Ärzte dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

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Ärztetag gegen Beihilfe zum Suizid

Beitrag von Presse » 02.06.2011, 09:07

Ärztetag gegen Beihilfe zum Suizid
Kiel – „Ärztinnen und Ärzten ist es verboten, Patienten auf deren Verlangen zu töten. Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten.“ Mit dieser Formulierung hat der Deutsche Ärztetag § 16 (Beistand für Sterbende“) neu formuliert. Diese mit großer Mehrheit verabschiedete Neufassung trägt dem Patienten­verfügungs­gesetz Rechnung. .... (mehr)
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/4 ... Suizid.htm

Ärzte fordern bessere Palliativversorgung
Kiel – Einstimmig haben die Delegierten des 114. Deutschen Ärztetages in Kiel am Mittwoch den Vorstandsantrag zur Förderung der palliativmedizinischen Versorgung verab­schiedet.
„Obwohl sich die Palliativmedizin weiter­entwickelt hat, haben wir immer noch ein unzureichende Versorgung von Sterbenden“, erklärte Friedemann Nauck, Professor für Palliativmedizin an der Universität Göttingen. .... (mehr)
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/4 ... orgung.htm

Weitere Berichte u.a. unter
http://www.tagesschau.de/inland/sterbehilfe134.html
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/ ... w/1470766/
http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1 ... tml#614137
http://www.domradio.de/aktuell/73996/st ... hilfe.html
http://www.oecumene.radiovaticana.org/t ... p?c=491778

thorstein
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Gnadenakt der behandelnden Ärzte

Beitrag von thorstein » 02.06.2011, 12:23

Entweder ist der Suizid aufgrund der grundgesetzlich verankerten Selbstbestimmung zu rechtfertigen. Wie das wohl in der Schweiz der Fall ist. Dann interessiert doch nicht die Meinung einer bestimmten Berufsgruppe. Oder wir reden hier über einen Gnadenakt der behandelten Ärzte unter dem Deckmantel der Selbstbestimmung.

Wer Ärzte zu den Herren und Frauen über Leben und Tod hochstilisiert, braucht sich auch nicht über ihre Selbstherrlichkeit zu beschweren.

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Suizidbeihilfe durch Ärzte ist berufsrechtlich untersagt

Beitrag von Rauel Kombüchen » 02.06.2011, 13:52

thorstein hat geschrieben:Entweder ist der Suizid aufgrund der grundgesetzlich verankerten Selbstbestimmung zu rechtfertigen. Wie das wohl in der Schweiz der Fall ist. Dann interessiert doch nicht die Meinung einer bestimmten Berufsgruppe. Oder wir reden hier über einen Gnadenakt der behandelten Ärzte unter dem Deckmantel der Selbstbestimmung.
Wer Ärzte zu den Herren und Frauen über Leben und Tod hochstilisiert, braucht sich auch nicht über ihre Selbstherrlichkeit zu beschweren.
Es ist wohl so, dass die Ärtze und andere Heilberufe eine rechtlich verbindliche Berufsordnung beschließen können. Damit werden zwar nicht die ansonsten geltenden Rechtsregeln, z.B. im Strafgesetzbuch, verschärft oder aufgehoben. Aber die Berufsordnung kann engere Grundsätze für die Berufstätigkeit enthalten. So ist das jetzt für die ärztlicherseits nicht erlaubte Suizidbeihilfe. Ein Nichtarzt kann insoweit helfen, dem Arzt ist dies aber berufsrechtlich untersagt. Ob eine solche Berufsregel vernünftig ist oder gar den Interessen der Patienten zuwider läuft, ist wohl ein anderes Thema. Darüber kann lebhaft gestritten werden.
Ich würde mir wünschen, dass in bestimmten ausweglosen Situationen ein Helfer zur Seite steht. Am Besten derjenige, der sich gut auskennt und die geeignete Hilfe auch wirksam bieten kann. Das wäre aus meiner Sicht eigentlich der Arzt.

Rauel
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"Verbieten erlaubt" (?)

Beitrag von Lutz Barth » 04.06.2011, 07:31

Der Autor Woratschka nimmt in seinem Kurzbeitrag

Ärztliche Hilfe zum Suizid
Verbieten erlaubt

v. R. Woratschka


Quelle: Der Tagesspiegel v. 03.06.11 >>>http://www.tagesspiegel.de/zeitung/verb ... 51124.html <<< (html)


auf den renommierten Medizinrechtler J. Taupitz Bezug, der da die Auffassung vertritt, dass die Ärztekammern ihren Ärzten die ärztliche Suizidbeihilfe verbieten könne.

