Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

Nationaler Ethikrat

Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende

Beitrag von Nationaler Ethikrat » 13.07.2006, 17:07

Nationaler Ethikrat legt Stellungnahme zum Thema Sterbebegleitung vor

Nach intensiven Beratungen veröffentlicht der Nationale Ethikrat am heutigen Donnerstag seine Stellungnahme Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende. Sie schließt an die im Juni 2005 veröffentlichte Stellungnahme zur Patientenverfügung an.

Der Ethikrat hat die Fragen eines verantwortlichen Umgangs mit dem Sterben eingehend diskutiert. Er hat umfangreiches Material gesichtet, Expertisen eingeholt, mit Ärzten und medizinischem Fachpersonal gesprochen und sich auf Tagungen in Augsburg und Münster der nach wie vor kontrovers geführten öffentlichen Diskussion gestellt. Das Ergebnis sind die nun vorgelegten Empfehlungen:

Der Nationale Ethikrat schlägt vor, die eingeführte, aber missverständliche und teilweise irreführende Terminologie von aktiver, passiver und indirekter Sterbehilfe aufzugeben. Entscheidungen und Handlungen am Lebensende, die sich mittelbar oder unmittelbar auf den Prozess des Sterbens und den Eintritt des Todes auswirken, können angemessen beschrieben und unterschieden werden, wenn man sich terminologisch an folgenden Begriffen orientiert: Sterbebegleitung, Therapie am Lebensende, Sterbenlassen, Beihilfe zur Selbsttötung, Tötung auf Verlangen.

Mit Blick auf Sterbebegleitung und Therapien am Lebensende unterstreicht der Ethikrat, dass jeder unheilbar kranke und sterbende Mensch Anspruch darauf hat, unter menschenwürdigen Bedingungen behandelt, gepflegt und begleitet zu werden. Bei allen Maßnahmen der Sterbebegleitung und der Therapien am Lebensende ist der Wille des Betroffenen maßgebend. Jedem unheilbar kranken und sterbenden Menschen muss eine ausreichende palliativmedizinische Versorgung gewährt werden. Ärzte sollten dabei Aspekte der Lebensqualität des Patienten über solche der maximalen Verlängerung seines Lebens stellen dürfen, ohne strafrechtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Eine ausreichende stationäre und ambulante Versorgung in Pflegeheimen, Palliativstationen und Hospizen ist ebenso dringend geboten wie der Ausbau von Angeboten der interdisziplinären Aus- und Fortbildung für Ärzte und Pflegende im Umgang mit Schwerkranken und Sterbenden. Das ehrenamtliche Engagement bei der Sterbebegleitung sollte gefördert und unterstützt werden, und Angehörigen sollte eine kompetente Beratung über Pflege- und Versorgungsmöglichkeiten von schwer kranken Menschen zur Verfügung stehen. Es sollten arbeitsrechtliche Freistellungsansprüche eingeräumt werden, um nahe stehenden Personen die Begleitung eines Sterbenden zu ermöglichen.

Zum Sterbenlassen gehört, dass jeder Patient das Recht hat, eine medizinische Maßnahme abzulehnen, auch dann, wenn diese Maßnahme sein Leben verlängern könnte. Gleiches gilt, wenn der Betroffene zu einer Erklärung außer Stande ist, seine Ablehnung aber hinreichend sicher aus einer Patientenverfügung oder sonstigen verlässlichen Anhaltspunkten zu entnehmen ist. Sofern es keine sicheren Erkenntnisse über den Willen des Patienten gibt oder ein solcher nicht gebildet werden konnte, sollte für strafrechtliche und berufsrechtliche Sanktionen kein Raum sein, wenn eine medizinische Behandlung unter Abwägung ihrer Aussichten auf Erfolg, des Leidenszustandes des Patienten und seiner voraussichtlichen Lebenserwartung nicht mehr angezeigt ist und sie deshalb unterlassen, begrenzt oder beendet wird. In Zweifelsfällen hat die Erhaltung des Lebens Vorrang.

Was Suizid, Suizidintervention und Beihilfe zum Suizid betrifft, sollten Rechtsordnung und gesellschaftliche Praxis weiterhin darauf ausgerichtet sein, Menschen, auch wenn sie schwer krank sind, von dem Wunsch, sich selbst das Leben zu nehmen, abzubringen und ihnen eine Perspektive für ihr Leben zu eröffnen. Bestehen bei einem Suizidversuch eines schwer kranken Menschen klare Anhaltspunkte, dass der Versuch aufgrund eines ernsthaft bedachten Entschlusses erfolgt und dass der Betroffene jegliche Rettungsmaßnahme ablehnt, so sollen nach Auffassung der Mehrheit der Mitglieder des Nationalen Ethikrates Personen, die beispielsweise als Ärzte oder Angehörige eine besondere Einstandspflicht für den Suizidenten haben, von einer Intervention absehen dürfen, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen. Einige Mitglieder des Nationalen Ethikrates halten es für erforderlich, diese Möglichkeit auf Situationen zu beschränken, in denen die schwere Krankheit absehbar zum baldigen Tod führen wird.

Im Hinblick auf die Zulässigkeit der ärztlichen Beihilfe zum Suizid und der organisierten Beihilfe zum Suizid bestehen im Nationalen Ethikrat zum Teil unterschiedliche Auffassungen. Einmütig spricht sich der Nationale Ethikrat für ein strafbewehrtes Verbot einer gewinnorientiert betriebenen Beihilfe zum Suizid aus.

Die Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) sollte beibehalten werden.

Die Stellungnahme Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende kann auf der Website des Nationalen Ethikrates eingesehen werden unter http://www.ethikrat.org/stellungnahmen/ ... ahmen.html.

Direktaufruf der Stellungnahme unter
ttp://www.ethikrat.org/stellungnahmen/pdf/Ste ... eitung.pdf

Pressekontakt:
Dr. Rudolf Teuwsen
Leiter der Geschäftsstelle
Nationaler Ethikrat
Jägerstrasse 22/23
D-10117 Berlin
Tel: +49 +30 203 70-242
Fax: +49 +30 203 70-252
E-Mail: kontakt@ethikrat.org
URL: http://www.ethikrat.org

Quelle: PRESSEMITTEILUNG 03/2006 vom 13. Juli 2006
http://www.ethikrat.org/presse/pm/200603.html

Deutsche Hospiz Stiftung

Schwächste wieder zurück in die Mitte der Gesellschaft holen

Beitrag von Deutsche Hospiz Stiftung » 13.07.2006, 17:41

Deutsche Hospiz Stiftung begrüßt neuen Deutschen Ethikrat / Schwächste wieder zurück in die Mitte der Gesellschaft holen

Berlin. „Es ist gut, dass sich der Nationale Ethikrat mit dem Thema Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende befasst“, lobt der Geschäftsführende Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch. Die bundesweit arbeitende Patientenschutzorganisation für Schwerstkranke und Sterbende begrüßt, dass sich der Ethikrat mit seiner am Donnerstag in Berlin vorgestellten Stellungnahme einem Thema widmet, das in Politik und Gesellschaft immer noch viel zu wenig Beachtung findet. Das ist ein klares Zeichen für Selbstbestimmung, umfassende Sterbebegleitung, aber gegen Euthanasie.

