Ärzte dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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Lutz Barth
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Ärztliches Ethos und Suizidhilfe

Beitrag von Lutz Barth » 27.05.2011, 16:52

HVD-Kuratorium präsentiert Positionspapier

Quelle: HVD, Mitteilung v. 27.05.11 >>> http://www.humanismus.de/pressemitteilu ... ionspapier <<< (html)

Kurze Anmerkung (L. Barth, 27.05.11):

Das Positionspapier kommt scheinbar zur rechten Zeit, auch wenn m.E. in der Stellungnahme die an sich geforderte Schärfe bezüglich der aktuellen Entwicklungen fehlt. Der HVD ist in der Sache bemüht, auf die ethischen Dilemmata hinzuweisen, lässt allerdings eine deutliche Kritik an der geplanten Neureglung des § 16 der Musterberufsordnung vermissen, die zwischenzeitlich der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist.

Es ist der Wunsch der Vater des Gedankens, dass im Zweifel die Musterberufsordnung den Grundsätzen der BÄK zur ärztlichen Sterbebegleitung zu folgen hat; vielmehr wird von einer Ärztekammer ein Antrag eingebracht, wonach die erst kürzlich novellierten Grundsätze der BÄK entsprechend der vorgeschlagenen Neuregelung abzuändern seien.
Das Positionspapier gewinnt lediglich vor dem Hintergrund der Pressemitteilung des HVD v. 13.05.11 - Ärztliches Berufsethos braucht Mut statt Re-Dogmatisierung – nähere Konturen, auch wenn nicht ganz deutlich wird, was der HVD unter einer Re-Dogmatisierung zu verstehen gedenkt, zumal in Kenntnis der Beschlusslage des 112. Deutschen Ärztetages, auf dem sich die Delegierten gegen die ärztliche Suizidassistenz bereits ausgesprochen haben.

Im Übrigen fragt sich, ob der Arzt bei einer Suizidhilfe die Leistung auch abrechnen darf. Nach diesseitiger Auffassung ist die ärztliche Leistung freilich zu vergüten und insofern greift die Forderung, dass die Sterbehilfe nicht zu kommerzialisieren sei, erkennbar zu kurz.

Vielleicht aber war die Ächtung des Kommerzialisierungsgedankens den Aktivitäten „dilettierender Nicht-Ärzte in Deutschland“ geschuldet, auf die der HVD ohne erkennbare Not einen Seitenhieb verteilt hat – ohne „Not“ deshalb, weil der HVD erkennbar die Position vertritt, dass die Patienten mit ärztlicher Hilfe ihrem Leben ein Ende setzen sollen, auch wenn derzeit die Suizidhilfe nicht zu den ärztlichen Aufgaben zählt. Da wäre es schon sinnvoller gewesen, auf das Gegenargument der Befürworter eines entsprechenden Verbots einzugehen, wonach der Arzt neben seiner beruflichen Verantwortung und der damit verbundenen ethischen Pflichtenbindung dieser als „Privatperson“ nicht entfliehen kann.

Zu unterstreichen ist der Hinweis von Michael de Ridder, wonach der Suizid letzter Ausweis eines selbstbestimmten Handelns sein kann; nach ihm sei „ärztliche Empathie“ nicht nur ethisch gerechtfertigt, sondern könne sogar ethisch geboten sein.

Diesen Ansatz gilt es entsprechend zu vertiefen und sofern wir gar eine ethisches Gebot annehmen, schwersterkrankten oder sterbenden Menschen ein würdevolles Sterben in freier Verantwortung zu ermöglichen, stellt sich vielmehr die Frage, ob die Suizidbeihilfe nicht doch in Einzelfällen eine ärztliche Aufgabe darstellt und zwar jenseits eines Hippokratischen Eides, der zunehmend verblasst und auf die brennenden Gegenwartsthemen keine befriedigende Antworten liefert, will heißen: auch der Hippokratischen Eid bedarf der Modifikation, zumal dieser ohnehin nicht durchgängig von der Ärzteschaft beachtet wird, in dem Eingriffe in das „Leben“ berufsrechtlich nicht sanktioniert werden.

Bliebe noch nachzutragen, dass im Übrigen die Frage der Abklärung bedarf, ob nicht in Einzelfällen auch die „Tötung auf Verlangen“ einer Modifizierung bedarf und zwar vornehmlich in den Fällen, in denen der schwersterkrankte Patient nicht eigens zur Tatausführung aufgrund seiner Erkrankung fähig und demzufolge auf die Hilfe eines Dritten (hier also der Ärztin oder des Arztes) angewiesen ist, damit er auch tatsächlich seinem Leid entfliehen kann, mal von der Frage der Garantenpflicht abgesehen. Mit anderen Worten: Soll die Ärztin oder Arzt auch künftig aktiv das tödlich wirkende Pharmakon applizieren dürfen?

