Sachverständigengutachten: Gröhe kündigt neues Landarztgesetz an
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe will „in Kürze“ ein Gesetz auf den Weg bringen, um die medizinische Versorgung in strukturschwachen Regionen zu verbessern. Das kündigte er bei der Vorstellung des neuen Gutachtens des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen an. Die Versorgung auf dem Land habe für die Koalition eine „sehr hohe Bedeutung“ und das Gutachten liefere „wertvolle Impulse“, so der Minister. Die Sachverständigen konzentrieren sich erstmalig seit ihrem Gutachten von 2000/2001 wieder auf Über-, Unter- und Fehlversorgung und mahnen eine stärker am Bedarf orientierte Versorgung an. In Ballungsräumen herrsche zumeist Überversorgung, auf dem Land drohe teilweise im ambulanten Bereich Unterversorgung. Die Gesundheitsweisen empfehlen unter anderem die Einführung lokaler Gesundheitszentren auf dem Land.
Kommentar:
Das Geld muss der Leistung folgen, lautet ein altes Motto der Ärzteschaft. Wer aber folgt dem Bedarf? Anscheinend zu wenige, daran hat auch das sogenannte Landarztgesetz vor zwei Jahren nicht viel geändert. Die Ärzte knubbeln sich immer noch in der Stadt, auf dem Land machen sie sich allmählich rar. Oder mit den Worten des obersten Gesundheitsweisen Ferdinand Gerlach:„Die meisten Ärzte arbeiten dort, wo sie am wenigsten gebraucht werden.“ Lokale Gesundheitszentren auf dem Lande einführen zu wollen, ist ein guter Vorschlag, zumal die Generation Y, die auch und gerade unter den jungen Ärzten zu finden ist, die damit verknüpften Angestelltenverhältnisse und Teilzeitangebote attraktiv findet. Die Patienten wird‘s freuen, auch weil die Zentren neben Ärzten möglichst noch Pfleger anstellen sollen. Das ist, nebenbei bemerkt, ein guter Beitrag, um Barrieren zwischen den Versorgungsbereichen abzubauen. (ink)
«BLICKPUNKT HINTERGRUND»
■ Gutachten: Sachverständigenrat mahnt bedarfsgerechtere Versorgungsangebote an
Sind die Ressourcen in der medizinischen Versorgung richtig verteilt?
Dieser Frage geht der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung
im Gesundheitswesen in seinem jüngsten Gutachten nach. Er meint:
An vielen Stellen muss die Politik umsteuern, damit die Versorgung sich
besser am Bedarf orientieren kann.
Gut 13 Jahre ist es her, da legten die sogenannten Gesundheitsweisen ein
Gutachten vor, das bereits durch seinen Titel für Aufmerksamkeit sorgte.
Thematisiert wurden „Über-, Unter- und Fehlversorgung“ im deutschen Gesundheitswesen.
Damals konzentrierten sich die Sachverständigen auf mögliche
Versorgungsprobleme im Falle einzelner Erkrankungen. Seit dieser Zeit
sind etwa alle zwei Jahre Gutachten erschienen, beispielsweise zu mehr Kooperation
und Integration der Versorgung vor dem Hintergrund der demografischen
Entwicklung. Doch erst das Ende Juni 2014 erschienene Gutachten
„Bedarfsgerechte Versorgung – Perspektiven für ländliche Regionen und ausgewählte
Leistungsbereiche“ widmet sich wieder der Fehlverteilung von Kapazitäten.
Es beleuchtet diesmal vor allem zwei Aspekte, die die ambulante
Versorgung betreffen und deren jeweilige Entwicklung die Sachverständigen
als „besorgniserregend“ einstufen: die Unterschiede zwischen ländlichen
und städtischen Regionen sowie zwischen hausärztlicher Grund- und
spezialisierter Facharztversorgung.