Mit seiner Entscheidung, in den neuen Deutschen Ethikrat, dem Nachfolge-Gremium des Nationalen Ethikrates, auch Vertreter der Hospizarbeit aufzunehmen, hat auch das Bundeskabinett am Mittwoch ein deutliches Signal gegeben. „Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, wieder zurück in die Mitte zu holen, ist eine Frage der Würde und Ethik“, erklärt Brysch. Der Umgang mit den Schwächsten unserer Gesellschaft, den Schwerstkranken und Sterbenden, ist ein Indikator dafür, ob eine Gesellschaft ihren Verfassungsanspruch lebt oder sich dahinter nur eine leere Worthülse verbirgt.

Bei Fragen: Andrea Breddermann Telefon: 030 / 2 84 44 84 – 2

Quelle: Pressemitteilung 24-06 13. Juli 2006

Pat.Verf. Newsletter

Auf Begriff „Sterbehilfe“ völlig verzichten !

Beitrag von Pat.Verf. Newsletter » 13.07.2006, 17:53

Nationaler Ethikrat: Auf Begriff „Sterbehilfe“ völlig verzichten !

Den Begriff der "aktiven oder passiven Sterbehilfe" zu ersetzen, dafür wirbt der Nationale Ethikrat in einer heutigen Stellungnahme. Dabei gehe es um die Präzisierung dessen, was tatsächlich geschehe, erklärte der Mediziner und Mitglied des Ethikrates, Eckardt Nagel, am Donnerstag im Deutschlandradio Kultur.

<< Berlin (ots) - Nach intensiven Beratungen hat der Nationale Ethikrat am heutigen Donnerstag seine Stellungnahme "Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende" veröffentlicht. Sie schließt an die im Juni 2005 veröffentlichte Stellungnahme zur Patientenverfügung an. ....

Der Nationale Ethikrat schlägt vor, die eingeführte, aber missverständliche und teilweise irreführende Terminologie von aktiver, passiver und indirekter Sterbehilfe aufzugeben. Entscheidungen und Handlungen am Lebensende, die sich mittelbar oder unmittelbar auf den Prozess des Sterbens und den Eintritt des Todes auswirken, können angemessen beschrieben und unterschieden werden, wenn man sich terminologisch an folgenden Begriffen orientiert: Sterbebegleitung, Therapie am Lebensende, Sterbenlassen, Beihilfe zur Selbsttötung, Tötung auf Verlangen.

Was Suizid, Suizidintervention und Beihilfe zum Suizid betrifft, sollten Rechtsordnung und gesellschaftliche Praxis weiterhin darauf ausgerichtet sein, Menschen, auch wenn sie schwer krank sind, von dem Wunsch, sich selbst das Leben zu nehmen, abzubringen und ihnen eine Perspektive für ihr Leben zu eröffnen. Bestehen bei einem Suizidversuch eines schwer kranken Menschen klare Anhaltspunkte, dass der Versuch aufgrund eines ernsthaft bedachten Entschlusses erfolgt und dass der Betroffene jegliche Rettungsmaßnahme ablehnt, so sollen nach Auffassung der Mehrheit der Mitglieder des Nationalen Ethikrates Personen, die beispielsweise als Ärzte oder Angehörige eine besondere Einstandspflicht für den Suizidenten haben, von einer Intervention absehen dürfen, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen. ...
Einmütig spricht sich der Nationale Ethikrat für ein strafbewehrtes Verbot einer gewinnorientiert betriebenen Beihilfe zum Suizid aus.

Die Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) sollte beibehalten werden.>>
(Quelle: http://www.juraforum.de/jura/news/news/ ... 217/f/107/ )

Die Stellungnahme Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende kann auf der Website des Nationalen Ethikrates eingesehen werden unter http://www.ethikrat.org/stellungnahmen/ ... ahmen.html

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Kommentar:

Von dem Begriff „Sterbehilfe“ oder „aktive Sterbehilfe“ Abstand zu nehmen, wird nur denjenigen missfallen, die ihre Identität aus der Abgrenzung gegenüber eben diesen ideologisch aufgeladenen Begriffen schöpfen.

Auch die Absehung von Strafandrohung bei Nicht-Hinderung eines freiverantwortlichen Suizids, die der Nationale Ethikrat vorschlägt, ist zu begrüßen. Eine Neubewertung des assistierten Suizids wird zukünftig nicht umhin können, eindeutig gewinnsüchtige Motive zu sanktionieren. Der Nationale Ethikrat hat für eine Neuregelung sinnvollerweise das Kriterium der „Gewinnorientierung“ gewählt, nicht das der „Geschäftsmäßigkeit“. Letzteres würde, wie Gegner von Organisationen wie DIGNITAS bzw. DIGNITATE / Deutschland fordern, auch deren Aktivitäten betreffen.

Juristisch gesehen bezeichnet „geschäftsmäßig“ nämlich eine Handlung, die häufig wiederholt wird, selbst wenn dies völlig unentgeltlich geschieht. Etwas prinzipiell legal Mögliches, wie die Beihilfe zum freiverantwortlichen Suizid, würde dadurch illegal, dass man es öfter - d.h. juristisch gesehen "geschäftsmäßig" tut. Eine solche Wiederholung könnte natürlich auch jeden Arzt betreffen, der häufig mit Schwerstkranke zu tun hat - selbst wenn seine Motive, assistierte Suizidhilfe zu gewähren, völlig selbstlos sind.

Die Stellungnahme erscheint insgesamt wohlausgewogen und einer humanen gesellschaftlichen Praxis zuträglich.