Nun – ich bin da entschieden und meine ja.
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Selbstbestimmt leben, fremdbestimmt sterben

Beitrag von Service » 29.05.2011, 06:36

- Berufsrecht zum assistierten Suizid soll auf Ärztetag verschärft werden - Plädoyer für alternatives ärztliches Ethos chancenlos
- ARD, Beckmann am Montag, 30.5., 22.45 Uhr: „Selbstbestimmt leben, fremdbestimmt sterben?"


Der Ärztetag in Kiel (Beginn 31. 5.) naht. Zur Abstimmung liegt u. a. ein Antrag des Bundesärztekammervorstandes vor, die Berufsordnung dahingehend zu ändern, dass die Suizidhilfe (die ja anders als die Tötung auf Verlangen strafrechtlich nicht verboten ist) in Zukunft Ärzten ausdrücklich untersagt werden soll. Dann drohen bei einer solchen ärztlichen Gewissensentscheidung mögliche berufsrechtliche Straf- und Sanktionsmaßnahmen, die es bei den zweideutigen Formulierungen der bisherigen Berufsordnung so nicht gab.

In der bisherigen Fassung heißt es kryptisch, dass Ärzte "das Leben Sterbender nicht aktiv verkürzen dürfen" - darin bleibt bisher offen, ob damit auch die Hilfe zum Suizid gemeint ist oder nicht. Die Deutsche Bischofskonferenz lehnt in der aktuellen Debatte die Suizidhilfe ebenso ab wie jüngst die Gemeinschaft evangelischer Kirchen Europas (GEKE http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/4 ... nsende.htm ), wie die Hospiz- und Palliativverbände. Am letzten Freitag begrüßte zudem das Zentralkommitee der Deutschen Katholiken ausdrücklich die vorgesehene Klarstellung, dass nicht nur eine strafrechlich verbotene Tötung, sondern auch eine (straffreie) Hilfe zur Selbsttötung Ärzten eindeutig vom Berufsrecht untersagt werden soll. Deren Präsident Alois Glück http://www.oecumene.radiovaticana.org/t ... p?c=490898 dankte der Bundesärztekammer ausdrücklich für dieses deutliche Signal.

Demgegenüber beklagte die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) Elke Baezner: „Ein solches antiquiertes Selbstverständnis des Arztberufs über die obligatorische Kammer-Zugehörigkeit den Ärztinnen und Ärzten aufzuzwingen, richtet sich gleichermaßen gegen die Interessen von Patienten UND Ärzten“. Sie nannte die liberale Haltung in der Schweiz als Vorbild und verweist auf die Volksabstimmung im Schweizer Kanton Zürich vom 15. Mai 2011. Eine überwältigende Mehrheit von 85 Prozent hat zwei konservativ-christliche Initiativen gegen die Suizidhilfe abgelehnt http://www.nzz.ch/nachrichten/zuerich/s ... 85510.html , "die das Freiheitsrecht des Bürgers am Lebensende radikal beschränken wollten". Baezner weiter: „Die Menschen wollen ihr Selbstbestimmungsrecht gewahrt wissen.“

Der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) als Vertretung nicht-kirchlich gebundener Menschen hat gegen die beabsichtigte Verschärfung nicht das Selbstbestimmungsrecht auf Freitod gesetzt. Vielmehr wurde auf der Pressekonferenz des HVD ebenfalls am Freitag ein leidenschaftliches, einfühlsames und - ja fast sogar - pathetisches Plädoyer für ein ärztliches Ethos vorgestellt, welches auch suizidwillige Schwerstkranke Patienten "in die Arme nimmt" und nicht allein läßt. Es wurde formuliert von Mitgliedern des Kuratoriums des HVD, welches aus Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens besteht, darunter auch muslimischen und christlichen Glaubens. Federführend war das Kuratoriumsmitglied Dr. Michael de Ridder:
http://www.hvd-berlin.de/positionspapie ... izid_0.pdf
Doch die Chancen dafür stehen schlecht, zumal dem designierter neuen Bundesärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomerie die Abwehr gegen mögliche Sterbe- und Suizidhilfe besonders am Herzen liegt. Beim Deutschen Ärztetag dürfte der Antrag zur Verschärfung der Berufsordnung zwar für Gesprächsstoff sorgen. Noch im vergangenen Jahr könnte sich in einer Befragung mehr als ein Drittel aller Ärzte in Deutschland vorstellen, Patienten beim Suizid zu unterstützen - diese fand jedoch anonym statt. Eine weitere Debatte soll wohl im Keim erstickt werden, jedenfalls wurde der bundesweit bekannte Autor ("Wie wollen wir sterben?") und Kinikarzt Dr. de Ridder nicht zum Ärztetag eingeladen. Auch de Ridder selbst zeigte sich auf der HVD-Pressekonferenz http://www.openpr.de/news/541823/aerztl ... apier.html pessimistisch.