Hier wäre es für insbesondere für die rechtsdogmatische Diskussion hilfreich, wenn über die Feststellung hinaus auch entsprechende Argumente vorgetragen werden, mal davon abgesehen, dass auch Taupitz das beschlossene Verbot inhaltlich für einen großen „Fehlgriff“ erachtet.

Diesseits wird die Auffassung vertreten, dass ein entsprechendes Verbot in dem Berufsrecht der Ärzteschaft nicht haltbar ist und zwar insbesondere deshalb, weil einerseits gute Argumente dafür streiten, dass hier die Kammern ihre Rechtssetzungskompetenz überschritten haben und dass andererseits ein entsprechendes Verbot gegen fundamentale Grundrechte sowohl der Ärzteschaft als auch der Patienten verstößt (auch in Kenntnis dessen, dass das Berufsrecht „zunächst“ nur unmittelbar die Ärzteschaft bindet).

Wir dürfen also darauf gespannt sein, wie sich nun in der Rechtswissenschaft des Problems angenommen wird und vielleicht besteht die begründete Hoffnung, dass einer der künftigen Deutschen Juristentage sich des Problems der ärztlichen Suizidbeihilfe speziell unter verfassungsrechtlichen Aspekten betrachtet annimmt.

Im Übrigen erscheint es gerade nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH nicht schlüssig, warum etwa aktives Tun nicht verlangt werden könne (z.B. Schwangerschaftsabbruch), indes aber nicht ein Unterlassen! Auch das „Unterlassen“ kann auf empfindliche Weise die Gewissensentscheidung des Arztes resp. der Ärztin tangieren und hierzu wird demnächst umfangreicher vorzutragen sein.

Zu begrüßen wäre eine intensive rechtsdogmatische Diskussion allemal, war doch in zurückliegender Zeit die Ärztefunktionäre nicht selten mit den rechtsethischen und verfassungsrechtlichen Implikationen der ärztlichen Suizidbeihilfe überfordert und – sehr zum Leidwesen der Qualität einer Debatte – oftmals auch nicht bereit, die zwischenzeitlich vorgetragenen Argumente entsprechend zu gewichten und zumindest als erwägenswert in die eigene Analyse einfließen zu lassen.

Allerdings darf dies nicht allzu sehr verwundern, folgten diese doch der schlechten Manier namhafter Medizinethiker, die es vortrefflich vermieden haben, überhaupt den Ansprüchen des wissenschaftlichen Arbeitens gerecht zu werden und sich vielmehr darin übten, ihre individuellen Gewissensentscheidungen als ethische Heilsbotschaften zu verkünden.

Nun wissen wir alle nicht, wie wohl das BVerfG entscheiden würde, wenn und soweit es um die verfassungsrechtliche Überprüfung des Verbots gehen sollte. Von daher könnte es also Sinn machen, zunächst in einem freien Wettbewerb die Argumente auszutauschen, um vielleicht auch dem BVerfG eine Orientierungshilfe jenseits eines konkreten Verfahrens geben zu können, freilich auch in Kenntnis dessen, dass dem BVerfG ohne Frage die ganz entscheidende Interpretationsbefugnis resp. –macht zukommt.


Dem BVerfG gehört der gebührende Respekt, wenngleich im Vorfeld eines möglichen Verfahrens es darum geht, Perspektiven in der verfassungsgerichtlichen Beurteilung aufzuzeigen - freilich nach Ausschöpfung eines Rechtswegs. Und da dürfen wir denn auch alle gespannt sein, wie sich künftig das berühmte "Drittel" der Ärzteschaft vehalten wird, das sich jedenfalls anonym in entsprechenden Umfragen zu einer Liberalisierung bekannt hat.

Vom Deutschen Ärztetag ist ohne Frage ein "falsches Signal" ausgesendet worden, wie zutreffend die Präsidentin der DGHS Elke Baezner in einer aktuellen PM v. 03.06.11 feststellt (vgl. dazu DGHS >>> http://www.dghs.de/presse/pressemitteil ... l-aus.html <<<).

In der Folge wird es also entscheidend darauf ankommen, jenseits der "Sonntagsreden" eine handfeste dogmatische Diskussion zu eröffnen, bei denen wissenschaftliche Argumente im Vordergrund stehen und nicht "Glaubensbekenntnisse", die den Wissenschaftsdiskurs unnötig belasten.

Es ist an der Zeit, den "Hobbyphilosophen" und den "Hobbyjuristen" die Grenzen aufzuzeigen, denn ich halte es mit Verlaub unerträglich, wenn jeder Dampfmichel meint, einen Kommentar abgeben zu müssen, der nicht im Ansatz reflektiert wurde.