» Zuschläge und Gesundheitszentren:
Ambulante Versorgung auf dem Land sichern
Der Sachverständigenrat ist der Ansicht, dass das Vertragsarztrechts-Änderungsgesetz,
das Versorgungsstrukturgesetz und diverse Reformen der vertragsärztlichen
Bedarfsplanung bislang zu wenig erreicht haben: In vielen
Städten herrscht immer noch ein Überangebot an niedergelassenen Medizinern,
in einigen ländlichen Regionen werden die Ärzte, insbesondere Hausärzte
knapp. Verschärft wird das Problem dadurch, dass demnächst besonders
viele Hausärzte – nach Schätzungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
sind es bis 2021 jährlich rund 2.200 – in Ruhestand gehen, zugleich
Jungmediziner vor allem in den spezialisierten, aber kaum noch in den hausärztlichen
Bereich drängen. Laut Sachverständigenrat werden nur noch zehn
Prozent der Abschlüsse in den Fächern Allgemeinmedizin und Innere Medizin
gemacht. Nötig sei eigentlich die doppelte Zahl.
Um die Landarzttätigkeit attraktiver zu gestalten, schlägt der Sachverständigenrat
unter anderem Folgendes vor:
- Eingeführt wird ein Landarztzuschlag, das heißt ein Vergütungszuschlag
von 50 Prozent für zehn Jahre, wenn in einem Planungsbereich weniger
als 90 Prozent der vorgesehenen Hausärzte oder weniger als 75 grundversorgende
Fachärzte praktizieren. Er soll für die Regelversorgung,
eventuell auch für Selektivverträge gelten.
- Ist ein Planungsbereich zu 200 Prozent oder mehr versorgt
(Ausnahmen gelten für Psychotherapeuten), müssen Kassenärztliche
Vereinigungen freiwerdende Arztsitze aufkaufen.
- Medizinische Fakultäten erhalten finanzielle Anreize, die Ausbildung
in der Allgemeinmedizin zu fördern.
- Eingeführt werden zentralisierte und regional vernetzte Einrichtungen
in ländlichen Gebieten. Der Sachverständigenrat nennt sie „Lokale Gesundheitszentren
zur Primär- und Langzeitversorgung“ (LGZ). Sie sichern
ein hohes Versorgungsniveau und bieten Ärzten und Pflegekräften
attraktive (Teilzeit-)Arbeitsplätze. Der im Koalitionsvertrag vorgesehene
Innovationsfonds soll die LGZ bei der Vergabe von Fördergeldern möglichst
berücksichtigen, also bei der Erprobung und Etablierung unterstützen.
» Kliniken: Qualitätsorientierung ist richtig
Im stationären Bereich, so meint der Sachverständigenrat, bestehe insgesamt
ein Überangebot an Versorgungskapazitäten. Doch es gelte nicht nur, Überkapazitäten
in den Ballungsräumen abzubauen, sondern auch, „die wirtschaftliche
Überlebensfähigkeit von bedarfsnotwendigen Krankenhäusern in dünnbesiedelten
Regionen“ zu sichern. Außerdem müssten Strukturreformen
dafür sorgen, dass höher spezialisierte Leistungen nur in Kliniken erbracht
würden, die auch die notwendige Qualität liefern könnten. Die im Koalitionsvertrag
vorgesehenen Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität unterstützt
der Sachverständigenrat. Darüber hinaus setzt er sich für die Einrichtung
eines Fonds ein, mit dessen Hilfe Überkapazitäten abgebaut werden sollen.
Einen solchen Abwrackfonds hatte die Große Koalition zunächst erwogen,
dann aber nicht in ihrem Koalitionsvertrag vorgesehen.
» Vorschläge zu Pflege, Reha, Arzneimittel und Medizinprodukten
Der Sachverständigenrat hat neben der ambulanten und stationären Versorgung
auch die Situation in der Pflege, in der Rehabilitation und der Arzneimittelversorgung
analysiert. Da die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, meint er, sei
„in allen Bereichen der pflegerischen Versorgung ein Ausbau der Kapazitäten
unabdingbar“. Deshalb setzt er sich unter anderem für die Entwicklung neuer
Muster der Kooperation und Aufgabenteilung zwischen den Gesundheitsberufen
sowie für die baldige Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs
ein. Bei der Rehabilitation plädiert das Gremium für die Ausschöpfung von
Effizienzreserven und mehr Forschungsförderung. Außerdem spricht es sich
für eine klare Trennung von Kostenträgern und Leistungserbringern ein, was
auch auf eine Privatisierung oder Kommunalisierung von Eigeneinrichtungen
hinauslaufen könnte. In der Arzneimittelversorgung macht sich der Sachverständigenrat
für eine Reform der Apothekerhonorare stark, die zu mehr
Wettbewerb unter den Apotheken führen soll. Außerdem rüttelt er am Fremdund
Mehrbesitzverbot. Für Medizinprodukte mit erhöhtem oder hohem Risikopotenzial
fordert er eine europaweite zentrale Zulassung mit Nachweis
von Sicherheit und Wirksamkeit.