Eine neue humanistisch orientierte Bürger/innen-Bewegung wird sich vernetzen müssen, die sich selber zu helfen weiß - wenn sich die Ärzteschaft aus der Verantwortung stiehlt oder es vorzieht, sich (nur) im Verborgenen an sterbeverkürzenden Maßnahmen zu beteiligen. Dass diese nicht aus der Welt zu schaffen sind, dürfte unstrittig sein. Längst hat sich nicht nur in der deutschen Bevölkerung, sondern auch unter den Ärzten in Deutschland die Einsicht breit gemacht, dass die Mittel der klassischen Palliativmedizin nicht nur bei manchen Krebskranken und Sterbenden versagen, sondern erst recht bei schwerversehrten, hochbetagten, chronisch schmerzkranken oder gar bei dementen Menschen.

"Beckmann" (ARD-Fernseh-Talk) am kommenden Montag

Vermutlich wird auch "Beckmann" (ARD-Fernseh-Talk) am kommenden Montag, ab 22.45 Uhr auf den tags darauf beginnenden Ärztetag zu sprechen kommen. Unter den Gästen http://www.reinholdbeckmann.de/talk/gae ... f4ca2.html ist u. a. Gita Neumann (Humanistischer Verband Deutschlands) sowie der Arzt Dr. Thomas Sitte (Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin).


Das Thema lautet: „Selbstbestimmt leben, fremdbestimmt sterben? Wie wir ein Ende in Würde finden können.“ (Die Sendung kann anschließend eine Woche lang unter http://www.daserste.de/beckmann angesehen werden).

Am 30.05.2011 erzählen zunächst Rechtsanwalt Wolfgang Putz und seine Mandantin Elke Gloor, Autoren des gemeinsamen Buches "Sterben dürfen" (Verlag Hoffmann & Campe http://www.hoffmann-und-campe.de/go/sterben-duerfen ) eine schier unglaubliche Geschichte. Zunächst geht es um das jahrelange schwere Leiden von Elke Gloors Mutter Erika Küllmer. 2002 fällt die 71-Jährige nach einem Hirnaneurysma ins Wachkoma - nur vier Wochen zuvor hat sie gegenüber ihrer Tochter Elke lebensverlängernde Maßnahmen im Falle einer schweren Erkrankung abgelehnt. Sie konnte jedoch nach vielen Jahren erst durch massive Intervention - nicht zuletzt wegen der Inkompetenz und Ignoranz des Pflegeheims - so sterben, wie sie es ihrer Familie als Versprechen abgenommen hatte. Dann wird von einem der kuriosesten Sterbehilfe-Verfahren in Deutschland berichtet, welches daraufhin folgte. In diesem wurden beide Autoren wegen versuchter aktiver Sterbehilfe (Totschlag) angeklagt. Das Schwurgericht Fulda sprach Elke Gloor frei und verurteilte Wolfgang Putz.

Erst der Bundesgerichtshof sprach den Juristen am 25. Juni 2010 ebenfalls frei - und macht in einem Grundsatzurteil zur Sterbehilfe Justizgeschichte. Dies gefiel nicht allen. Die Hospizstiftung sprach von einem „Schwarzen Tag“ und auch die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin äußerte Bedenken - das Agieren des Pflegeheims wurde von beiden Organisationen dabei nicht kritisiert. Mehr zum Fall siehe: http://www.patientenverfuegung.de/humanes-sterben

Als weiterer Gast bei Beckmann ist Wilhelm Wieben (ehem. "Tagesschau"-Sprecher) eingeladen, der mit der Aktion "Augen auf!" gegen die Vereinsamung und Verwahrlosung älterer Menschen in Hamburg kämpft. Speziell sie sowie Pflegeheimbewohnerinnen und dementiell Erkrankte können gar nicht von klassischer Hospizarbeit und Palliativmedizin profitieren.