Die Juristen sind also aufgerufen, hier die Debatte fundiert zu führen und da wäre es denn auch hilfreich, wenn u.a. O. Tolmein über seine Botschaften hinaus eine dogmatische Begründung liefert, die einer Diskussion würdig ist (vgl. u.a. Tolmein in seinem BLOG-Beitrag bei F.A.Z. net >>>http://faz-community.faz.net/blogs/biop ... ethik.aspx <<<)

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Präsident der Thüringer Ärztekammer über Ärztetag in Kiel

Beitrag von Lutz Barth » 05.06.2011, 04:52

„Als Präsident der Thüringer Ärztekammer verfolgte Mathias Wesser die Sterbehilfe-Debatte auf dem Deutschen Ärztetag in Kiel. Er verteidigt die Entscheidung der Delegierten und begründet seinen Standpunkt mit der Pflicht aller Ärzte, stets zu helfen und Leid zu lindern.“

>>> weiter

Quelle: OTZ.de v. 04.06.11 >>> http://www.otz.de/startseite/detail/-/s ... 1656535249 <<< (html)

Kurze Anmerkung (L. Barth, 05.06.11):
Das Statement nimmt die hinlänglich bekannten Argumente der Gegner auf und es lohnt nicht, diesbezüglich nochmals zu ewidern.
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Sterben in der Grauzone - TV-Tipp für den 06.06.2011

Beitrag von WernerSchell » 06.06.2011, 10:30

06.06.2011, 21.45 - 22.15 Uhr, Das Erste, Report Mainz

Thema u.a.:
Sterben in der Grauzone: Wie deutsche Ärzte Patienten reihenweise beim Suizid helfen
Weitere Informationen:
http://www.swr.de/report/-/id=233454/sgpaia/index.html
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Grauzone bleibt erhalten

Beitrag von Presse » 06.06.2011, 18:37

- Fernsehtipp heute: Grauzone bleibt erhalten (wie Ärztekammer es will)
- Darf Ärztekammer ihren Mitgliedern Suizidhilfe verbieten, wenn das Strafrecht dies doch erlaubt? (Prof. Taupitz sagt klar: „Ja“)
- Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit (ärztliche Begleitung bleibt unbeanstandet)


TV-Tipp für heute, 6. Juni 2011, 21.45 - 22.15 Uhr, Das Erste, Report MainzThema u.a.: Grauzone, wie die Bundesärztekammer sie erhalten will:

Wie deutsche Ärzte ihren Patienten beim Suizid helfen.
Siehe: http://www.swr.de/report/-/id=233454/sgpaia/index.html

Auch der Verein Sterbehilfe Deutschland e. V. gab in einer Presseerklärung http://www.sterbehilfedeutschland.de/sb ... ung_HP.pdf vom 1. Juni 2011 bekannt:

Die Arbeit unseres Vereins (in Deutschland) geht weiter
„Vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Mai 2011 hat unser Verein 32 Mitgliedern einen ärztlich assistierten Suizid ermöglicht. Der Wunsch unserer Mitglieder, angst- und schmerzfrei im eigenen Bett sterben zu können, lässt sich nur mit verschreibungspflichtigen Medikamenten, also nur mit ärztlicher Hilfe erfüllen.

Der Deutsche Ärztetag hat heute eine Ergänzung von § 16 der Muster-Berufsordnung beschlossen: „Ärztinnen und Ärzte dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten.“ Ein solches Totalverbot … ist doppelt verfassungswidrig:

Einerseits verletzt es die Berufsfreiheit der Ärzte (Art. 12 Grundgesetz), andererseits das Selbstbestimmungsrecht der Patienten (Art. 1 und 2 Grundgesetz).

Die Ärzte, die mit unserem Verein zusammenarbeiten, werden sich von dem verfassungswidrigen Beschluss des Ärztetages nicht einschüchtern lassen und auch künftig – unter Wahrung ihrer Anonymität – den suizidwilligen Mitgliedern die erforderlichen Medikamente zur Verfügung stellen.“

Gegenposition bezüglich einer „Verfassungswidrigkeit“ von Prof. Dr. Jochen Taupitz

Der renommierte Medizinrechtler – ein Befürworter der ärztlichen Suizidhilfe - im Interview mit dem Tagesspiegel auf die Frage:

„Darf die Ärztekammer Medizinern verbieten, was ihnen das Gesetz erlaubt?"