Gita Neumann, Humanistischer Verband Deutschlands

Quelle: PATIENTENVERFUEGUNG NEWSLETTER vom 13.7.2006

FDP Bt.Fraktion

Forderungen des Ethikrates begrüßt

Beitrag von FDP Bt.Fraktion » 14.07.2006, 07:25

KAUCH:
FDP begrüßt Forderungen des Ethikrates zur Selbstbestimmung am Lebensende

BERLIN. Zur Stellungnahme des Nationalen Ethikrates zum Thema Sterbebegleitung erklärt der Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion für Palliativmedizin Michael KAUCH:

Die FDP-Bundestagsfraktion begrüßt, dass der Ethikrat klar Position bezieht für die Selbstbestimmung von Patienten am Lebensende. Die Stellungnahme des Ethikrates deckt sich weitgehend mit dem Antrag der FDP zu Patientenverfügungen, der vor der Sommerpause in erster Lesung im Bundestag behandelt wurde. Jeder Patient muss das Recht haben, über lebenserhaltende Maßnahmen bei allen Krankheiten im Voraus entscheiden zu können.
In der Frage der assistierten Selbsttötung ist die Forderung des Ethikrates bemerkenswert, die Strafandrohung gegenüber Ärzten, die Rettungsversuche unterlassen, unter bestimmten Bedingungen aufzuheben. Diese Rückführung der Garantenpflicht von Ärzten kann die Selbstbestimmung für unheilbar Kranke stärken, bei denen auch die moderne Palliativmedizin versagt und die sich wegen ihres unerträglichen Leides selbst töten wollen.
Eine weitergehende Zulassung der ärztlichen Beihilfe zur Selbsttötung muss im Parlament offen diskutiert werden. Wenig hilfreich sind dagegen Versuche einiger CDU-regierter Bundesländer, die Beratung über die Selbsttötung selbst dann mit dem Strafrecht zu verbieten, wenn sie nicht gewinnorientiert ist.
Die FDP ist sich mit dem Ethikrat einig, dass ein Ausbau der Palliativmedizin in der Ausbildung und im tatsächlichen Angebot im Gesundheitswesen dringend erforderlich ist. Diese Forderungen bestehen im Parlament bereits seit der letzten Wahlperiode. Mehr als eine Absichtserklärung hat die Bundesregierung bisher nicht zustande bekommen. Es ist an der Zeit, die Worte auch in Taten umzusetzen.

Dr. Christoph Steegmans
Pressesprecher und Leiter der Pressestelle der FDP-Bundestagsfraktion
Tel. 030/227 52388
Fax. 030/227 56778
steegmans@fdp-bundestag.de

Quelle: Pressemitteilung vom 13.7.2006

Ärzte Zeitung

Ethikrat fordert klare Begriffe für Sterbehilfe

Beitrag von Ärzte Zeitung » 14.07.2006, 07:43

Ethikrat fordert klare Begriffe für Sterbehilfe

BERLIN (hak). Eine klare Terminologie zur Sterbehilfe soll es Ärzten erleichtern, Therapieentscheidungen am Lebensende ihrer Patienten zu treffen.

Das hat der Nationale Ethikrat gefordert. In seiner gestern veröffentlichten Stellungnahme schlägt das Expertengremium vor, die bisherige Unterscheidung zwischen aktiver, passiver und indirekter Sterbehilfe zu ersetzen durch eindeutigere Begriffe wie Sterbebegleitung, Therapie am Lebensende, Sterbenlassen, Beihilfe zur Selbsttötung und Tötung auf Verlangen.

Die bisherige Terminologie sei "mißverständlich und irreführend", heißt es in der Stellungnahme. Einstimmig sprach sich der Ethikrat dafür aus, Tötung auf Verlangen weiterhin strafrechtlich zu verfolgen. Die Mehrheit des Gremiums hat auch Bedenken, organisierte Suzidbeihilfe zuzulassen.

Allerdings will das Gros des Rates weder Ärzte noch Angehörige dazu verpflichten, einen Suzid zu verhindern, wenn "der Versuch aufgrund eines ernsthaft bedachten Entschlusses" erfolge.

Quelle: Pressemitteilung vom 14.7.2006
http://www.aerztezeitung.de/docs/2006/0 ... system_uns

Lesen Sie dazu auch den Kommentar:
Orientierung durch neue Terminologie
http://www.aerztezeitung.de/docs/2006/0 ... 9a0204.asp

Lesen Sie dazu auch:
Sollen Ärzte beim Suizid helfen dürfen? - Ethikrat sagt Nein
http://www.aerztezeitung.de/docs/2006/0 ... 9a0602.asp

Ethikrat uneins über Beihilfe zum Suizid

Beitrag von » 14.07.2006, 07:46

Stellungnahme zur Sterbebegleitung:
Ethikrat uneins über Beihilfe zum Suizid

Donnerstag, 13. Juli 2006

Berlin - Der Nationale Ethikrat vertritt in seiner Stellungnahme zur Sterbebegleitung keine einheitliche Position beim Thema „Beihilfe zum Suizid“. Das geht aus der am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme „Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende“ hervor. Was Suizid, Suizidintervention und Beihilfe zum Suizid betrifft, sollten Rechtsordnung und gesellschaftliche Praxis nach Auffassung des Ethikrates weiterhin darauf ausgerichtet sein, Menschen von dem Wunsch abzubringen, sich selbst das Leben zu nehmen, auch wenn sie schwer krank sind. Die Reaktionen auf die Stellungnahme vielen unterschiedlich aus.

Bestehen bei einem Suizidversuch eines schwer kranken Menschen klare Anhaltspunkte, dass der Versuch aufgrund eines ernsthaft bedachten Entschlusses erfolgt und dass der Betroffene jegliche Rettungsmaßnahme ablehnt, so sollen nach Auffassung der Mehrheit der Mitglieder des Nationalen Ethikrates „Personen, die beispielsweise als Ärzte oder Angehörige eine besondere Einstandspflicht für den Suizidenten haben, von einer Intervention absehen dürfen, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen“, hieß es am Donnerstag aus dem Rat.
….
Weiter unter
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=24924

Rauel Kombüchen
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Menschenwürde und Lebensschutz

Beitrag von Rauel Kombüchen » 14.07.2006, 16:38

Ärzte Zeitung hat geschrieben:.... Allerdings will das Gros des Rates weder Ärzte noch Angehörige dazu verpflichten, einen Suzid zu verhindern, wenn "der Versuch aufgrund eines ernsthaft bedachten Entschlusses" erfolge. ...
Der Nationale Ethikrat hat ein Papier vorgelegt, dass in wesentlichen Teilen gute Aussagen enthält. Ob es allerdings hilfreich ist, ausdrücklich zuzulassen, eine Selbsttötung unter bestimmten Umständen nicht verhindern helfen zu sollen / müssen, muss bezweifelt werden. Damit werden Möglichkeiten eröffnet, deren Ende nicht gesehen werden kann.
Ich denke, die Kommissionen und Arbeitsgruppen haben jetzt genug geleistet - und vor allem gekostet - jetzt muss der Gesetzgeber Position beziehen, und zwar unter Beachtung der verfassungsmäßigen Gebote: Menschenwürde und Lebensschutz. Alles andere führt in die Irre. Auf Begriffe kommt es nicht an, die Inhalte zählen.