Quelle: Pressemitteilung vom 29.05.2011
http://www.patientenverfuegung.de

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Nicht "nur" auf die "Tränendrüse" drücke

Beitrag von Lutz Barth » 29.05.2011, 07:25

„Ein leidenschaftliches, einfühlsames und - ja fast sogar - pathetisches Plädoyer für ein ärztliches Ethos“ hilft in der aktuellen Debatte erkennbar nicht weiter; es sollte dazu übergegangen werden, in der Sache die tragenden Argumente vorzutragen, die über entsprechende „Fallgeschichten“ hinausragen. Auch Befürworter der ärztlichen Suizidbeihilfe werden nicht umhinkommen, ihre Position „dogmatisch“ begründen zu müssen, um entsprechend überzeugen zu können und da hilft es derzeit wenig weiter, „einfühlsame Erklärungen“ abzugeben, die gleichsam im Diskurs den anders lautenden, aber sicherlich ebenso einfühlsamen und pathetisch anmutenden Grundsatzerklärungen in nichts nachstehen dürften.
Eine „Ent-Emotionalisierung“ (!) der Debatte ist gefordert und sofern glühende Verfechter einer neu auszurichtenden „Arztethik“ sich entsprechend Gehör auf dem kommenden Deutschen Ärztetag verschaffen wollen, bedarf dies nicht noch einer gesonderten Einladung; vgl. dazu vielmehr die Öffentliche Einladung des Präsidenten der Bundesärztekammer an alle Ärztinnen und Ärzte in Deutschland zum 114. Deutschen Ärztetag nach Kiel (Quelle BÄK: >>> http://www.bundesaerztekammer.de/page.a ... .7535.9046 <<<).

Es wird also keine Ärztin oder Arzt daran gehindert, an dem kommenden Deutschen Ärztetag teilzunehmen und angesichts der durchaus spannenden Tagesordnung könnte es Sinn machen, der Einladung des noch amtierenden Präsidenten Folge zu leisten.

Unabhängig hierbei bleibt dann allerdings abzuwarten, ob der eine oder andere Teilnehmer die Möglichkeit zur „Rede“ erhalten wird oder nicht.
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Verschärfung der ärztlichen Berufsordnung gegen Suizidhilfe

Beitrag von Presse » 31.05.2011, 07:19

Brysch für Verschärfung der ärztlichen Berufsordnung gegen Suizidhilfe
30.05.2011
Der Geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung Eugen Brysch hat eine geplante Neufassung der sogenannten Muster-Berufsordnung für Ärzte begrüßt, die es Ärzten ausdrücklich untersagt, Hilfe zur Selbsttötung... » mehr
http://www.bibliomed.de:80/news/-/content/detail/419313

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Gelassenheit am Totenbett

Beitrag von Lutz Barth » 31.05.2011, 16:58

TV-Kritik "Beckmann"
Gelassenheit am Totenbett

Das Thema ist kontrovers, doch bei Beckmann herrscht Einigkeit: Seine Gäste plädieren eindringlich für die Selbstbestimmung des Patienten am Lebensende. Der Spät-Montagabend-Talkshow hätte es gleichwohl gut getan, auch gegenteilige Stimmen zu Wort kommen zu lassen.

v. Marie-Sophie Adeoso

Quelle: Frankfurter Rundschau v. 31.05.11 >>> http://www.fr-online.de/kultur/fr-ferns ... 8507412/-/ <<< (html)

Kurze Anmerkung (L. Barth, 31.05.11):

Ich persönlich sehe von einer TV-Kritik ab, zumal ich jedenfalls von einigen eingeladenen Gästen ein stückweit mehr erwartet habe. Angesichts des Deutschen Ärztetages und der zur Diskussion gestellten Neuregelung im ärztlichen Berufsrecht über die ärztliche Suizidbeihilfe hätte ich mir persönlich deutlichere Statements gewünscht. Nur soweit: Bei der Sendung sah ich mich an das Kinderlied „Piep, piep, piep – wir haben uns alle lieb“ erinnert und da war es doch eher ermüdend, den ohne Frage einfühlsamen und sicherlich schön anzuhörenden Worten zu lauschen.

Eine ernsthafte Debatte kann bei derart wachsweichen Sonntagsreden nicht entfacht werden und angesichts aktueller Verlautbarungen namhafter Ärztefunktionäre wäre es an der Zeit gewesen, dass moralische Zwangsdiktat der BÄK „moralisch“ und unzweideutig mit handfesten Argumenten zu verwerfen.
Die Befürworter der ärztlichen Suizidbeihilfe machen es den Gegner wahrlich leicht, ungehindert ihre ethischen Botschaften zu verkünden, werden diese doch allzu selten mit Argumenten konfrontiert, die eben nicht aus der „ethischen Glaskugel“ entlehnt sind.

Sei es drum. Der „Wertediskurs“ ist und bleibt trivial und lebt von „Einzelfallgeschichten“, die für sich betrachtet ohne Frage tragisch sind, gleichwohl aber den Blick für das Gebotene leider verstellen können.
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Töten gehört nicht in das Handwerkszeug von Ärzten

Beitrag von Presse » 31.05.2011, 17:21

Hoppe: "Töten gehört nicht in das Handwerkszeug von Ärzten"
In seiner letzten Rede bei der Eröffnung eines Ärztetages hat Professor Jörg-Dietrich Hoppe seine Präsidentschaft Revue passieren lassen. Themen wie Dialogkultur, aber auch die Priorisierung und ethische Grundsätze zum assistierten Suizid sparte er nicht aus. Wir dokumentieren Auszüge aus seinem schriftlichen Redemanuskript. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=656 ... tik&n=1136

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"Nebelbomben" haben nicht ihre Wirkung verfehlt!