" ... Jochen Taupitz beantwortet die Frage mit einem klaren Ja. Der renommierte Mannheimer Medizinrechtler – seit zehn Jahren Mitglied im Deutschen Ethikrat – hält den Beschluss inhaltlich zwar für einen „großen Fehlgriff“. Formal aber gebe es nichts zu beanstanden. Die Kammer kann ihren Mitgliedern bestimmtes Verhalten untersagen. …

Ärzten, die Suizidbeihilfe leisten, droht folglich das übliche Strafregister. Von der Abmahnung über die offizielle Rüge bis hin zum berufsgerichtlichen Verfahren. Dort kann dem Mediziner im äußersten Fall „Berufsunwürdigkeit“ attestiert und eine Geldbuße von bis zu 50 000 Euro auferlegt werden. Über die Zulassung dagegen haben andere zu befinden: die Approbationsbehörden der Länder. Der Entzug drohe aber nur bei „sehr schweren Verstößen“, sagt Taupitz. Vorstellbar wäre dies aus seiner Sicht für Fälle, in denen der Suizid-Assistent für sein Tun öffentlich wirbt oder es als Dienstleistung für andere offeriert.

Gleichwohl nennt der Experte die Kammerentscheidung eine „Katastrophe“. Damit werde Ärzten „der Zugang zu Suizidwilligen verschüttet“ und ihnen jede Möglichkeit genommen, den Patienten andere Wege zu zeigen. … Die Deutsche Hospizstiftung dagegen nennt das Verbot „eine richtige und gute Entscheidung“. Ebenso sehen es viele Palliativmediziner … “

http://www.tagesspiegel.de/zeitung/verb ... 51124.html

Wie weiter mit Sterben in Deutschland - Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit (FVNF)

Unkonventionelle Aspekte verspricht der Fachkongress „Palliative Care“ eines Fachbuchverlags vom 7. – 8. 2011 in Berlin (und desgleichen am 21. – 22. 6. in Münster)

Nach dem Beitrag von Prof. Reimer Gronemeyer „Sterben in Deutschland“ und von Elke Urban „Transkulturelle Pflege“ hält das Schlussreferat am Mittwochnachmittag (15.50 – 16.50 Uhr) der Allgemeinmediziner Hartmut Klähn zum Thema: „Selbstbestimmtes Sterben durch freiwilligen Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit“. Damit ist ausdrücklich keine „Form der aktiven Sterbehilfe“ gemeint und die ärztliche und hospizliche Begleitung dazu ist folglich auch keine Suizidhilfe.

(Programme für Berlin und Münster siehe: http://www.faburi.de )

Auszug aus dem Referatstext Klähn:

" ... Ich möchte nun zu Ihrer eigenen Meinungsbildung als durchführbare und natürliche Option den „Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit“, näher vorstellen. Meine positive Formulierung lautet: Einleitung eines natürlichen Sterbevorganges bei frei wählbarer Bestimmung des Zeitpunktes. Ich habe dafür drei Gründen hier vorzutragen: einmal hoffe ich einen Beitrag leisten zu können vorhandene Ängste vor einem Sterben unter unwürdigen Bedingungen abzubauen, zum zweiten wünsche ich mir eine größere Verbreitung und Akzeptanz in der Gesellschaft und drittens die Förderung innerer Bereitschaft bei Ärzten und Pflegenden, diesen Weg als ihre Aufgabe zu erkennen und sich dafür zu qualifizieren. …

Der Sterbevorgang alter Menschen ist unabhängig von bestehenden Krankheitsbildern sehr häufig vorgezeichnet durch die Unfähigkeit oder Ablehnung sich Nahrung und Flüssigkeit zu zuführen. Dabei spielen eine eingeschränkte Kreislauffunktion im Magen-Darm-Bereich durch eine Blutstauung sowie Lungenstauung oder die bei Tumoren Ausschüttung Appetit hemmender Botenstoffe so genannte Anorexine eine Rolle. Veränderungen im körperlichen und geistigen Zustand verändern sich langsam, die biografische Persönlichkeit bleibt erhalten, der Sterbewillige bleibt im Gedächtnis seiner Angehörigen mit seinen Eigenarten und charakterlichen Merkmalen wenig verändert. Der zunehmende Verfall bewirkt, dass der endgültige Abschied akzeptiert werden kann. Einziger Unterschied zu diesem Ableben ist beim FVNF der selbstgewählte Zeitpunkt. Das Ziel ist ein „guter Tod“ – „ein sanfter Tod“, das bedeutet möglichst schmerzfrei, von Nahestehenden begleitet, wann immer möglich in den eigenen vier Wänden sterben zu können. Gute einfühlsame Pflege und ärztliche Begleitung im Sinne der palliativen Betreuung können Wille und Würde des Sterbenden respektieren. ...“ (Autor: Hartmut Klähn)

Dieses Thema steht ebenfalls beim Palliativkongress am 22.06. in Münster auf dem Programm.

Interessenten an einer „In-House“ Schulung zu „FVNF“ können sich an den Humanistischen Verband Deutschlands wenden, über die eMail: mail@patientenverfuegung.de (Der Referent ist ehrenamtlich tätig.)