Rauel

BÄK und Lebensrechtler gegen Stellungnahme des Ethikrats

Beitrag von » 15.07.2006, 08:26

BÄK und Lebensrechtler gegen Stellungnahme des Ethikrats
Freitag, 14. Juli 2006

Münster-Passau - Bundesärztekammerpräsident Jörg-Dietrich Hoppe und die Lebensrechtsinitiative „Christdemokraten für das Leben“ (CDL) haben die Stellungnahme des Nationalen Ethikrats zur Sterbebegleitung scharf kritisiert. Mit der ärztlichen Beihilfe zum Selbstmord solle nur das Verbot der Tötung auf Verlangen umgangen werden, sagte Hoppe der „Passauer Neuen Presse“. Die CDL kritisierte, mit dem Papier trage der Rat zur Abwertung menschlichen Lebens bei. Die Stellungnahme öffne Straftaten Tür und Tor, die als Selbstmord getarnt seien.
...
Links zum Thema
» aerzteblatt.de (13.07.2006) Stellungnahme zur Sterbebegleitung: Ethikrat uneins über Beihilfe zum Suizid
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=24924

...Weiter unter
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=24944

Ärztliche Praxis

BÄK-Chef Hoppe kritisiert Vorschläge des Ethikrates

Beitrag von Ärztliche Praxis » 15.07.2006, 08:30

BÄK-Chef Hoppe kritisiert Vorschläge des Ethikrates
Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Prof. Jörg- D. Hoppe, hat die Vorschläge des Ethikrates zum Umgang mit Todkranken scharf kritisiert. „Mit der Methode des assistierten Suizids soll doch nur das Verbot der Tötung auf Verlangen umgangen werden“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Freitag).


14.07.06 - Eine ärztliche Beihilfe bei Selbstmord lehnte er kategorisch ab. „Der Patient hat das Recht auf einen würdigen Tod, nicht darauf, getötet zu werden.“ Das Recht auf einen selbstbestimmten Tod werde zur Farce, „wenn nur noch der nicht getötet werden darf, der ausdrücklich nicht getötet werden will“. Hoppe warnte: „Wenn wir in der Frage der Sterbehilfe nachgeben, werden wir in dieser Gesellschaft in eine ethische Schieflage geraten.“

Beim Selbstmord eines todkranken Menschen sollten dessen Angehörige nach Ansicht des Nationalen Ethikrates nicht wegen unterlassener Hilfeleistung verfolgt werden. Sie sollten „von einer Intervention absehen dürfen, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen“, heißt es in einer Empfehlung des Ethikrates, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Gleichzeitig will das Gremium den behandelnden Ärzten ermöglichen, „Aspekte der Lebensqualität des Patienten über solche der maximalen Lebensverlängerung“ zu stellen. Die Tötung auf Verlangen müsse jedoch strafbar bleiben.

Das interdisziplinär besetzte Gremium, das die Bundesregierung in ethischen Fragen berät, sprach sich auch gegen die Zulassung von Sterbehilfeorganisationen aus. Die Mehrheit der Mitglieder habe „grundlegende Bedenken gegen jede Form der organisierten Suizidbeihilfe“, hatte die Vorsitzende Kristiane Weber-Hassemer bereits am Vorabend in Karlsruhe betont. Dadurch werde Handlungen, die auf die Auslöschung des Lebens gerichtet seien, „der Anschein der Normalität verliehen“. Bei suizidgefährdeten Menschen werde so die Schwelle zur Selbsttötung herabgesetzt.

Quelle: Zeitung "Ärztliche Praxis", 14.7.2006
http://www.aerztlichepraxis.de/artikel? ... 881270&n=1

ALfA-Newsletter

Fragewürdig - Stellungnahme zur Sterbebegleitung

Beitrag von ALfA-Newsletter » 15.07.2006, 08:33

Fragwuerdig: Nationaler Ethikrat legt Stellungnahme zum Thema Sterbebegleitung vor

Berlin (ALfA). Nach intensiven Beratungen hat der Nationale Ethikrat am 13. Juli seine Stellungnahme „Selbstbestimmung und Fuersorge am Lebensende“ zur Sterbebegleitung veroeffentlicht. In dem 62-seitigen Papier schlagen die Mitglieder des Ethikrates vor, die eingefuehrte, aber missverstaendliche und teilweise irrefuehrende Terminologie von indirekter, passiver und aktiver Sterbehilfe aufzugeben und stattdessen von Sterbebegleitung, Therapie am Lebensende, Sterben lassen, Beihilfe zur Selbsttoetung und Toetung auf Verlangen zu sprechen.

Der Ethikrat unterstreicht, dass jeder unheilbar kranke und sterbende Mensch Anspruch darauf habe, unter menschenwuerdigen Bedingungen behandelt, gepflegt und begleitet zu werden. Bei allen Massnahmen der Sterbebegleitung und der Therapien am Lebensende sei der Wille des Betroffenen massgebend. Zum Sterben lassen gehoere nach Ansicht der Ethikrat-Mitglieder, dass jeder Patient das Recht hat, eine medizinische Massnahme abzulehnen, auch dann, wenn diese Massnahme sein Leben verlaengern koennte. Gleiches gelte, wenn der Betroffene zu einer Erklaerung ausser Stande ist, seine Ablehnung aber hinreichend sicher aus einer Patientenverfuegung oder sonstigen verlaesslichen Anhaltspunkten zu entnehmen ist. Sofern es keine sicheren Erkenntnisse ueber den Willen des Patienten gibt oder ein solcher nicht gebildet werden konnte, solle es keine strafrechtliche und berufsrechtliche Sanktion nach sich ziehen, „wenn eine medizinische Behandlung unter Abwaegung ihrer Aussichten auf Erfolg, des Leidenszustandes des Patienten und seiner voraussichtlichen Lebenserwartung nicht mehr angezeigt ist und sie deshalb unterlassen, begrenzt oder beendet wird.“ In Zweifelsfaellen habe die Erhaltung des Lebens Vorrang.

Jedem unheilbar kranken und sterbenden Menschen muesse eine ausreichende palliativmedizinische Versorgung gewaehrt werden. Dabei sollten Aerzte Aspekte der Lebensqualitaet des Patienten ueber solche der maximalen Verlaengerung seines Lebens stellen duerfen, ohne strafrechtliche Verfolgung befuerchten zu muessen. Eine ausreichende stationaere und ambulante Versorgung in Pflegeheimen, Palliativstationen und Hospizen sei ebenso dringend geboten wie der Ausbau von Angeboten der interdisziplinaeren Aus- und Fortbildung fuer Aerzte und Pflegende im Umgang mit Schwerkranken und Sterbenden. Das Engagement von Ehrenamtlichen und Angehoerigen bei der Sterbebegleitung solle gefoerdert und unterstuetzt werden. und Angehoerigen sollte eine kompetente Beratung ueber Pflege- und Versorgungsmoeglichkeiten von schwer kranken Menschen zur Verfuegung stehen.