Infos: http://www.svr-gesundheit.de
Quelle: Ausgabe des G+G-Blickpunkt 07/2014
Landarztgesetz angekündigt - lokale Gesundheitszentren?
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Landärztegesetz verfehlt sein Ziel
Landärztegesetz verfehlt sein Ziel
Faktencheck Gesundheit der Bertelsmann Stiftung: Neue Planung führt nicht zu einer gerechteren Ärzteverteilung
Gütersloh, 10. Juli 2014. Auf dem Land müssen sich auch künftig erheblich mehr Patienten einen Arzt teilen als in den Städten. An dieser ungleichen und viel kritisierten Verteilung der Ärzte in Deutschland ändert auch das Landärztegesetz wenig, obwohl genau dies vor zwei Jahren erklärtes Ziel des Gesetzgebers war. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Faktencheck Gesundheit der Bertelsmann Stiftung. Zwar könnte sich die Versorgung mit Allgemeinmedizinern in bevölkerungsschwachen Regionen verbessern. Trotzdem erreicht das Landärztegesetz noch nicht einmal in jedem zweiten Landkreis eine bedarfsgerechte Verteilung der Arztsitze. Rückschritte drohen insbesondere bei der Verteilung der Fachärzte, die wohnortnah benötigt werden.
Das 2012 in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG), kurz Landärztegesetz genannt, sollte dabei helfen, den Ärztemangel in dünn besiedelten Regionen zu bekämpfen. „Gelungen ist das höchstens in Ansätzen. Im Wesentlichen verfehlt das Landärztegesetz sein Ziel“, sagte Dr. Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung. Die neue Bedarfsplanung zur Verteilung der Ärzte, die Teil des Landärztegesetzes ist, löst vor allem bei der Versorgung mit Fachärzten ihr Versprechen nicht ein: Weiterhin praktiziert etwa ein Drittel der Kinder-, Frauen- und Augenärzte in Großstädten, obwohl hier nur ein Viertel der Bevölkerung lebt.
Bei den Kinderärzten droht sich die derzeitige Schieflage sogar auszuweiten. Nach Umsetzung der neuen Bedarfspläne sinkt die Anzahl der Kreise mit angemessener Ärztedichte von aktuell 106 auf 89. Statt derzeit 14 wären künftig 38 Kreise deutlich unterdurchschnittlich mit Kinderärzten versorgt, während die Zahl der deutlich überdurchschnittlich versorgten Kreise von 15 auf 23 steigt. Nur in 25 Prozent der Kreise (aktuell: 30 Prozent) decken sich die neuen Planungen mit dem Bedarf an Kinderärzten. Bei den Frauenärzten liegt die Übereinstimmung mit nur 18 Prozent noch darunter (aktuell: 19 Prozent). „Die Planung verlangt weiterhin von den Bewohnern des Umlandes, sich in der Stadt behandeln zu lassen“, sagte Etgeton.
Zusätzlich verschärfen die neuen Pläne die Unterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern. So werden beispielsweise in Baden-Württemberg überdurchschnittlich viele Gynäkologen vorgesehen – in 17 von 44 Kreisen liegt die Ärztedichte deutlich über dem Bedarf. Der Osten Deutschlands bleibt hingegen mit Frauenärzten deutlich unterdurchschnittlich versorgt. 16 von 23 Kreisen in Thüringen sind betroffen.