Quelle: Pressemitteilung vom 06.06.2011
http://www.patientenverfuegung.de

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Suizidbeihilfe in Ausnahmesituationen gerechtfertigt

Beitrag von Rita Reinartz » 07.06.2011, 08:05

Dass sich Ärzte eindeutig von der aktiven Sterbehilfe distanzieren, ist gut und richtig, sogar rechtlich zwingend. Allerdings war es sicherlich ein Fehler, die Beihilfe zu einem frei bestimmten Suizid zu untersagen und als Berufspflichtverletzung zu definieren. Es hätte, wie Dr. Hoppe seinerzeit angeregt hat, ausgereicht zu erklären, dass die Suizidbeihilfe nicht ausdrücklich ärztliche Aufgabe sei. Dann wäre sie nicht berufsrechtlich verboten und die Ärzte hätten in ausweglosen Situationen eine Möglichkeit, den Patienten zu helfen.
Ich bin gespannt, wie sich die Situation weiter entwickelt. Denn einige Ärzte haben schon erklärt, an der bisherigen Praxis, durch Beihilfe Patienten zu helfen, festzuhalten.

R.R.
Menschenwürdegarantie bedarf bei der Umsetzung entsprechender Rahmenbedingungen. Insoweit gibt es aber Optimierungsbedarf!

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Sterben in der Grauzone!

Beitrag von Lutz Barth » 07.06.2011, 08:27

„TV-Kritik“
Ein Kurzbeitrag v. Lutz Barth (07.06.11) im Forum v. REPORT Mainz


Quelle: REPORT Mainz – Forum >>> Sterben in der Grauzone: Wie deutsche Ärzte Patienten reihenweise beim Suizid helfen >>> http://www.swr.de/forum/read.php?2,66242 <<<


Es ist nun gefordert, die "Ethik im Dorf zu lassen" und die Verfassungsrechtswissenschaft "zu befragen". Die Zeit des Philosophierens ist nach dem Beschluss auf dem Deutschen Ärztetag vorbei und die prinzipiell lobenswerten Erklärungen von den Apologeten einer humanitären Sterbekultur müssen nun durch dogmatische Argumente untersetzt werden, denn nur auf diesem Wege lässt sich klären, ob ein Verbot der ärztlichen Suizidbeihilfe, so es denn von den LÄK übernommen wird, einer rechtlichen Überprüfung stand halten wird.

Der neue Präsident der BÄK hat verlautbaren lassen, dass er seine "staatsbürgerlichen Pflichten" nachzukommen gedenkt, wobei freilich im ein bundesddeutsches Gericht (oder aber der Gesetzgeber!) ihm eine entsprechende "Weisung" erteilen müsste.

O-Ton Montgomery:
»Wenn uns dann ein staatliches Obergericht klar sagt, dass es anders zu sein hat, dann werden wir uns dem unterwerfen – das ist schließlich unsere Pflicht als Staatsbürger.« (Quelle: H. Albrecht, Ärztetag – Dem Gewissen folgen, in DIE ZEIT, 26.5.2011 Nr. 22 (online unter >>> http://www.zeit.de/2011/22/Sterbehilfe <<<).

Die Organisationen, Verbände und so manche "Einzelkämpfer" werden nun Stellung beziehen müssen, denn allein mit der Verkündung ethischer und humanitärer Botschaften dürfte es nicht mehr getan sein; dieses "Recht" der Verkündung von Glaubensbotschaften steht nunmehr ganz allein und exklusiv den Gegner einer Liberalisierung des ärztlichen Berufsrechts zu, da diese ohnehin es bisher verabsäumt haben, sich auf einen wissenschaftlichen Diskurs einzulassen, der zugleich auch die Gegenargumente zumindest hinreichend würdigt und ggf. widerlegt.

Insofern trennt sich die "Spreu vom Weizen" und allen voran die dem Humanismus verpflichteten Verbände sind nunmehr gefordert, deutlich Position zu beziehen, die über das Abfassen von Presserklärungen deutlich hinausragt, so wie eben auch der Medizinrechtler Jochen Taupitz aufgefordert ist, seine These von der formalen Zulässigkeit des Verbots mit entsprechenden Argumenten zu untermauern, die dann einer Wertung unterzogen werden können. Freilich gilt dies auch für den SterbehilfeVerein Deutschland, der erkennbar eine diametral entgegengesetze Position vertritt.

Andererorts hier im Forum wurde nachgefragt, warum darauf Wert zu legen ist, "einen Wettbewerb" einzufordern. Nun - es geht um "Wissenschaft" und da sollten es ausnahmslos darum gehen, die entsprechenden Argumente vorzutragen, die um eine Anschlussfähigkeit "werben".