Uneinigkeit bestand bei den Ethikrat-Mitgliedern in Bezug auf Suizid, Suizidintervention und Beihilfe zum Suizid. Bestehen bei einem Suizidversuch eines schwer kranken Menschen klare Anhaltspunkte, dass der Versuch aufgrund eines ernsthaft bedachten Entschlusses erfolgt und dass der Betroffene jegliche Rettungsmassnahme ablehnt, so sollen nach Auffassung der Mehrheit der Gremiumsmitglieder Personen, die beispielsweise als Aerzte oder Angehoerige eine besondere Einstandspflicht fuer den Suizidenten haben, von einer Intervention absehen duerfen, ohne Strafverfolgung befuerchten zu muessen. Einige Mitglieder des Nationalen Ethikrates halten es dabei fuer erforderlich, diese Moeglichkeit auf Situationen zu beschraenken, in denen die schwere Krankheit absehbar zum baldigen Tod fuehren wird.

In der aerztlichen Beihilfe zum Suizid sehen laut Stellungnahme viele Mitgliedereinen Widerspruch zum aerztlichen Ethos und lehnen es deshalb ab, sie berufsrechtlich zuzulassen. Nach Auffassung eines anderen Teils der Mitglieder sollte es Aerzten jedoch moeglich sein, „einem Patienten bei der Durchfuehrung eines Suizids behilflich zu sein, sofern ein unertraegliches und unheilbares Leiden des Patienten vorliegt, die Entscheidungsfaehigkeit des Patienten gegeben ist und sein Wunsch zu sterben – nach Beratung und ausreichender Bedenkzeit – als endgueltig anzusehen ist.“

Einmuetig spricht sich der Nationale Ethikrat fuer ein strafbewehrtes Verbot einer gewinnorientiert betriebenen Beihilfe zum Suizid aus. Die Strafbarkeit der Toetung auf Verlangen (§ 216 StGB) sollte beibehalten werden.

Weitere Informationen:

Selbstbestimmung und Fuersorge am Lebensende
Stellungnahme Nationaler Ethikrat
62 Seiten im PDF-Format, veroeffentlicht 13.07.06
http://www.ethikrat.org/stellungnahmen/ ... eitung.pdf

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+ Kritik: Stimmen zur Ethikrat-Stellungnahme

Berlin (ALfA). Insgesamt hat die Stellungnahme des Nationalen Ethikrates zur Sterbebegleitung ein recht gemischtes Echo ausgeloest. Zwar wurde die Stellungnahme zur Thematik als solche begruesst aber in vielen Punkten auch kritisiert, insbesondere in Bezug auf die Suizidbeihilfe.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Karl Kardinal Lehmann, begruesste in einer Pressemitteilung vom 12. Juli, dass sich der Nationale Ethikrat einmuetig dafuer ausspricht, die Strafbarkeit und damit das Verbot der Toetung auf Verlangen beizubehalten, jede Anstiftung zur Selbsttoetung als ethisch verwerflich zu verurteilen und alle gewinnorientiert betriebenen Formen der Sterbebegleitung abzulehnen. Es falle jedoch auf, dass es in vielen anderen grundlegenden Fragen offenbar keine Einigkeit unter den Mitgliedern gibt und auch die ethischen und rechtlichen Begruendungen recht unterschiedliche Sichtweisen und Bewertungen zum Ausdruck bringen.

Es sei aber „ausserordentlich befremdlich, wenn der Eindruck entsteht, dass das Verbot der Toetung auf Verlangen nach Meinung einiger Mitglieder des Nationalen Ethikrates lediglich aus Ruecksicht auf die besondere historische Situation in Deutschland aufrechterhalten wird. Wir bedauern, dass in vielen wichtigen Fragen kein groesserer Konsens erzielt werden konnte“, sagte Lehmann. Insbesondere im Blick auf die Ueberlegungen zu Suizid, Suizidintervention und Beihilfe zum Suizid, die im Vergleich zu vielen anderen wichtigen Fragestellungen in der Stellungnahme seiner Ansicht nach merkwuerdig ausfuehrlich behandelt werden, weichen die Auffassungen und Voten zum Teil erheblich voneinander ab. Die Kirche, aber auch die Aerzteschaft selbst haetten immer wieder unmissverstaendlich deutlich gemacht, dass eine Mitwirkung von Aerzten bei der Selbsttoetung dem aerztlichen Ethos widerspricht.

Entschieden abzulehnen sei auch der Vorschlag einer oeffentlichen Duldung oder Foerderung institutionalisierter Suizidbeihilfe. „Die Akzeptanz solcher Angebote wuerde den Schutzauftrag der Gesellschaft gegenueber suizidgefaehrdeten Menschen aushoehlen und dem Suizid den Anschein von Normalitaet und gesellschaftlicher Akzeptanz verleihen“, kritisierte der DBK-Vorsitzende.

Auch der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, ehemals Mitglied des Nationalen Ethikrates, nannte es trotz vorangehender positiver Wuerdigung der Stellungnahme „verhaengnisvoll“, dass die Gremiumsmitglieder mit Blick auf die Beihilfe zum Suizid und die Toetung auf Verlangen nicht zu klareren Ergebnissen kommen.

Lob kam dagegen von der Deutschen Hospiz Stiftung in einer Pressemitteilung vom 13. Juli. Ihr Geschaeftsfuehrer, Eugen Brysch, sagte, die bundesweit arbeitende Patientenschutzorganisation fuer Schwerstkranke und Sterbende begruesse, dass sich der Ethikrat mit seiner vorgestellten Stellungnahme einem Thema widmet, das in Politik und Gesellschaft immer noch viel zu wenig Beachtung findet. Dies sei „ein klares Zeichen fuer Selbstbestimmung, umfassende Sterbebegleitung, aber gegen Euthanasie.“

Anders sieht dies der Praesident der Bundesaerztekammer, Joerg-Dietrich Hoppe. Er kritisierte die Vorschlaege des Ethikrates zum Umgang mit Todkranken. „Mit der Methode des assistierten Suizids soll doch nur das Verbot der Toetung auf Verlangen umgangen werden“, sagte er gegenueber der „Passauer Neuen Presse“. Er lehnt eine aerztliche Beihilfe zum Selbstmord kategorisch ab.