Beitrag von Lutz Barth » 31.05.2011, 17:26

Das „redliche Bemühen“ der BÄK ist zuvördert darin zu erblicken, rechtzeitig noch „ethische Nebelbomben“ gezündet zu haben, damit rein vorsorglich kurz vor dem Deutschen Ärztetag sich kein ernstzunehmender arztethischer Widerstand resp. ziviler Ungehorsam formieren lässt und demzufolge gute Chancen dafür bestehen, dass das moralische Zwangsdiktat jedenfalls eine Mehrheit bei den 250 Delegierten auf dem Ärztetag findet.

Hierüber kann auch die Eröffnungsrede des Präsidenten der BÄK nicht hinwegtäuschen!

Der Deutsche Ärztetag ist im Begriff, den ersten Sargnagel in die Gewissensfreiheit der freien deutschen Ärztinnen und Ärzte einzuschlagen, der im Übrigen inzident auf das Selbstbestimmungsrecht der Patienten „durchschlagen“ wird.

Ein Drittel der bundesdeutschen Ärzteschaft wird mit einer entsprechenden Verbotsnorm brüskiert; hier von „manchen“ zu sprechen, ist schon ein wenig dreist und zeigt, wie sehr doch die Überzeugungstäter im Wertediskurs bemüht sind, keine Toleranz üben zu wollen!
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Beitrag von thorstein » 01.06.2011, 11:15

Bei der Suizidbeihilfe geht es ja nicht darum, das man dem Sterbewilligen einen Strick knüpft oder den Gashahn aufdreht, sondern einzig und allein um die Bschaffung der notwendigen Medikamente und gegebenenfalls um deren Verabreichung. Die Ärzte stehen doch nur deshalb im Fokus, weil sie über einen Rezeptblock verfügen.
Ansonsten ist das Thema Suizidbeihilfe ein juristisches Problem. Bei der juristischen Lösung sollte man sich vielleicht von der Fixierung auf einen Berufsstand lösen.

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In der Tat: ein "juristisches Problem" ...

Beitrag von Lutz Barth » 01.06.2011, 15:14

und deshalb gilt es dort, wo ein ethischer Paternalismus unmittelbar die Interessen auch der Schwersterkrankten Patienten tangiert, gerade unter dem Aspekt der ärztlichen Suizidbeihilfe das Thema dort diskutieren, wo es vorzugsweise anzusiedeln ist: bei den Ärztinnen und Ärzten.

Vielleicht hilf ein Interview zur weiteren Orientierung:

Vgl.
Beihilfe zum Suizid

«Nicht hinter dunklen Vorhängen»
Julia Klabuhn hat für die MZ mit dem Juraprofessor Hans Lilie (Foto) gesprochen.

Quelle: >>> mz-web.de (Mitteldeutsche Zeitung) v. 31.05.11 >>> http://www.mz-web.de/servlet/ContentSer ... 8881578370 <<< (html)

Andererseits können wir es auch mit O. Tolmein halten und im Kern neben der Sache diskutieren, vgl. dazu

"Wir dürfen nicht in den Tod behandeln"
BERUFSVERSTÄNDNIS
Kranke dürfen sich selbst töten, haben aber keinen Anspruch auf die Dienstleistung eines Arztes, meint Medizinrechtler Oliver Tolmein

INTERVIEW HEIKE HAARHOFF


Quelle: taz.de v. 31.05.11 >>> http://www.taz.de/1/nord/hamburg/artike ... 74f2f3cd78 <<< (html)
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Beitrag von thorstein » 01.06.2011, 21:38

In der Schweiz reduziert sich die Beteiligung der Ärzte bei assistierten Suiziden auf die Ausstellung des Rezeptes. Beim eigentlichenen Suizid ist kein Arzt dabei. Wozu auch? Das ist für mich kein ausreichender Grund, das Thema vorzugsweise bei den Ärzten anzusiedeln.
Oder wollen wir tatsächlich, das Ärzte den Suizidwillen der Patienten beurteilen? Nach welchen Kriterien wird das Rezept ausgestellt? Und was hat das mit Selbstbestimmung zu tun?
Ob eine Handlung selbstbestimmt erfolgt, ist doch keine medizinische Frage. Und soweit diese Handlung juristisch relevant sein sollte, sollte das nicht auch von Juristen beurteilt werden?