Die Frage, ob das Verbot der ärztlichen Suizidassistenz zulässig ist oder nicht, ist keinesfalls entschieden. Es kommt - wie immer - auf die Qualität der Argumente und nicht zuletzt auch auf die Auffassung der staatlichen Gerichte (bis hin zum BVerfG und ggf. EuGH) an.

Ein ohne Frage "langwieriger", aber sicherlich im Interesse der Sache ein lohnender Weg, von dem wir aber alle nicht wissen, wo er enden wird.

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Ärzte und Suizidhilfe

Beitrag von Presse » 12.06.2011, 12:17

Ärzte und Suizidhilfe
Zu klar, zu deutlich


Suizidhilfe war Ärzten auch nach ihrer alten Berufsordnung nicht erlaubt. Unter den Vorkämpfern der Deregulierung ist die Aufregung über die neue Standesordnung, die das Verbot bestätigt, trotzdem groß. Viel Lärm um etwas mehr Klarheit?

Von Oliver Tolmein

Künftig gebe es für Ärzte „Berufsverbot bei Hilfe zur Selbsttötung“, behaupten die einen, andere fühlen sich an finstere Zeiten erinnert und wehren sich gegen eine „Gleichschaltung des Gewissens“, rügen die „rigoros gezogene Grenze zwischen Leben und Tod“ oder beklagen gar eine medizinethische „Konterrevolution“. Ob Talkshows oder Politmagazine, die sich investigativ geben: Die Entscheidung des Ärztetages, den ärztlich assistierten Suizid in der neuen Musterberufsordnung standesrechtlich ausdrücklich zu verbieten, ist in der Medienöffentlichkeit überwiegend auf scharfe, wenn auch nicht immer verständige Kritik gestoßen.
.... weiter lesen
http://www.faz.net/artikel/C30351/aerzt ... 37091.html

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Der Blick in die "ethische Glaskugel"!

Beitrag von Lutz Barth » 15.06.2011, 18:18

Die Palliativmedizin im Spagat zwischen Fürsorge und Sterbehilfe – Chancen und Gefahren der Etablierung einer neuen akademischen Disziplin
Vortrag beim Symposium Begegnungen mit Sterben und Tod im Großen Sitzungssaal des Landratsamts Aalen am 30. März 2011 - Prof. Dr. med. Axel W. Bauer


Quelle: CDL-Rheinland-Pfalz >>> http://www.cdl-rlp.de/Download/Palliati ... r_2011.pdf <<< (pdf.)

Kurze Anmerkung (L. Barth, 15.06.11):

Auch Medizinethiker werden auf Dauer nicht umhin kommen, gelegentlich einen Blick in die umfangreiche und vor allem frei zugängliche Literatur zu werfen. Dass Verfassungsrecht bietet hinreichende Antworten auf die Fragen, die erkennbar die Ethiker beschäftigen. Verfassungsrecht war, ist und wird keine Philosophie!
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"Selbsherrlichkeit" (?)

Beitrag von Lutz Barth » 17.06.2011, 05:45

Assistierter Suizid: Die ethische Verantwortung des Arztes

v. Oduncu, Fuat S.; Hohendorf, Gerrit, in Dtsch Arztebl 2011; 108(24): A-1362 / B-1142 / C-1142; online unter Ärzteblatt.de >>> http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... t&id=93852 <<< (html)


Kurze Anmerkung (L. Barth, 17.06.11):

„Kommt zu mir, ihr alle, die ihr euch plagt und von eurer Last fast erdrückt werdet; ich werde sie euch abnehmen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig. So werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn das Joch, das ich auferlege, drückt nicht, und die Last, die ich zu tragen gebe, ist leicht.“ (Math. 11, 28)