Bei der Hausärzteverteilung führt die neue Planung zwar zu einer Verbesserung, dennoch bleiben mehr als die Hälfte der Landkreise unangemessen versorgt. Die Übereinstimmung von Planung und Bedarf steigt von knapp 19 auf mehr als 46 Prozent. Ein Grund für die Verbesserung ist, dass bundesweit einheitlich festgelegt wurde, wie viele Einwohner auf einen Allgemeinmediziner kommen sollen. Bei den Fachärzten hingegen wird den Städten nach wie vor ein besserer Versorgungsschlüssel eingeräumt als den ländlichen Gebieten. „Die neue Planung zementiert regionale Unterschiede in der Versorgung mit Fachärzten“, sagte Etgeton. Auf einen Kinderarzt in der Stadt kommen 2.405 Kinder, während er auf dem Land für 3.859 Kinder zuständig ist. Die Bertelsmann Stiftung spricht sich deshalb dafür aus, auch bei den Planungen wohnortnah benötigter Fachärzte die Verhältniszahlen zwischen Einwohner und Arzt anzugleichen und die Planungsgebiete kleinräumiger zuzuschneiden. So lasse sich eine bedarfsgerechtere Verteilung der Ärzte erzielen.
Außerdem kritisiert der Faktencheck Gesundheit der Bertelsmann Stiftung, dass die Bedarfsplanung zu viele Faktoren ausblende, die den Versorgungsbedarf einer Region beeinflussen. Dazu zählen Alterungsentwicklung, Einkommen, Arbeitslosenquote oder Pflegebedürftigkeit. Der entscheidende Schritt sei aber auch nach der Optimierung der Planungen noch zu machen: „Die besten Pläne nützen nichts, wenn es keine Strategien für die Umsetzung gibt. Die Verbesserung etwa bei den Landärzten steht vorerst nur auf dem Papier. Wenn sie Realität werden soll, muss der Job des Landarztes für Nachwuchsmediziner attraktiver werden. Dabei geht es sowohl um finanzielle Anreize als auch um die Lebens- und Arbeitsbedingungen auf dem Land“, sagte Etgeton.
Zur Methodik: Das Berliner Forschungsinstitut IGES hat im Auftrag der Bertelsmann Stiftung die aktuelle und geplante Verteilung von Haus-, Kinder-, Frauen- und Augenärzten auf regionaler Ebene (Bedarfsplanung nach Versorgungsstrukturgesetz) untersucht. Beide Planungen wurden mit eigenen Berechnungen zum relativen Versorgungsbedarf dieser Regionen verglichen. Anders als die Bedarfsplanung zieht der relative Versorgungsbedarf sozioökonomische und morbiditätsbezogene Faktoren in die Berechnungen mit ein. Der Faktencheck Gesundheit zeigt für jeden Kreis und jede kreisfreie Stadt in Deutschland, wie sich die Versorgungslage ändert und ob die Planung den relativen Bedarf deckt, über- oder unterschreitet.
Die komplette Studie und Hintergrundinformationen finden sich auf http://www.faktencheck-ärztedichte.de. Auf interaktiven Karten lassen sich die Planungen für die Fachärzte ablesen und vergleichen.
Rückfragen an: Claudia Haschke, Telefon: 0 52 41 / 81-81 542, E-Mail: claudia.haschke@bertelsmann-stiftung.de
Weitere Informationen:
http://www.bertelsmann-stiftung.de
http://www.faktencheck-ärztedichte.de
Quelle: Pressemitteilung vom 10.07.2014
Ute Friedrich Pressestelle
Bertelsmann Stiftung
http://idw-online.de/de/news595678
Faktencheck Gesundheit der Bertelsmann Stiftung: Neue Planung führt nicht zu einer gerechteren Ärzteverteilung
Gütersloh, 10. Juli 2014. Auf dem Land müssen sich auch künftig erheblich mehr Patienten einen Arzt teilen als in den Städten. An dieser ungleichen und viel kritisierten Verteilung der Ärzte in Deutschland ändert auch das Landärztegesetz wenig, obwohl genau dies vor zwei Jahren erklärtes Ziel des Gesetzgebers war. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Faktencheck Gesundheit der Bertelsmann Stiftung. Zwar könnte sich die Versorgung mit Allgemeinmedizinern in bevölkerungsschwachen Regionen verbessern. Trotzdem erreicht das Landärztegesetz noch nicht einmal in jedem zweiten Landkreis eine bedarfsgerechte Verteilung der Arztsitze. Rückschritte drohen insbesondere bei der Verteilung der Fachärzte, die wohnortnah benötigt werden.