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Beitrag von Lutz Barth » 02.06.2011, 05:39

Verehrter Thorstein,

ich mag mich täuschen, aber irgendwie lassen Ihre Fragen darauf schließen, dass jedenfalls in Teilen an Ihnen die Debatte etwas "vorbeigerauscht" ist und zumindest ich keine Lust verspüre, zu den aufgeworfenen Fragen nochmals Stellung zu beziehen.

Gruß L. Barth
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Ärzte dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten

Beitrag von Presse » 02.06.2011, 06:48

Ärztetag: Ärzte dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten

Palliativmedizin nachhaltig und flächendeckend in die medizinische Versorgung integrieren

Kiel, 01.06.2011 – „Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen. Es ist ihnen verboten, Patienten auf deren Verlangen zu töten. Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten.“ Der Deutsche Ärztetag in Kiel hat diese Neuformulierung der (Muster-)Berufsordnung (MBO) beschlossen, um Ärztinnen und Ärzten mehr Orientierung im Umgang mit sterbenden Menschen zu geben.

In der bislang geltenden Berufsordnung war ein ausdrückliches Verbot der ärztlichen Suizidbegleitung nicht enthalten. Bislang hieß es, Ärztinnen und Ärzte seien verpflichtet, auf lebensverlängernde Maßnahmen nur dann zu verzichten, wenn ein Hinausschieben des unvermeidbaren Todes für die sterbende Person lediglich eine unzumutbare Verlängerung des Leidens bedeutet. Die Neufassung des Paragraph 16 der MBO soll für mehr Klarheit sorgen. Der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, hatte bereits im Vorfeld des Ärztetages erklärt, dass mit der Neuformulierung der MBO für jeden klar sei soll, dass Ärzte keinen Suizid unterstützen dürfen. Künftig müsse und könne man die Vorgaben nicht mehr interpretieren.

Palliativmedizin nachhaltig und flächendeckend in die medizinische Versorgung integrieren

Der Umgang mit schwerkranken und sterbenden Menschen stand auch im Mittelpunkt der Beratungen des Ärztetages über die künftige Ausgestaltung der Palliativmedizin. „Unser Ziel ist es, die Palliativmedizin nachhaltig und flächendeckend in die ambulante und stationäre Versorgung zu integrieren“, sagte Prof. Dr. Friedemann Nauck, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, in seinem Gastbeitrag auf dem Ärztetag.

Der Ärztetag forderte den weiteren Ausbau von Lehrstühlen für Palliativmedizin an den medizinischen Fakultäten. Bereits seit gut zwei Jahren ist die Palliativmedizin als Pflichtlehr- und Prüfungsfach im Medizinstudium vorgeschrieben. Demzufolge müssen die medizinischen Fakultäten die Bedingungen dafür schaffen, dass Palliativmedizin kompetent im Rahmen des in der Approbationsordnung seit Juli 2010 verankerten Querschnittsfaches 13 gelehrt und geprüft werden kann: „Dazu gehören auch das Erlernen der erforderlichen kommunikativen Kompetenz in der Begegnung mit den Patienten und deren Angehörigen, die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen sowie die Arbeit im multiprofessionellen Team und in institutionellen Netzwerken“, bekräftigte Palliativmediziner Nauck.

Eine zielgerichtete Aus-, Weiter- und Fortbildung müsse nach Ansicht des Ärzteparlaments zudem auf evidenzbasierten Forschungsergebnissen im Bereich der Palliativmedizin beruhen, die auch aus öffentlichen Mitteln finanziell gefördert werden müssten. Das Ärzteparlament sprach sich außerdem für einen Ausbau ambulanter palliativmedizinischer Versorgungsstrukturen aus. Nach Überzeugung des Ärztetages ist der Gesetzgeber gefordert, eine qualitativ hochwertige allgemeine ambulante Palliativversorgung zu ermöglichen, sowie der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung kassenübergreifende Verträge zu Grunde zu legen oder eine integrierte palliativmedizinische Versorgung in einer gemeinsamen Vertragsform zu fördern.

Quelle: Pressemitteilung vom 01.06.2011
Pressestelle der deutschen Ärzteschaft
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Keine Duldung der Suizidhilfe bei Schwerstkranken mehr

Beitrag von Presse » 02.06.2011, 06:55

Keine Duldung der Suizidhilfe bei Schwerstkranken mehr –
Humanistischer Verband sieht viele Verlierer, aber auch Hoffnungszeichen


Der Ärztetag in Kiel hat - wie zu erwarten war - beschlossen, das Ärzte in Zukunft keine Hilfe zur Selbsttötung bei todkranken Patienten mehr leisten dürfen. Dafür stimmten 166 Delegierte, dagegen 56, es enthielten sich 7. Mehrere Delegierte, darunter Vertreter des Verbandes demokratischer Ärztinnen und Ärzte, hatten sich teils vehement gegen die neue Beschlussvorlage gewandt, die vom Vorstand der Bundesärztekammer eingebracht worden war. Nach der bisherigen Musterberufsordnung hieß es, Ärzte dürfen das Leben des Sterbenden "nicht aktiv verkürzen". Dabei blieb zweideutig, was genau darunter zu verstehen sei. In der nun beschlossenen Neuregelung heißt es eindeutig: "Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten."