Weitere Informationen:

Erklaerung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, zur Stellungnahme des Nationalen Ethikrates "Selbstbestimmung und Fuersorge am Lebensende" am 13. Juli 2006
PRESSEMITTEILUNG Deutsche Bischofskonferenz 13.07.06
http://dbk.de/presse/pm2006/pm2006071301.html

Positive Wuerdigung und kritische Anfragen
Ratsvorsitzender der EKD zur Stellungnahme des Nationalen Ethikrates
Der Stellungnahme des Nationalen Ethikrates "Selbstbestimmung und Fuersorge am Lebensende" gebuehre positive Wuerdigung, aber aus Sicht der Kirche seien auch kritische Anfragen angezeigt.
PRESSEMITTEILUNG EKD 13.07.06
http://www.ekd.de/presse/pm147_2006_rv_ethikrat.html

Manifest der Zerrissenheit
Die Stellungnahme des Nationalen Ethikrates zeigt: Beim Thema Sterbehilfe gibt es keinen Konsens.
Kommentar von Alexander Kissler
Greift die „Desensibilisierung des Gewissens“ nun auch im Nationalen Ethikrat um sich?
SUEDDEUTSCHE.DE 14.07.06
http://www.sueddeutsche.de/deutschland/ ... 626/80546/

Orientierung durch neue Terminologie
Kommentar von Hanno Kautz
Probleme mit der Sterbebegleitung loesen zu wollen, indem man sich - wie der Nationale Ethikrat gestern - an den Begrifflichkeiten zu schaffen macht, ist nur scheinbar abstrakt. Es ist im Gegenteil sogar praxisnah und hilfreich.
Aerzte Zeitung, 14.07.2006
http://www.Aerztezeitung.de/docs/2006/0 ... 9a0204.asp

Quelle: ALfA-Newsletter 26/06 vom 14.07.2006

Aktion Mensch

Sterben: Ein individuelles Geschehen

Beitrag von Aktion Mensch » 16.07.2006, 07:06

Der Ethikrat zum Thema Sterben: Ein individuelles Geschehen

Welche Verantwortung hat die Gesellschaft für das menschenwürdige Sterben des Einzelnen, für dieses "individuelle Geschehen"? Kaum ein anderes Thema hat der Nationale Ethikrat so grundsätzlich diskutiert, hat Tagungen veranstaltet, ein ganzes Buch dazu vorgelegt. Schon seine Stellungnahme zum Thema Patientenverfügung vom Juni 2005 kreiste um den Grenzbereich von Leben und Tod. Nun veröffentlichte das 25-Mitglieder-Gremium am Donnerstag in Berlin seine Stellungnahme "Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende" - und stößt damit auf deutliche Kritik.
Mehr dazu unter:
http://www.1000fragen.de/projekt/aktuel ... d=330&pn=0

Quelle: Newsletter der Aktion Mensch, 15. Juli 2006

Christian Frodl

www.sterbehilfe-debatte.de

Beitrag von Christian Frodl » 17.07.2006, 17:12

Am 13. Juli 2006 hat der Nationale Ethikrat seine Stellungnahme "Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende" zur Sterbebegleitung veröffentlicht. Diese Stellungnahme wurde zwar insgesamt begrüßt, doch gab es auch erhebliche Kritik an dem 62-seitigen Papier. Dazu haben wir auf unserer Sonderseite der InteressenGemeinschaft Kritische Bioethik Deutschland unter http://www.sterbehilfe-debatte.de in der Rubrik &#132;Neues&#147; ein umfangreiches Themenspecial zusammengestellt mit den wichtigsten Inhalten der Stellungnahme und einem umfassenden Pressespiegel.

Das Themenspecial zur Ethikrat-Stellungnahme finden Sie direkt unter
http://www.sterbehilfe-debatte.de/sterb ... 07-06.html
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NEUES INFOPORTAL ZUR STERBEHILFE-DEBATTE
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Auf dem neuen Infoportal der InteressenGemeinschaft Kritische Bioethik Deutschland zur Sterbehilfe-Debatte unter http://www.sterbehilfe-debatte.de finden Sie seit kurzem in gebündelter Form alle Informationen zum Thema Patientenverfügung, Palliativmedizin, Sterbebegleitung und Hospizarbeit contra Sterbehilfe / Euthanasie.

Dort gibt es
- in der Rubrik Neues Neuigkeiten rund um das Thema Sterben und Tod,
- unter Pressespiegel eine wöchentlich aktualisierte Zusammenstellung zum Thema in den Medien, die einen Überblick bietet über die aktuellen Diskussionen, (Ebenfalls eingeflossen hier Artikel und Meldungen zum Thema (Alten-)Pflege. Denn eine menschenwürdige Pflege in Altenheimen, von der wir in Deutschland noch weit entfernt sind, ist mit eine Grundvoraussetzung um der aktiven Sterbehilfe entgegenzutreten.)
- unter Dokumente eine Sammlung von Gesetzestexten und Diskussionsvorlagen aus dem Parlament, Stellungnahmen, Positionspapiere und sonstige Texte zum Thema,
- in der Rubrik Literatur Bücher rund um das Thema Sterbebegleitung / Hospizarbeit contra Sterbhilfe / Euthanasie,
- unter Adressen eine umfangreiche Sammlung an Kontaktstellen von Organisationen, Einrichtungen etc., die Ihnen weiterhelfen in konkreten Fragen zum Lebensende, insbesondere Adressen von Hospizvereinen und palliativmedizinischen Einrichtungen und Diensten,
- sowie Links für weiterführende Informationen.
- Schließlich können Sie sich unter Kontakt auch direkt an uns wenden, wenn Sie Fragen haben oder Hilfe benötigen. Wir werden dann versuchen, Ihnen weiterzuhelfen.

Alle Inhalte wurden vom Hauptportal der IG Kritische Bioethik Deutschland zu Bioethik-Themen unter www.kritische-bioethik.de übernommen.

Wir möchten Ihnen mit diesem Infoportal zur Sterbehilfe-Debatte die Möglichkeit geben, sich auf Ihre Art mit dem Thema Tod und Sterben auseinanderzusetzen und Ihnen Informationen geben, die zeigen, dass auch ein Sterben in Würde möglich ist. Zum Beispiel durch Palliativmedizin, Hospizarbeit und Sterbebegleitung. Denn die vermeintliche "Sterbehilfe" über die so oft diskutiert wird, bedeutet faktisch nichts anderes als töten. Das Motto "Nicht sterben durch die Hand eines anderen, sondern an der Hand eines anderen" soll hier Denkanstöße bieten.
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HINWEIS AN MULTIPLIKATOREN UND WEBSEITENBETREIBER
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Wir würden uns freuen, wenn Sie uns helfen würden, dieses Themenportal zur Sterbehilfe-Debatte bekannter zu machen. Falls Sie selbst eine Webseite betreiben oder Artikel zum Thema veröffentlichen, wären wir dankbar für einen Link auf http://www.sterbehilfe-debatte.de . Vielen Dank im Voraus für Ihre Mithilfe !