Das 2012 in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG), kurz Landärztegesetz genannt, sollte dabei helfen, den Ärztemangel in dünn besiedelten Regionen zu bekämpfen. „Gelungen ist das höchstens in Ansätzen. Im Wesentlichen verfehlt das Landärztegesetz sein Ziel“, sagte Dr. Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung. Die neue Bedarfsplanung zur Verteilung der Ärzte, die Teil des Landärztegesetzes ist, löst vor allem bei der Versorgung mit Fachärzten ihr Versprechen nicht ein: Weiterhin praktiziert etwa ein Drittel der Kinder-, Frauen- und Augenärzte in Großstädten, obwohl hier nur ein Viertel der Bevölkerung lebt.
Bei den Kinderärzten droht sich die derzeitige Schieflage sogar auszuweiten. Nach Umsetzung der neuen Bedarfspläne sinkt die Anzahl der Kreise mit angemessener Ärztedichte von aktuell 106 auf 89. Statt derzeit 14 wären künftig 38 Kreise deutlich unterdurchschnittlich mit Kinderärzten versorgt, während die Zahl der deutlich überdurchschnittlich versorgten Kreise von 15 auf 23 steigt. Nur in 25 Prozent der Kreise (aktuell: 30 Prozent) decken sich die neuen Planungen mit dem Bedarf an Kinderärzten. Bei den Frauenärzten liegt die Übereinstimmung mit nur 18 Prozent noch darunter (aktuell: 19 Prozent). „Die Planung verlangt weiterhin von den Bewohnern des Umlandes, sich in der Stadt behandeln zu lassen“, sagte Etgeton.
Zusätzlich verschärfen die neuen Pläne die Unterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern. So werden beispielsweise in Baden-Württemberg überdurchschnittlich viele Gynäkologen vorgesehen – in 17 von 44 Kreisen liegt die Ärztedichte deutlich über dem Bedarf. Der Osten Deutschlands bleibt hingegen mit Frauenärzten deutlich unterdurchschnittlich versorgt. 16 von 23 Kreisen in Thüringen sind betroffen.
Bei der Hausärzteverteilung führt die neue Planung zwar zu einer Verbesserung, dennoch bleiben mehr als die Hälfte der Landkreise unangemessen versorgt. Die Übereinstimmung von Planung und Bedarf steigt von knapp 19 auf mehr als 46 Prozent. Ein Grund für die Verbesserung ist, dass bundesweit einheitlich festgelegt wurde, wie viele Einwohner auf einen Allgemeinmediziner kommen sollen. Bei den Fachärzten hingegen wird den Städten nach wie vor ein besserer Versorgungsschlüssel eingeräumt als den ländlichen Gebieten. „Die neue Planung zementiert regionale Unterschiede in der Versorgung mit Fachärzten“, sagte Etgeton. Auf einen Kinderarzt in der Stadt kommen 2.405 Kinder, während er auf dem Land für 3.859 Kinder zuständig ist. Die Bertelsmann Stiftung spricht sich deshalb dafür aus, auch bei den Planungen wohnortnah benötigter Fachärzte die Verhältniszahlen zwischen Einwohner und Arzt anzugleichen und die Planungsgebiete kleinräumiger zuzuschneiden. So lasse sich eine bedarfsgerechtere Verteilung der Ärzte erzielen.
Außerdem kritisiert der Faktencheck Gesundheit der Bertelsmann Stiftung, dass die Bedarfsplanung zu viele Faktoren ausblende, die den Versorgungsbedarf einer Region beeinflussen. Dazu zählen Alterungsentwicklung, Einkommen, Arbeitslosenquote oder Pflegebedürftigkeit. Der entscheidende Schritt sei aber auch nach der Optimierung der Planungen noch zu machen: „Die besten Pläne nützen nichts, wenn es keine Strategien für die Umsetzung gibt. Die Verbesserung etwa bei den Landärzten steht vorerst nur auf dem Papier. Wenn sie Realität werden soll, muss der Job des Landarztes für Nachwuchsmediziner attraktiver werden. Dabei geht es sowohl um finanzielle Anreize als auch um die Lebens- und Arbeitsbedingungen auf dem Land“, sagte Etgeton.