Presseerklärung des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD) vom 1. 6. 2011:

<< Verlierer der beschlossenen Verschärfung der ärztlichen Musterberufsordnung sind nicht nur die Schwerstkranken, denen ein möglicher Ausweg zur Verkürzung eines langen Leidens in Zukunft verwehrt bleibt. Verlierer sind auch jene Ärzte, die sich vorstellen können, aus Mitgefühl und palliativmedizinischer Verantwortung dabei einem von ihnen betreuten Patienten im äußersten Notfall zu helfen. Auf der Strecke geblieben ist letztlich auch das Arzt-Patienten-Verhältnis am Lebensende. Denn nun müsste ein Arzt, den der todkranke Patient ins Vertrauen gezogen hat, ihn ggf. sogar zwangsweise am Suizid hindern.

Alle Ärzte haben sonst berufsrechtliche Verfahren und existenzbedrohende Sanktionen (hohe Geldstrafe oder Berufsverbot) in Kauf zu nehmen, da die Mitgliedschaft in der jeweiligen Landesärztekammer nicht freiwillig, sondern zwingend ist. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Kammern überhaupt ein eigenes verschärftes Berufsrecht über das Strafrecht stellen dürfen, welches bekanntlich die Beihilfe zur Selbsttötung eines Freiwillensfähigen nicht verbietet. Dies wird in Zukunft vermutlich einmal höchstrichterlich zu klären sein.

Gita Neumann, Beauftragte für des Humanistischen Verbandes Deutschlands (Bund) erklärt:

„Wir haben nun in Deutschland die weltweit einmalige Situation, dass jeder Laie aus Freundschaft und jeder geschäftsmäßig Tätige aus Gewinnsucht Hilfe zum Suizid anbieten und durchführen kann – es sei denn, er ist Arzt. Auf der Strecke geblieben ist damit auch das Ethos der Bundesärztekammer, welche diese Lage zu verantworten hat. Wir werden bald sehen, zu welchen Entwicklungen dies führt. Die Zivilgesellschaft wird sich in Zukunft - hoffentlich unter humanistischem Vorzeichen - selbst helfen müssen. Zu danken ist jenen Mitgliedern des Ärztetages, die den Angriff auf die eigene Gewissensfreiheit und die ihrer Kolleginnen und Kollegen nicht widerspruchslos hingenommen haben. Es ist ein kleines Zeichen der Hoffnung, dass es mit ca. 25 % nicht eben wenige sind. Andererseits ist es erschreckend und rational nicht mehr erklärbar, dass die Mehrheit zustimmt, Ärzte ohne Not zukünftig berufsrechtlich drangsalieren zu können.“

Die qualifizierte Minderheit auf dem Ärztetag habe gezeigt, dass sie es ist, welche auf dem Boden der Berufsordnung steht. Dort heißt es nämlich in der Präambel: „Ärztinnen und Ärzte üben ihren Beruf nach ihrem Gewissen, den Geboten der ärztlichen Ethik und der Menschlichkeit aus.

Maßgeblich ist letztendlich nun aber die Übernahme in die Berufsordnung der jeweiligen Landesärztekammern. Es zeichnet sich ab, dass nicht überall Bereitschaft dazu besteht, zunehmenden Sanktionsmöglichkeiten auf Länderebene zuzustimmen.

2009 scheiterten in der Debatte um die gesetzliche Regelung der Patientenverfügung die Versuche, das Selbstbestimmungsrecht der Patienten zu beschneiden. Die paternalistischen „Götter in Weiß“, allen voran Frank Ulrich Montgomery, der sich nun zum Präsidenten der Bundesärztekammer wählen lassen will, starteten beim Ärztetag nun einen weiteren Versuch – diesmal zunächst scheinbar erfolgreich.>>

Quelle: Mitteilung vom 01.06.2011 - http://www.patientenverfuegung.de
Kontakt: Sabine Schermele
Bundesreferentin des Humanistischen Verbandes Deutschlands e. V.
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin, Tel. 030 613904-34 (oder -11)
eMail: sabine.schermele@humanismus.de

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Ein schwarzer Tag ...

Beitrag von Lutz Barth » 02.06.2011, 07:01

nicht nur für die Ärzte, sondern auch für die Patienten!