Kurzbeschreibung:
http://www.sterbehilfe-debatte.de
Infoportal der InteressenGemeinschaft Kritische Bioethik Deutschland zum Thema Patientenverfügung, Sterbebegleitung und Hospizarbeit contra Sterbehilfe / Euthanasie

Ausführliche Beschreibung:
http://www.sterbehilfe-debatte.de
Infoportal der InteressenGemeinschaft Kritische Bioethik Deutschland zum Thema Patientenverfügung, Palliativmedizin, Sterbebegleitung und Hospizarbeit contra Sterbehilfe / Euthanasie mit Neuigkeiten, wöchentlich aktuellem Pressespiegel, Literaturhinweisen, zahlreichen Dokumenten und Texten, Adressen und Links.

Mit freundlichen Grüßen
Christian Frodl
Sprecher der
InteressenGemeinschaft Kritische Bioethik Bayern

STMAS

Palliativmedizin und Hospizarbeit gegen aktive Sterbehilfe

Beitrag von STMAS » 19.07.2006, 06:45

Stellungnahme des Nationalen Ethikrats zur Sterbebegleitung
Stewens: Mit Palliativmedizin und Hospizarbeit gegen aktive Sterbehilfe und ärztlich assistierte Selbsttötung


„Jeder unheilbar kranke und sterbende Mensch hat Anspruch darauf, unter menschenwürdigen Bedingungen behandelt, gepflegt und begleitet zu werden. Jedem unheilbar kranken und sterbenden Menschen muss eine ausreichende palliativmedizinische und hospizliche Versorgung gewährt werden.“ Mit diesen Worten kommentierte Bayerns Sozialministerin Christa Stewens heute in München die Stellungnahme des Nationalen Ethikrats zum Thema „Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende“, die am gestrigen Donnerstag veröffentlicht wurde.
„Nicht nur die aktive Sterbehilfe, sondern auch die ärztlich assistierte Selbsttötung sind strikt abzulehnen“, erklärte Stewens und fügte hinzu: „In Deutschland ist die Tötung auf Verlangen aus gutem Grund unter Strafe gestellt, weil die Missbrauchsgefahr zu hoch und kaum zu beherrschen ist. Dies zeigen insbesondere die Erfahrungen aus den Niederlanden und aus Belgien, wo die aktive Sterbehilfe legalisiert ist. Ebenso lehnen wir die ärztlich assistierte Selbsttötung, wie sie durch Sterbehilfeorganisationen wie ‚Dignitas’ propagiert wird, entschieden ab. Stattdessen muss der Lebensschutz in den Mittelpunkt gerückt werden.“
Stewens: „Die Staatsregierung setzt stattdessen auf eine mitfühlende und qualitativ hochwertige Begleitung, auf gute palliativpflegerische Betreuung und auf eine effektive Palliativmedizin, die ein würdiges und schmerzfreies Leben bis zuletzt ermöglicht. Die Weiterentwicklung der Palliativmedizin und des Hospizwesens ist das überzeugende Gegenkonzept zur aktiven Sterbehilfe. „
An den bayerischen Krankenhäusern werden nach den Worten der Ministerin - insbesondere aufgrund der finanziellen Anstrengungen der letzten Jahre - 23 Palliativstationen betrieben. Im Mai 2006 habe der Krakenhausplanungsausschuss ein Fachprogramm für Palliativstationen beschlossen. „Das Sozialministerium fördert aber nicht nur die Errichtung von Palliativstationen, sondern auch die Qualifizierung von Ärzten, Pflegepersonal und verschiedenen psycho-sozialen Berufsgruppen in Palliative Care, indem es die vier bayerischen Akademien für Palliativmedizin, Palliativpflege und Hospizarbeit finanziell unterstützt. Insgesamt hat das Sozialministerium in den letzten Jahren rund fünf Millionen Euro in die Verbesserung der Versorgung Schwerstkranker und Sterbender investiert“, teilte Stewens mit.

Quelle: Pressemitteilung vom 14.7.2006
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen
Winzererstraße 9
80797 München
http://www.stmas.bayern.de/cgi-bin/pm.p ... 07-348.htm

Pat.Verf. Newsletter

Heilsbotschaften, Verbote oder offene Gesprächskultur?

Beitrag von Pat.Verf. Newsletter » 24.07.2006, 07:19

Heilsbotschaften, Verbote oder offene Gesprächskultur?

Was wollen, sollen unsere Ärztinnen und Ärzte bei ernsthaft und wohlüberlegtem Suizidbegehren eines ihrer todkranken Patienten tun? Auf Heilsbotschaften setzen, sich hinter Verboten verstecken und damit jedes Gespräch darüber im Keim ersticken? Oder auf Ehrlichkeit als Basis einer ethischen Bewertung und einer guten Arzt/Patientenbeziehung vertrauen?
Wir haben uns entschlossen, ein „öffentlich-rechtliches“ Projekt (s.u.) für eine offene Gesprächskultur zu unterstützen. Nicht zuletzt die diesbezüglichen Kritik deutscher Kirchenführer an der Stellungnahme des Deutschen Ethikrates gibt Anlass, die Auffassung ganz „normaler“ Ärztinnen und Ärzte selbst zu ihrem Ethos einmal aus erster Hand kennenzulernen.


KIRCHENFÜHRER KRITISIEREN NATIONALEN ETHIKRAT IN DER SUIZIDFRAGE

<< Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, hat die Stellungnahme des Nationalen Ethikrates zur Sterbebegleitung / Sterbehilfe in einem wichtigen Punkt als „verhängnisvoll“ kritisiert: Das partielle Ja zur ärztlichen Suizidbeihilfe stelle den „in Deutschland bestehenden Konsens über das ärztliche Ethos in Frage», erklärte Huber.

Auch Kardinal Karl Lehmann nannte es "ausserordentlich befremdlich", dass der Nationale Ethikrat nicht jeder Form der aktiven Sterbehilfe mit der gebotene Eindeutigkeit eine deutliche Absage erteilt. Die Kirche und die Ärzteschaft hätten demgegenüber wiederholt unmissverständlich deutlich gemacht, dass eine Mitwirkung von Ärzten bei der Selbsttötung dem ärztlichen Ethos widerspricht....
Siehe:
http://www.jesus.ch/index.php/D/article ... ritisiert/


WIE SEHEN DIES ÄRZTINNEN UND ÄRZTE IN DEUTSCHLAND SELBST ?