Zur Methodik: Das Berliner Forschungsinstitut IGES hat im Auftrag der Bertelsmann Stiftung die aktuelle und geplante Verteilung von Haus-, Kinder-, Frauen- und Augenärzten auf regionaler Ebene (Bedarfsplanung nach Versorgungsstrukturgesetz) untersucht. Beide Planungen wurden mit eigenen Berechnungen zum relativen Versorgungsbedarf dieser Regionen verglichen. Anders als die Bedarfsplanung zieht der relative Versorgungsbedarf sozioökonomische und morbiditätsbezogene Faktoren in die Berechnungen mit ein. Der Faktencheck Gesundheit zeigt für jeden Kreis und jede kreisfreie Stadt in Deutschland, wie sich die Versorgungslage ändert und ob die Planung den relativen Bedarf deckt, über- oder unterschreitet.
Die komplette Studie und Hintergrundinformationen finden sich auf http://www.faktencheck-ärztedichte.de. Auf interaktiven Karten lassen sich die Planungen für die Fachärzte ablesen und vergleichen.
Rückfragen an: Claudia Haschke, Telefon: 0 52 41 / 81-81 542, E-Mail: claudia.haschke@bertelsmann-stiftung.de
Weitere Informationen:
http://www.bertelsmann-stiftung.de
http://www.faktencheck-ärztedichte.de
Quelle: Pressemitteilung vom 10.07.2014
Ute Friedrich Pressestelle
Bertelsmann Stiftung
http://idw-online.de/de/news595678
Ambulante Versorgung – endlich neue Wege gehen
0730 / 10. Juli 2014
Pressemitteilung von Birgit Wöllert
Ambulante Versorgung – endlich neue Wege gehen
"Die Sicherstellung der ambulanten, vor allem der hausärztlichen Versorgung ländlicher Gebiete ist eine der zentralen Herausforderungen für die nächsten Jahre. Mit dem alten Niederlassungsmodell wird man diese Aufgabe aber ebenso wenig lösen wie allein mit mehr Geld", erklärt Birgit Wöllert, Obfrau der Fraktion DIE LINKE im Gesundheitsausschuss, zur heute vorgestellten Studie der Bertelsmann-Stiftung. Wöllert weiter:
"Das Versorgungsstrukturgesetz hat keine spürbare Verbesserung in der ambulanten Versorgung gebracht. Gebraucht werden völlig neue Konzepte auch außerhalb von einzelnen Niederlassungen. Dabei müssen die Delegation wie auch die Substitution ärztlicher Leistungen genauso Berücksichtigung finden wie die Veränderung des Aufgabenspektrums der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung in ländlichen Räumen. Die Solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung würde dafür insgesamt eine nachhaltige finanzielle Grundlage schaffen."
F.d.R. Susanne Müller
-----------------------------------------------------------------
Pressesprecher
Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon +4930/227-52800
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Pressemitteilung von Birgit Wöllert
Ambulante Versorgung – endlich neue Wege gehen
"Die Sicherstellung der ambulanten, vor allem der hausärztlichen Versorgung ländlicher Gebiete ist eine der zentralen Herausforderungen für die nächsten Jahre. Mit dem alten Niederlassungsmodell wird man diese Aufgabe aber ebenso wenig lösen wie allein mit mehr Geld", erklärt Birgit Wöllert, Obfrau der Fraktion DIE LINKE im Gesundheitsausschuss, zur heute vorgestellten Studie der Bertelsmann-Stiftung. Wöllert weiter:
"Das Versorgungsstrukturgesetz hat keine spürbare Verbesserung in der ambulanten Versorgung gebracht. Gebraucht werden völlig neue Konzepte auch außerhalb von einzelnen Niederlassungen. Dabei müssen die Delegation wie auch die Substitution ärztlicher Leistungen genauso Berücksichtigung finden wie die Veränderung des Aufgabenspektrums der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung in ländlichen Räumen. Die Solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung würde dafür insgesamt eine nachhaltige finanzielle Grundlage schaffen."
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