Der Beitrag – wie soll es auch anders sein – wiederholt im Rekurs auf den 114. Deutschen Ärztetag gebetsmühlenartig die sattsam bekannten Argumente, mit denen versucht wird, das Selbstbestimmungsrecht und die „Autonomie“ der schwersterkrankten und sterbenden Patienten zur „kleinen Münze“ zu schlagen: Die Palliativmedizin und das ihr zugrunde liegende „Arztethos“ wird in einem Maße „verklärt“, dass nur schwer erträglich ist und gleich zu Beginn des Beitrages lassen uns die Autoren wissen, dass „das vermeintlich starke Argument der Autonomie (…) in der Sterbehilfepraxis vielmehr zu einer Entmündigung und Schwächung der Patientenrechte (führt). Am Ende steht die Perversion der idealisierten „Freiheit zum Tod“ in eine „Unfreiheit zum Leben“
Markige Worte, die allerdings nicht sonderlich zu überzeugen vermögen, mal ganz abgesehen davon, dass es schon reichlich vermessen ist, wenn der Arzt über das Berufsrecht angehalten wird, dass er sein Handeln an und aus den klar formulierten Grenzen (besser wohl Geboten) des ärztlichen Ethos zu orientieren hat, so dass das Arztethos zu einem Wert überhöht wird, der scheinbar auch in der Lage ist, unmittelbar auf die Gewissensentscheidung der einzelnen Ärzte nachhaltig einzuwirken und dem Gewissen eine immanente Grenze zu setzen, über die der Therapeut sich nicht hinwegsetzen darf. Da erscheint es wenig tröstlich, wenn die Autoren meinen, dass das Standesrecht allerdings nicht gleich den Stab über diejenigen Ärztinnen und Ärzte zu brechen brauche, die im Einzelfall keine andere Möglichkeit als die der ärztlichen Suizidassistenz als Ausweg aus dem Leid sehen: „vielmehr können die entsprechenden Gremien die jeweils besonderen Gründe für die Überschreitung bestehender Normen reflektieren“, so die Autoren und mit Verlaub – da würde man/frau doch eher den „Bock zum Gärtner“ machen.

Nun – der Beitrag blendet (bewusst?) die zentrale Frage aus, ob die „Norm“ als solche überhaupt verbindlich ist oder ob nicht gute und gewichtige Argumente dafür streiten, dass das Verbot der ärztlichen Suizidassistenz ggf. verfassungsrechtlich nicht haltbar ist. Wenn überhaupt ein „Bewusstseinswandel“ anzumahnen ist, dann doch wohl auf Seiten der Ärztefunktionäre und namhafter Ärztefunktionäre, die da glauben, dass rechte und sittlich annehmbare „Gewissen“ der gesamten deutschen Ärzteschaft prägen zu können, ohne hierbei den fundamentalen Wert der Freiheit zur individuellen Gewissensentscheidung auch nur im Ansatz zu erkennen.

Wir müssen aufpassen, dass die Debatte nicht von „Hobbyjuristen“ dominiert wird, die wie in der Ethikdebatte es geschickt verstehen, ihre „Heilsbotschaften“ zu verkünden, denen allerdings nicht mehr als ein „Placeboeffekt“ beigemessen werden kann.
Auch die Palliativmedizin wird akzeptieren müssen, dass einzig der Wille des Patienten maßgeblich ist und da muss es mehr als bedenklich stimmen, wenn erneut eben dieser Wille pathologisiert oder der Versuch unternommen wird, im Rekurs auf die wenig aussagekräftigen „Dammbruch-Argumente“ diesen ad absurdum führen zu wollen. Die Palliativmedizin ist nicht dazu berufen, ungefragt die „Last“ der Patienten tragen und abnehmen zu wollen!

Die aufkommende Diskussion wird sich zuvörderst den verfassungsrechtlichen Fragen zu stellen haben und da dürfen wir denn alle gespannt sein, zu welchem Ergebnis die einzelnen Interpreten kommen werden.
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Gewissenlos!

Beitrag von Lutz Barth » 22.06.2011, 06:38

Gewissenlos
Ein schwarzer Tag für die Ärzteschaft.

Ein Kommentar v. Dr. Michael de Ridder (06.06.11)


Quelle: Spiegel online >>> http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-78832482.html <<< (html)

Kurze Anmerkung (L. Barth, 22.06.11):

De Ridder übt deutliche Kritik an der verfassten Ärzteschaft: Mit der neuen berufsrechtlichen Regelung zur ärztlichen Sterbebegleitung habe sich die Ärzteschaft selbst eine Niederlage beschert. „Mit ihr hat sie unter Beweis gestellt, dass sie komplexen ethischen Herausforderungen, die zunehmen, nicht gewachsen ist“, so M. de Ridder in seinem kurzen Kommentar (a.O.).
Nun – hieran anschließend bliebe „nur“ noch nachzufragen, welche Konsequenzen sich aus diesem „Befund“ ergeben?

In jedem Falle wird die Diskussion weiter geführt werden müssen, so de Ridder und dem kann in der Tat beigepflichtet werden. Es gilt, den ethisch-moralischen „Herrschaftsanspruch“ nach moralischer Autorität nicht nur der BÄK zu begrenzen.
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"Kehrtwende" von der "Kehrtwende" (!?)