Es zeigt sich, dass ethische Überzeugungstäter unbelehrbar sind und das notwendige Maß an Toleranz vermissen lassen. Dies gilt in erster Linie für Ärztefunktionäre aber auch für diejenigen Delegierten, die das Verbot beschlossen haben. Es hätte der verfasste Ärzteschaft gut zu Gesichte angestanden, eine Regelung anzustreben, die sich vom „Schwarz-Weiß-Denken“ verabschiedet und da muss es sich als zynisch erweisen, wenn zugleich auf dem Ärztetag dafür eingetreten wird, die Palliativmedizin weiter auszubauen. Dies zu betonen mag ehrenhaft sein, wenngleich doch hiermit lediglich Selbstverständlichkeiten eingefordert werden, die allerdings in keinem Widerspruch zu einer ärztlichen Suizidassistenz stehen.

«Ich habe ihn gefragt, ob ich ihn aufwecken soll, wenn er tot ist.» (Quelle: welt-online v. 01.06.11 >>> http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/re ... hilfe.html <<<).

Was für eine Frage, die da ein Palliativmediziner seinem Patienten gestellt hat!

Mit Verlaub – auch wenn der Mediziner meint, über „die Ängste sprechen zu müssen“, wäre ich persönlich – sofern mir dann noch möglich – aus dem „Krankenbett“ und der „Haut“ gefahren und dabei auch noch meinte gute Erziehung vergessen.

Das Maß an Selbstherrlichkeit der Ärzteschaft ist gerade in Ethikdebatten kaum noch zu überbieten und es zeigt sich einmal mehr, dass der staatliche Gesetzgeber gerade aufgrund seiner Neutralitätsverpflichtung mehr denn je gehalten ist, die Fragen der Sterbebegleitung selbst zu regeln.
Die Ärztefunktionäre und ein Großteil der Delegierten auf dem Ärztetag haben dazu beitragen, dass die ohne zähe Debatte einstweilen abrupt beendet ist, auch wenn diese nunmehr irrtümlicherweise davon ausgehen, dass es künftig keinen Diskussionsbedarf mehr über diese Frage geben wird.

Die berufsrechtliche Norm bedarf der Überprüfung und es steht nachhaltig zu bezweifeln an, ob diese auf Dauer Bestand haben wird.

Andererseits werden freilich Oberethiker in unserem Lande bemüht sein, weiterhin die allseits bekannten "ethischen Nebelbomben" zu zünden und vor allem damit aufwarten, dass "das Heil in der Palliativmedizin" zu sehen ist, obgleich gerade doch die Palliativmedizin deutlich von sich selbst behauptet, jedenfalls das "Selbstbestimmungsrecht" der Patienten nicht aller Konsequenz mittragen zu können.

Nun - für mich persönlich ist die ganze Debatte beschämend und es wagt sich offensichtlich keiner, dies auch deutlich zu betonen.

Es wird fleißig an dem "Bild der Götter in weiß" gearbeitet und da würde es mich nicht wundern, wenn einer der Oberethiker irgendwann mal "selig gesprochen wird". Es bleibt dann den nachfolgenden Ärztegenerationen überantwortet, irgendwann einmal die Geschichte des "moralischen Zwangsdiktats" aufzuarbeiten, in dem einige Moralisten glaubten, einen gesamten Berufsstand auf einen mehr als zweifelhaften "ethischen Konsens" zwangsweise verpflichtet zu haben.

Mann oh mann...
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Lutz Barth
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Cicero
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Menschenwürdige Hilfe zur Selbsttötung ?

Beitrag von Cicero » 02.06.2011, 08:28

Es ist ja offensichtlich so, dass im Rahmen der Palliativmedizin und -pflege nicht alle Patienten gut / schmerzfrei - oder sagen wir menschenwürdig - versorgt werden können. Die ambulante Palliativversorgung wird in Deutschland im Übrigen weiterhin als völlig unzureichend beschrieben, auch seitens der Ärzteschaft.
Daher gibt es (bei einer älter werdenden Gesellschaft) nicht selten Situationen, bei der ein selbstbestimmter Tod ermöglicht werden sollte. Insoweit sollte die Gesellschaft eine Unterstützung organisieren, auch mit Hilfe der Ärzte. Der jetzt gefasste Beschluss steht aber insoweit klar im Weg und muss daher - vielleicht - kritisiert werden.
Klar ist, dass aktive Sterbehilfe nicht zur Diskussion stehen kann und darf. Aber die Hilfe bei einer frei gewählten und im Einzelfall nachvollziehbaren Selbsttötung sollte m.E. ermöglicht werden. Vielleicht ist jetzt der Deutsche Bundestag aufgerufen, über eine Lösung zu diskutieren.

Cicero
Politisch interessierter Pflegefan!
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