Diese Frage rund um Zulassen und/oder Ermöglichung eines Patientensuizids bei schwerem Leiden wirft eine Fernsehreportage auf, die im November in der ARD ausgestrahlt werden soll. Das Redaktionsteam hat uns um Mithilfe gebeten, um hier zu authentischen, ehrlichen, nachdenklichen und ethisch abwägenden Überlegungen zu kommen. (Wie z. B. den folgenden des Geriater Roland Kunz im Interview zu Palliativmedizin und Suizidhilfe.)

Möchten auch Sie als Ärztin oder Arzt Ihre Erfahrung, ggf. Ihre Wünsche oder Befürchtungen bezogen auf die (rechtliche) Situation in Deutschland einmal zur Sprache bringen? Ist das Suizidbegehren eines Ihrer todkranken Patienten schon einmal zur Gewissensfrage für Sie geworden? Haben Sie (oder Kolleg/inn/en von Ihnen) schon einmal Angst haben müssen, sich wegen unterlassener Hilfeleistung (gemäß dem Wunsch Ihres sterbewilligen Patienten) verantworten zu müssen? Dann können Sie sich gern an meine persönliche eMail wenden, die außer mir niemand einsehen kann:

gneumann.hvd-berlin@humanismus.de

Ich sichere Ihnen – solange Sie dies möchten – absolute Anonymität zu. Wenn Ihr persönlicher Beitrag (bzw. Ihre eMail-Adresse oder Telefon-Nr.) direkt an den zuständigen ARD-Reporter weitergeleitet werden soll, bitte ich dies kenntlich zu machen.
Sie können uns auch als Patient/in (oder Angehöriger) Ihre Erfahrungen mitteilen, die Sie gemacht haben, wenn Sie eine Ärztin / einen Arzt Ihres Vertrauens auf die Möglichkeit einer Suizidbeihilfe bei fortgeschrittenem schweren Leiden angesprochen haben. Vielen Dank für Ihr Vertrauen und Ihre Mithilfe bei diesem ARD-Fernsehprojekt.

Gita Neumann, Humanistischer Verband Deutschlands, Tel. 030 61390411

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Anbei Interview mit dem Züricher Geriater Roland Kunz zu Palliativmedizin und Suizidhilfe:

Frage: Geschieht es oft, dass ein unheilbar kranker Patient die Verabreichung eines tödlichen Medikamentes verlangt?

Dr. Roland Kunz:
Ich erlebe das hie und da. So sagten mir Patienten, dass sie nicht mehr weiterleben wollten und mit einer Sterbehilfeorganisation Kontakt aufgenommen hätten. Sie fragten, ob ich ein Rezept für ein tödliches Medikament ausstellen könnte. Bis jetzt musste ich aber noch nie ein solches Medikament verschreiben - ich hätte mich allerdings bei Patienten, die ich nicht gut genug kenne, sowieso geweigert, das zu tun.

Frage: Sie könnten sich also vorstellen, ein tödliches Medikament zu verschreiben, wenn Sie die Situation des Patienten gut genug kennen?

Dr. Roland Kunz:
Ja, wenn es dem ausdrücklichen Wunsch des Patienten entspricht und er trotz Ausschöpfung aller palliativmedizinischen Mittel weiter leidet. Das Wichtigste in einer solchen Situation ist für mich zu wissen, warum jemand ein solches Medikament will und ob er kompetent über andere Möglichkeiten informiert wurde. Gerade solche Abklärungen machen die Sterbehilfeorganisationen meines Erachtens immer noch zu wenig sorgfältig. Ich glaube, dass bei Exit wie bei Dignitas nicht jedermann imstande ist, eine solche Situation zu beurteilen. Folgende Fragen müssen geklärt werden: Wie weit beeinflusst eine momentane Depression den Sterbewunsch? Wie weit sind die medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft? Ist der Patient über seine Krankheit informiert? Was bringt die Krankheit alles mit sich? Welches sind die Möglichkeiten der Behandlung? Wer soll die Abklärungen und Beratungen machen? Hier braucht es unbedingt klare Regeln, so zum Beispiel das Einholen einer Zweitmeinung. ... . Dass ich bis jetzt n
och nie ein Rezept für ein tödliches Medikament ausstellen musste, lag daran, dass ich die Situation mit dem Patienten eingehend analysiert habe. Manche Probleme konnten gemildert werden, Schmerzen zum Beispiel.

Frage: Untersuchungen in Oregon haben gezeigt, dass bei Leuten, die Sterbehilfe verlangen, nicht die Angst vor Schmerzen, sondern das Bedürfnis, bis zuletzt Herr der Lage zu sein, ausschlaggebend war.

Dr. Roland Kunz:
Ich glaube, dass das tatsächlich die Tendenz ist. Die Leute, die ich kannte, waren sehr rationale Menschen, die vor allem Angst vor Kontrollverlust hatten. Ganz wichtig ist es deshalb, in einer solchen Situation eine Vertrauensbasis zu schaffen. Oft ist es zudem so, dass Patienten, die aus dem Leben scheiden möchten, gleichzeitig diverse lebenserhaltende Medikamente nehmen. Der erste Schritt zur Eigenverantwortung wäre, dass der Patient entscheidet, ob er Medikamente einnehmen oder Therapien fortführen will. Ein blinder Diabetiker zum Beispiel hat dreimal pro Tag Insulin gespritzt. Gleichzeitig wollte er nicht mehr weiterleben. Wir haben dann die Lösung mit ihm diskutiert, die Insulinspritzen abzusetzen. Den Entscheid über diese Art von passiver Sterbehilfe hat er ganz alleine getroffen. ... >>
Quelle: http://www.nzz.ch/2006/07/17/zh/articleE9TTN.html.

Quelle: PATIENTENVERFUEGUNG NEWSLETTER vom 23.7.2006

Ärzte Zeitung

Wann gilt der Patientenwille?

Beitrag von Ärzte Zeitung » 26.07.2006, 06:29

HINTERGRUND
Kann die Qualität der Sterbehilfe-Diskussion mit weniger mißverständlichen Begriffen verbessert werden?

Von Christoph Fuhr

Wer kann schon die exakten Unterschiede erklären: zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe, zwischen indirekter Sterbehilfe und assistiertem Suizid? Die Begriffe verwirren, der Nationale Ethikrat sieht dringend Handlungsbedarf.
...
Weiter unter
http://www.aerztezeitung.de/docs/2006/0 ... 7a0201.asp

Lesen Sie dazu auch:
Wann gilt der Patientenwille?
http://www.aerztezeitung.de/docs/2006/0 ... system_uns

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