Beitrag von Lutz Barth » 22.06.2011, 06:39

Ärztlich assistierter Suizid
Kehrtwende und berufliches Ethos

v. Prof. Dr. Winfried Kluth


Quelle: Legal Tribune online v. 06.06.11 >>> http://www.lto.de/de/html/nachrichten/3 ... hes_ethos/ <<< (html)

Kurze Anmerkung (L. Barth, 21.06.11):

Der Autor Prof. Dr. Winfried Kluth ist Inhaber eines Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Richter des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt und er ist ein profunder Kenner des Berufs- und Kammerrechts. Gerade deshalb hätte ich mir von ihm eine differenziertere Stellungnahme zum Verbot der ärztlichen Suizidbeihilfe gewünscht, zumal auch er in seinem Kurzbeitrag nichts wesentlich Neues zur nach wie vor nicht entschiedenen Debatte der Wirksamkeit eines Verbots in der ärztlichen Musterberufsordnung beiträgt.

Soweit er im Übrigen die seinerzeitige Debatte zum Schwangerschaftsabbruch und die dazu eingenommene ärztliche Werthaltung anspricht und darauf verweist, dass - anders als etwa der Medizinrechtler Taupitz meint – zu einer Relativierung und Beschädigung des ärztlichen Berufsethos geführt habe, bleibt er hierfür eine nachvollziehbare Argumentation schuldigt, mal ganz abgesehen davon, dass es der Ärzteschaft gut zu Gesichte gestanden hätte, auf dem letzten Deutschen Ärztetag sich zu einer ähnlichen Regelung zu entschließen, wonach eben die Ärztin oder Ärztin nicht verpflichtet werden kann, bei einem frei verantwortlichen Suizid zu assistieren.
Dass dies nicht geschehen ist, ist mehr als bedauerlich!

Einstweilen wurde die Chance vertan, auch im Berufsrecht dem fundamentalen Grundrecht der Gewissensfreiheit der einzelnen Ärztinnen und Ärzte positiv Rechnung zu tragen und es bleibt die Hoffnung, dass die Landesärztekammern mehr Weitsicht für das verfassungsrechtlich Gebotene walten lassen! Ein Blick in die – zugegebenermaßen – umfangreiche Rechtsprechung des BVerfG hätte hier der BÄK resp. seinen wissenschaftlichen Beratern einen Weg skizzieren können, der nicht nur in Anbetracht bedeutsamer Freiheitsrechte der eigenen Berufsangehörigen, sondern zuvörderst auch im wohlverstandenen Interesse der gesamten Kollegenschaft liegend hätte erwartet werden dürfen. Eine Analyse einschlägiger Judikate des BVerfG hätte offenbart, dass es sich zumindest „gelohnt“ hätte, etwas intensiver und vor allem über den intraprofessionellen Horizont hinausblickend sich der Grundrechtsproblematik anzunehmen. Dazu in Kürze mehr!
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

Lutz Barth
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Ethischer Neopaternalismus

Beitrag von Lutz Barth » 01.07.2011, 16:33

Die Bundesärztekammer und der ärztlich assistierte Suizid
Ehrlich, nicht unethisch

v. Thorsten Verrel, in ÄBW 06 • 2011, S. 338 – S. 340; online unter >>> http://www.aerztekammer-bw.de/aerztebla ... 6-2011.pdf <<< (pdf.)

Kurze Anmerkung (L. Barth, 01.07.11):

Der Beitrag v. Verrel ist insofern instruktiv, als dass er nochmals deutlich darlegt, dass u.a. die Philosophin Petra Gehring mit ihrem Beitrag in der („Soll es überhaupt noch ein ärztliches Ethos geben“, FAZ vom 31. 03. 2011, Seite 29) den Kern des Problems nicht erfasst hat. Gleichwohl hätte ich mir persönlich eine deutlichere Stellungnahme zum Verbot der ärztlichen Suizidassistenz in der MBO gewünscht und es erscheint mir nicht ausreichend zu sein, abschließend zu konstatieren: „Es ist daher bedauerlich, dass die Änderung der MBO einen Rückfall in das überkommene Schwarz-Weiß-Schema bedeutet.“ (so Verrel, aaO., S. 340).

Unabhängig davon, ob wir den ethischen Neopaternalismus der Bundesärztekammer und ihr folgend der Mehrheit der Delegierten auf dem Deutschen Ärztetag bedauern, ist zu prüfen, ob das Verbot einer verfassungsrechtlichen Nachprüfung standhalten wird. Nach diesseitiger Auffassung ist dies nicht der Fall, auch wenn wir uns dazu durchringen, unter formalrechtlichen Gesichtspunkten die Kompetenz zur Normsetzung der Ärztekammern zu akzeptieren (zwingend ist dies allerdings nicht). Entscheidend ist eine materiell-rechtliche Prüfung, die jenseits philosophischer und ethischer Grundsatzdebatten stattzufinden hat!
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

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