provokation zum Thema:

Die Türen haben innen einen Drehknopf, lassen sich also nach allegmeinem Verständnis von innen gar nicht abschliessen, da zum öffnen nur der Knopf gedreht werden muss.

Es wäre jetzt im Einzelfall zu entscheiden, ob der Bewohner das Zimmer noch verlassen kann, also den Drehknopf bedienen kann, oder eben nicht.

Niemand würde in einem Hotel auf die Idee kommen, dass die Zimmertüren offen zu sein haben. In einem Pflegeheim scheinen hier andere Regeln zu gelten. Wenn man hier sicherstellen will, dass der eigene Wohnraum für Fremde unzugänglich sein soll, muss man das schriftlich hinterlegen, und Demenzkranke haben sich mit der offenen Haltung abzufinden.

In Krankenhäusern werden die Patientenzimmer auch nicht abgeschlossen. Vielleicht müssen wir uns da grundsätzlich entscheiden? Sind Pflegeheime Kranken- oder Wohnhäuser?

Rauel Kombüchen
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Selbstbestimmungsrecht muss Beachtung finden

Beitrag von Rauel Kombüchen » 09.07.2011, 10:13

thorstein hat geschrieben: Eine kleine Provokation zum Thema:
Hallo,
man muss in viele Richtungen denken. Überall hat grundsätzlich Selbstbestimmung zu gelten. Allerdings da, wo es Einschränkungen bezüglich vernünftiger Willensbekundungen und Gefahrenlagen gibt, muss ggf. eingegriffen werden. Wie, hängt von den Bedürfnissen und Umständen ab. Eingriffe müssen, weil sie Grundrechtspositionen berühren, immer im Einklang mit dem geltenden Recht erfolgen.
MfG Rauel
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BieneBalu
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auch meine Meinung

Beitrag von BieneBalu » 09.07.2011, 11:50

Hallo Ihr Lieben -

anscheinend hab ich da wohl ein wichtiges Problem angestossen - auch hier im Ort hab ich mich inzwischen auf mehreren Ebenen weiter informiert...

Es ist schon ein Hammer - was da gemacht wird - nicht?
Wenn Politker nicht mit ihren Geldern zurechtkommen - wird ja die Diät einfach erhöht - aber wenn wir als Angehörige Probleme in solchen Sachen haben - wird nicht das Personal in der Pflege erhöht.....

Man müsste eigentlich mal die Politiker/innen in so eine Situation bringen - aber ob die "wach" werden? :?


Gruß BieneBalu

Rauel Kombüchen
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Re: auch meine Meinung

Beitrag von Rauel Kombüchen » 09.07.2011, 12:04

BieneBalu hat geschrieben: ... Man müsste eigentlich mal die Politiker/innen in so eine Situation bringen - aber ob die "wach" werden? ....
Hallo BieneBalu,
es gilt, bei der pflegerischen Versorgung vieles zu reformieren. Allerdings die hier anstehenden Fragen >>> Selbstbestimmungsrecht, rechtliche Vertretung, Freiheitsentziehung, Beteiligung Betreuungsgericht n. § 1906 BGB usw. <<< sind eigentlich gut geregelt. Man man sich nur an dem, was in den Gesetzen beschrieben ist, halten. Dies einzufordern ist z.B. Aufgabe des Rechtsvertreters. Wenn es nicht funktioniert, kann die Heimaufsicht nachhelfen. .... usw.
Nein, hier sehe ich ausnahmsweise die Politiker nicht vorrangig gefordert. Es geht allein um die Durchsetzung von Vorschriften.
MfG Rauel
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BieneBalu
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weitere Pressebericht!

Beitrag von BieneBalu » 09.07.2011, 12:10

Hallo Rauel -

ich geb Dir voll Recht - aber manchmal kapieren es diejenigen immer noch nicht, was da "abläuft" -

ich hab vor einigen Tagen einen interessanten Pressebericht bei uns in der Nähe gefunden - der dürfte sicher auch dieses Problem ansprechen:

http://www.weser-kurier.de/Artikel/Regi ... llaps.html

Den haben mir die Pflegekräfte fast aus der Hand gerissen......

Gruß BieneBalu

Rauel Kombüchen
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Pflegenotstand ist der Knackpunkt

Beitrag von Rauel Kombüchen » 09.07.2011, 12:31

Hallo BieneBalu,

der Hinweis zu
Personal in Krankenhäusern wird knapp
Pflegekräfte vor dem Kollaps

Von Silke Looden 24.05.2011
Verden. Schwester Elke* ist allein in der Nacht. 35 Patienten muss sie auf ihrer Station versorgen, fünf davon sind dement. Einer ist schon verschwunden, irrt auf dem Krankenhausflur umher. Elke bringt ihn zurück ins Bett. Die alte Dame neben ihm auf dem Zimmer muss dringend gewickelt werden. Inkontinenz. Ein anderer Patient klingelt, verlangt nach der Nachtschwester. Keine Zeit. ....
http://www.weser-kurier.de/Artikel/Regi ... llaps.html

spricht einen längst bekannten Sachverhalt an. Dazu gibt es seit Jahren entsprechende Statements und Pressemitteilungen von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk, u.a. unter
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... lungen.php

Allerdings ist der o.a. Bericht von Frau Looden im Titel nicht ganz präzise. Den Pflegenotstand haben wir schon seit Jahren! Er verschärft sich nur stetig, weil die notwendigen politischen Folgerungen nicht gezogen werden - und jetzt darf man die Politiker attackieren!

Siehe aber dazu das Statement von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk vom 05.2011 unter
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... m_2011.pdf
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... 072011.pdf

Ich denke, wir sollten alle Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk unterstützen. Denn sonst wird es möglicherweise bei den vielfältigen Problemen und Mängeln bleiben. ---- http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... tzwerk.php

MfG Rauel
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